Jetzt hat er einen Vornamen, eine Geschichte und einen Enkel: Kommissar Kluftinger. Zum zehnten Jubiläum der Krimis um den kauzigen Ermittler aus dem Allgäu ziert dessen Name den Titel des Buches - auf einem Grabkreuz. Später werden den Mann noch seine eigene Todesanzeige und sein Konterfei auf einer Menge von Sterbebildchen in der katholischen Kirche erschrecken.

Unerschrocken geht er auf Tätersuche - scheinbar. Denn die Angst und Zweifel, die in ihm arbeiten, zeigt der Kommissar nicht - wie immer in den Romanen des Allgäuer Autorenduos Volker Klüpfel und Michael Kobr. Die gewähren dem größtenteils gewohnt amüsierten Leser aber Einblicke in das Innerste der Figur, die vor 15 Jahren ihren ersten Fall gelöst hat. Nun, bei der neuesten Auflage, trachtet ihm einer nach dem Leben, einer, der glaubt, dass ihm Kluftinger vor Jahrzehnten Unrecht zugefügt hat.

Die Spurensuche führt den Leser in die Vergangenheit der Hauptfigur, zu Jugendsünden und deren Korrektur, zu deren Weg in Richtung Kriminalbeamten und zu früheren Fällen, die ihn einzuholen scheinen. Dieser etwas lange Weg mündet in ein, wie vom Kluftinger-Fan gewohnt, furioses Finale. Es beansprucht die letzten etwa 100 Seiten des Buches und den Leser nur positiv. Weil es die Autoren beherrschen, eine Geschichte mit immer neuen Aspekten zuzuspitzen.

Die vorhergehenden etwa 350 Seiten indes sind dazu angetan, den einen oder anderen Anhänger klassischer Krimis zu langweilen. Denn die parallel laufenden Geschichten aus dem Hause der Familie Kluftinger nehmen mittlerweile mehr Platz ein als die Handlung des Falles. Und nicht immer füllen Klüpfel/Kobr den Platz so amüsant wie mit der Geschichte, als der Kommissar sein frisch geschlüpftes Enkelchen mittels zahlreicher Haushaltsgeräte zu beruhigen sucht. Auch die Story vom unfreiwilligen Transport der Riesentrommel, die der Hobbymusiker auf einem Smart befestigt hat, bietet einen der unterhaltsamen Gegenpole zu der freilich auch nicht allzu oft bierernst dargestellten Ermittler-Tätigkeit.

Die scheint mit dem zehnten Fall noch nicht beendet zu sein, wie der überraschende Nachschlag auf den letzten Seiten andeutet. Ursprünglich hatten die beiden Autoren erwogen, nach der runden Zahl von Krimis Schluss zu machen. Doch so lange ihre Erfolgsstory weitergeht, werden sie wohl ihren großen Fankreis weiter bedienen, der das jüngste Werk vorübergehend an die Spitze der "Spielel"Bestsellerliste gehoben hat. Die Anhängerschar verzeiht den Allgäuern sicher die eine oder andere Länge, liest auch Kluftinger-Kochbücher und besucht die Show, mit der Klüpfel und Kobr in diesem Sommer durch die deutschen Lande ziehen. Deren erster Auflage hatte unsere Zeitung viele Längen und Plattheiten bescheinigt, viel mehr, als sie die weiterhin unterhaltsamen Druckwerke liefern. won

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Volker Klüpfel/Michael Kobr: Kluftinger, 480 Seiten, Ullstein-Verlag