Kunst und Kultur "Ungläubig, aber dann mit blankem Entsetzen"

Mit einem offenen Brief an das Stadtoberhaupt von Nürnberg macht einer der größten Veranstalter der Region seinem Unmut wegen des Umgangs mit der Corona-Pandemie Luft: stellvertretend für viele.

 
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Nürnberg - Das Führungsteam des Concertbüro Nürnberg, einem der der größten fränkischen Veranstalter, hat jetzt in einem offenem Brief das Gebaren der Stadt Nürnberg im Umgang mit der Corona-Pandemie auf kulturellem Gebiet kritisiert. In dem Schreiben, adressiert an Kulturbürgermeisterin Julia Lehner und Oberbürgermeister Marcus König (beide CSU), wird unter anderem Geldverschwendung angeprangert.

"Zunächst mit Ungläubigkeit, aber dann mit blanken Entsetzen haben wir auf die neueste Kapriole der Stadt Nürnberg reagiert: Kulturaktivität in Zeiten von Corona vorzutäuschen, während es gleichzeitig nicht gelingt Alternativen für die freien Nürnberger Kulturbetriebe zu schaffen, geschweige denn ihnen finanziell unter die Arme zu greifen."

So kritisieren die Macher des Concertbüro in dem Schreiben den Umgang mit Steuergeldern für den Aufbau einer nur per Boot erreichbaren Bühne im Dutzendteich: "Während die Stadt Nürnberg bei der freien Kultur um jeden Euro geizt, verbrät sie bei der ,Seebühne‘ an drei Tagen einen satten sechsstelligen Betrag. Und das für eine sehr begrenzte Anzahl von Gästen in Schlauch- und Tretbooten." Man rechnet auf, dass das Concertbüro mehr als 70 Veranstaltungen allein während der Sommermonate im Stadtgebiet Nürnberg absagen musste (im Serenadenhof, Hirsch, Löwensaal und anderen Locations). Man habe dazu gut 40 000 zahlende Besucher erwartet: "Alle Veranstaltungen hätten kostendeckend funktioniert und einen hochwertigen Beitrag zum Kulturleben in der Stadt geleistet. Der wirtschaftliche Schaden ist für uns enorm."

Im selben Augenblick spiele die Stadt Nürnberg aber definitiv auf Zeit, statt den Nürnberger Kulturbetrieben in irgendeiner Form eine Perspektive für den Sommer zu geben. Trotz etlicher Treffen der Stadtoberen mit freien Kulturveranstaltern, komme bei den Betroffenen absolut nichts an. Trotz einer in Auftrag gegebenen Bedarfsanalyse, die mit fundierten Zahlen und Fakten die Gefährdung wesentlicher Teile der Nürnberger Kultur belegt, werde auf die Betroffenen nicht wirklich zugegangen. Selbst die groß propagierte Kulturhilfe der Stadt sei noch nicht ausgezahlt, weil die Bedingungen zum Erhalt von Unterstützung für die meisten Betriebe unerreichbar hoch gesetzt seien.

Da die freien Nürnberger Kulturbetriebe noch unkalkulierbar lange eine schwere Dürre-Periode und wohl einen echten Überlebenskampf vor sich hätten, sei "das Verjubeln solcher Geld-Summen für an den Haaren herbeigezogene Bespaßung ein Affront für alle, die in diesen Monaten mit dem Rücken zur Wand stehen." Wenn die Stadt so viel Geld übrig habe, sollte sie es zur Unterstützung der bestehenden Kulturstätten und der wesentlichen kulturellen Leistungsträger der Stadt zur Verfügung stellen. "Oder kann sich wer eine Kulturhauptstadt vorstellen, in dem sich ein Besucherstrom durch einen Kultur-Parcours in einer sonst kulturell komplett verödeten Landschaft ohne Kabarett-, Comedy-, Rock-, Pop-, Folk-, Blues- und sonstigen Live-Shows schiebt?" red

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