Bad Elster - Er hat es getan. Reinhardt Repke, musikalischer Kopf vom "Club der toten Dichter", hat sich an die "Ode an die Freude" gewagt. Und sich bestimmt nicht daran vergriffen, wie ein Journalist vor dem Konzert mutmaßte. Schillers "Freude schöner Götterfunken" kommt in Repkes Neuvertonung weniger feierlich-gravitätisch daher, die Hymne hat er in einen populären Song verwandelt, dessen Text durchaus neue Interpretationen zulässt. Gebannt lauschen die Zuhörer im König-Albert-Theater dem frischen Klangbild und der sanften Stimme des neuen "Club"-Sängers Dirk Darmstaedter.

Friedrich Schiller ist nach Heine, Busch und Rilke der vierte Poet, dessen Lyrik der "Club der toten Dichter" musikalisch umsetzt. Über Monate hat sich "Club"-Chef Repke dem großen Deutschen genähert, hat Bände gewälzt, sich von den Zeilen zuerst ansprechen, dann berühren lassen, ohne sich mit kulturgeschichtlichen und biografischen Zusammenhängen zu belasten. Der Musiker selbst beschreibt seinen Umgang mit dem Dichter als kindlich. Und das meint er durchaus positiv.

Mit Leichtigkeit ist auch der Gastsänger für das Projekt, Dirk Darm-staedter ("The Jeremy Days"), an die Sache herangegangen. Geprägt durch eine Jugend in den USA waren Schiller und andere deutsche Dichter für ihn Neuland; mit großer Neugierde hat er es betreten. Der Multiinstrumentalist tat dies mit der Freude eines Entdeckers und hat sich sogleich in den "Rock'n'Roller der deutschen Lyrik" und in dessen "wilde rhythmische Zeilen" verliebt. "Die Welt wird alt und wird wieder jung, doch der Mensch hofft immer auf Verbesserung", singt er mit der Leidenschaft eines Entflammten.

Neben Darmstaedter und Leadgitarrist Repke - der wie immer einige der Songs selber singt - gehören Schlagzeuger Tim Lorenz, Bassist Markus Runzheimer und Andreas Sperling am Piano zum "Club". In Bad Elster zeigen sie erneut, dass sie wunderbare Musiker sind und mit warmem, gefühlvollem Spiel Schillers Dichtkunst durchaus unterstreichen können.

Fasziniert ist Reinhardt Repke davon, dass Schiller den Geruch verfaulter Äpfel zum Schreiben brauchte. "Der Dichter hat ohnehin so ziemlich alle Drogen genommen, die es damals gab", staunt er. Auch Repke hat einen Apfel für die Bühne vorbereitet: "Er hat jetzt bald sein Einjähriges", sagt der Bandchef und holt vorsichtig am Stiel eine braune, komplett verfaulte Frucht hervor. "Meine Musiker haben sich schon beschwert, weil es im Tourbus ungut riecht." Aber damit sind sie in bester Gesellschaft: "In Schillers Schreibzimmer wurde es sogar Goethe schlecht."

Selbstverständlich wird auch deklamiert an diesem Abend, aber ganz und gar nicht langatmig: "An der Quelle saß der Knabe, Blumen wand er sich zum Kranz", beginnt Repke. Und Darmstaedter singt behutsam den Refrain: "Was soll mir die Freude frommen, die der schöne Lenz mir beut? Eine ist's nur, die ich suche, sie ist nah und ewig weit."

Nach melancholisch-wehmütigen Liedern kündigt der Chef der "Toten Dichter" zum Abschluss ein lebensbejahendes Stück an. Beim "Räuberlied" stimmt dann auch das Publikum ein: "Stehlen, morden, huren, balgen, heißt bei uns die Zeit zerstreuen. Morgen hangen wir am Galgen, drum lasst uns heute lustig sein." Auch das ist Schiller.