Besonders attraktiv war er gerade nicht und außerdem seit seiner Kindheit auf einem Auge so gut wie blind. Dennoch war Jean-Paul Sartre wegen seiner vielen Affären mit Frauen berüchtigt. Eine echte, wenn auch unkonventionelle Beziehung verband ihn mit einer Kollegin, der Schriftstellerin Simone de Beauvoir. Als Kommilitonin an der École Normale Supérieure, einer Elitehochschule für Lehramtsfächer, hatte er sie kennen gelernt, und über fünfzig Jahre bis zu seinem Tod in Paris heute vor dreißig Jahren war sie ihm intellektuelles Alter Ego und unentbehrliche, ihn geistig fordernde Lebensgefährtin. Dabei wohnten die beiden nie zusammen und blieben trotz ihrer engen Beziehung ein Leben lang beim "Sie". Sartre, der spätere Begründer und Hauptvertreter des Existenzialismus, wurde am 21. Juni 1905 in Paris als Sohn eines Marineoffiziers geboren. Der Vater starb, als er noch ein Baby war, und der Junge wurde vom Großvater, einem Gymnasialprofessor für das Fach Deutsch, aufgezogen. Die Mutter, eine Cousine Albert Schweizers, heiratete wieder, als der Junge zwölf Jahre alt war. Der Stiefvater schickte ihn auf ein vornehmes Internat, dem das Studium in Psychologie, Philosophie und Soziologie folgte. Im Alter von 26 Jahren begann er als Gymnasiallehrer zu arbeiten, eine Tätigkeit, die durch ein Stipendium in Berlin unterbrochen wurde; dort beschäftigte er sich mit den Philosophien Nietzsches, Husserls und Heideggers, die seine Arbeit später beeinflussen sollten. Zurück in Frankreich schrieb Sartre Romane, Essays und Bühnenstücke wie "Geschlossene Gesellschaft", das in der Spielzeit 1992/93 im Theater Hof gezeigt wurde. Den Nobelpreis für Literatur lehnte er 1965 "aus persönlichen und objektiven Gründen" ab. Noch während des Zweiten Weltkrieges war sein erstes philosophisches Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" erschienen; darin verkündet er, den das Volk spätestens seit 1949 als Vordenker ansah, - im Gegensatz zur christlichen Anschauung von der Unfreiheit des Willens - die totale Freiheit und die totale Verantwortung des freien Menschen in der Welt - ohne Gott, ohne Gnade und ohne Reue.