Hof/Selb

Thriller-Elemente: das volle Programm. Mit ihnen ist der Krimileser wohlvertraut. Diesmal aber kommt ihm noch viel mehr bekannt vor: Der Tote wird an einer böhmischen Straße Richtung Bad Elster im Vogtland gefunden; das Kidnapping ereignet sich in Hohenberg; bei Asch erstreckt sich der Straßenstrich; und die Ermittler stammen aus dem hochfränkischen Selb und dem tschechischen Eger.

Beide Städte trennt eine "Wilde Grenze", die dem (zweiten) Kriminalroman des Selbers Rainer König den Titel gab. In der Hofer Gaststätte Meinels Bas erzählte der Autor Mitgliedern des Nordoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde bei einem Kolloquium, wie ein ehemaliger Lehrer für Deutsch und Geschichte dazu kommt, einen jener "Regionalkrimis" zu verfassen, die derzeit in vielen Gegenden der Republik boomen.

Er kam, sagt König, dazu "wie die Jungfrau zum Kind". Mit Kindern und Jugendlichen hatte der joviale Herr, 1943 in Barthelmesaurach im mittelfränkischen Landkreis Roth geboren, als Pädagoge am Walter-Gropius-Gymnasium in Selb jahrzehntelang zu tun. Auch selbst ist er Vater: Tochter Birgit kam 1979 zur Welt; heute beim Zoll in Frankfurt beschäftigt, hilft sie ihm fachkundig bei den Recherchen und "bremst" den Papa, wenn der, wie er selbst sagt, beim Schreiben gelegentlich schulmäßig ins Dozieren gerät.

"Szenisch" nennt König seinen Stil. Wirklich belegen die von ihm vorgetragenen Textauszüge die Lebendig- und Anschaulichkeit seiner Schreibart. Sie befähigt ihn, einen brisanten Plot zu spannenden Episoden auszuspinnen. Allerdings wäre es für ihn "uninteressant, einfach einen englischen Krimi mit der Kernfrage 'Wer war's?' zu imitieren". König verankerte - ganz so, wie es ihm an der skandinavischen Spannungsliteratur imponiert - seine Thriller-Elemente in einer konkreten politischen und sozialen Situation.

Ursachenforschung

Dem Verhältnis zwischen den Völkern und Menschen an der noch immer reichlich "traurigen" Scheidelinie zwischen Bundes- und Tschechischer Republik spürte er nach. "Und wenn ich die Grenze als zentrales Motiv wähle, muss ich mich auch mit ihren Ursachen beschäftigen."

In ein "Wespennest" stieß er dabei: Denn das gegenseitig verübte und erlittene Unrecht der Vergangenheit "schwingt bei allen Kontakten immer noch mit". Das erfahren Königs Ermittler, Jan Kral aus Selb und Josef Brückner aus Eger, am eigenen Leib. Landsmannschaftlich "Gemischte" sind sie beide; somit auch Träger der Hoffnung, dass aus dem getrennten Zweierlei dereinst etwas Gemeinsames entsteht.

Nicht zuletzt die Sprache macht den Krimi regional: In den Grenzwechsel schaltet viel Dialekt sich ein. Und natürlich scheint die heimatliche Topografie akkurat wie auf einer Landkarte auf. Ortskundige erkennen überdies leicht das verfremdete Vorbild aus der Wirklichkeit in so mancher Figur - wenn die nicht überhaupt ihren Namen behält, wie Pavel Jetleb, Frankenpost-Mitarbeiter aus Eger, den der Autor direkt ins Manuskript übertrug.

Ist sein Roman gar ein Stück Autobiografie? Das nicht. Aber "es steckt viel von mir selbst in der Figur des Jan Kral", räumt er ein - was schon der Name besagt: Kral, tschechisch, heißt König auf Deutsch.

Rainer und Birgit König: Wilde Grenze; Krals zweiter Fall. Sutton-Verlag, kartoniert, 192 Seiten, 13,90 Euro.

- Am Straßenrand liegt eine Leiche; das Töchterchen eines Unternehmers wird entführt; Frauen, von Menschenhändlern ausgebeutet, bieten ihre Körper feil; ein junger Polizist fällt Mördern zum Opfer; und die Sicherheitsbehörden lassen sich schmieren ...