Was haben Dichter und Denker wie Homer oder Platon nur richtig gemacht, dass sie und ihr Schaffen sich seit gut 2500 Jahren im Bewusstsein des Bildungsmenschen halten. Freilich, dem Gros der Schriftsteller ist, auch was den Ruhm angeht, die Frist gesetzt. Wer, zum Beispiel, liest heute noch Paul Heyse, der doch 1910 den Nobelpreis erhielt? Wer liest Manfred Hausmann? Am Schicksal seines reichen Schaffens (mit den Erfolgsromanen "Lampioon küßt Mädchen und kleine Birken", "Salut gen Himmel", "Abel mit der Mundharmonika") lässt sich ersehen, dass es, in den meisten Fällen, mit der gesetzten Frist schon seine Richtigkeit hat. Für zeitgemäß muss man die Arbeiten des Dichters und Predigers, der heute vor 25 Jahren 87-jährig starb, nicht mehr halten. Dass man ihn dennoch nicht ganz vergisst - dazu trägt ein (von Peter Bieringer in ruhiger Einsicht vorgetragenes) Hörbuch der Edition Apollon bei. "Kleine Begegnungen mit großen Leuten" lässt der Autor, ohne Koketterie bescheiden und behutsam selbstbewusst, Revue passieren, in kunstfertig schlichten Porträts und Nachrufen von teils spannend unterschiedlichem Charakter, denen in hohem Grad mitmenschliche Wahrnehmung und Verständnis gemeinsam sind. Hinter das Geheimnis der "Distanz", die Thomas Mann zum Publikum, zum eigenen Werk und zu sich selbst bewahrte, weiß Hausmann zu kommen und die Zerbrochenheit des im KZ verwüsteten Verlegers Peter Suhrkamp zu begreifen. Von einer weinseligen Nacht mit dem schnorrenden Joachim Ringelnatz erzählt er - und erinnert sich an das eigenartige Zusammentreffen mit dem norwegischen Großschriftsteller Knut Hamsun, als der im Berlin des Jahres 1943 wohl gerade von Adolf Hitler kam. Die Skizze ist ein Meisterstück: ein Bahnhof als Treffpunkt in der Stille; über zwei Gleise hinweg kein Gespräch und doch ein Dialog. Der kommt stumm, doch umso vielsagender im Kopf des Autors zustande. Wer hier staunend zuhört, erwägt, ob sich eine Begegnung mit Manfred Hausmann nicht doch noch lohnen könnte.