Ostern, Pfingsten und nun wieder Weihnachten. Wirft man einen genauen Blick auf das Jahr, fällt auf, dass diese Ereignisse auf eine rhythmisch ungleichmäßige, ja wackelige Weise aufeinanderfolgen. Im Frühherbst fehlt nämlich eines völlig: Ein richtig schön gesellschaftslähmender Doppel- und Dreifachfeiertag.

Diese Beobachtung stammt nicht von der "Mutter" dieser Zeilen, sondern vom "Vater" des Buches "QQ": Max Goldt. Der Berliner Autor ist ein meisterhafter Alltagsbeobachter, obwohl er dieses Etikett selbst ablehnt. Trotzdem spürt er wie kein anderer Groteskes in banalen Situationen auf, für das "wir blind waren, bevor sein Blick darauf fiel" - so schilderte es einmal treffend sein Schriftsteller-Kollege Daniel Kehlmann.

Zahlreiche Aha-Erlebnisse hat auch der Leser von "QQ". Goldts Kolumnen-Sammlung bündelt 21 seiner sprachlichen Schätze, die in den Jahren 2005 und 2006 erstmals in dem Satire-Magazin Titanic erschienen sind. Für die Buchversion wurden die Texte teilweise überarbeitet.

Der Titel steht übrigens für quiet quality - stille Güte. Der Begriff taucht zum ersten Mal im Vorgänger-Werk Goldts auf, wo ein Radiomoderator mit einer Krimi-Autorin spricht. Diese erklärt, QQ sei "ein neues Schlagwort aus den USA für alles, was nicht schreit und spritzt". Goldt sprach also schon vor 2007 die Stille heilig; vor 2007, als Apple das iPhone in den Staaten auf den Markt brachte und damit die Generation "gesenkter Kopf" zeugte.

Max Goldts Texte sind nicht nur immer einen Schritt voraus, sondern auch kritisch, garstig und irrsinnig komisch. Sie sind immer charmant, weshalb man "QQ" auf jeden Fall lesen sollte. Wenn man es kurz vor oder nach Weihnachten tut, dürfte vor allem die Kolumne "Nein zum Masermontag" eine schöne Bescherung sein: Um die anfangs angesprochene Feiertagsdurststrecke zu überbrücken, grübelt Goldt in diesem Kapitel darüber, am Ende der dritten Septemberwoche ein zusätzliches Fest einzuführen und es "Masern" zu nennen. "Nicht etwa um eine Verwechslungsgefahr mit der gleichlautenden Kinderkrankheit zu konstruieren, sondern weil das eben so ist in kultivierten alten Sprachen: Unterschiedliche Dinge haben den gleichen Namen." Und wie lustig das werden könnte: "Sollte ein Kind zu Masern die Masern bekommen, würde sich die gleiche Heiterkeit einstellen wie an einem feuchten Tag, an dem man von Gießen nach Regensburg fährt."

Es ist schwer, ein Plädoyer für Max Goldts Werk zu halten, ohne ihn seiner Sätze zu berauben. Denn der Hauptcharakter jeder Episode ist die Sprache. Wenn der Schriftsteller Worte aneinanderreiht, treffen Poesie und Boshaftigkeit aufeinander und verquicken sich zu klügster deutscher Gesellschaftssatire. Die böse Ironie schmuggelt der langjährige Titanic -Kolumnist seinem Leser oft unter, da er sie fein dosiert und trügerisch einsetzt.

Den Witz hingegen entdeckt jeder Mensch bei Max Goldt auf den ersten Blick. Zurück zu Masern: "Auf dem Pflaster unter Zigarettenautomaten wird nach Münzen gesucht, weil doch Besoffene vor Feiertagen gerne mal was runterfällt." "Die Frauen rühren mit Messern die Kohlensäure aus dem Selterswasser, damit sie keine ,Musike' machen beim Trinken." Oder: "Kleine Kinder umfassen die Brausegläser mit beiden Händen, und selbst wenn sie dabei nicht mit dem Glas an die Brille stoßen, sehen sie rechtsschaffend blöd aus, wie trinkende Kinder eben."

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Max Goldt: QQ. Rowohlt, Taschenbuch, 156 Seiten, 8,99 Euro.