Mayas Hund war sterbenskrank, und Maya war kurz davor, sich nach fünf Jahren von ihrem Freund zu trennen. Unterm Strich fand sie das mit dem Hund schlimmer. So beginnt eine von elf Erzählungen im ersten Buch der Amerikanerin Katherine Heiny, die mit Mann und Kindern in Washington D.C. zu Hause ist. Ihre Maya hat noch nie das Gefühl gehabt, dass ihre Beziehung mit Rhodes irgendeinen Sinn ergibt. Am Ende verhindert der Tod des Hundes, dass sie den Freund verlässt.

Zwei Jahre später - davon wird in der Geschichte "Dunkle Materie" erzählt - ist sie zwar immer noch mit Rhodes zusammen, aber just an dem Tag, als sie mit Kollegen auf ihre Verlobung trinkt, schläft sie zum ersten Mal mit ihrem Chef. Seit Langem hat sie für ihn geschwärmt, und obwohl sie sich vornimmt, nie wieder mit ihm intim zu sein, findet schon tags darauf Sex auf dem Schreibtisch statt. So wird eine Affäre daraus, die erst endet, als der Mann - er hat Frau und drei Kinder - aus beruflichen Gründen die Stadt verlässt. "Glücklich, vielleicht", so heißt das Buch, bleibt Maya zurück. In einer dritten Geschichte erwartet sie dann ein Kind von Rhodes und weiß zum Schluss, dass beide "zum ersten Mal genau das Gleiche" fühlen. Ist das ein Happy End?

Die Originalausgabe des Erzählungsbandes erschien unter dem Titel "Single, Carefree, Mellow", was einigermaßen verwunderlich ist, da es sich bei den Menschen, die Autorin Heiny sorglos fremdgehen lässt, höchstens ausnahmsweise um Alleinstehende handelt. Sehr viel öfter sind sie "verheiratet - natürlich", so wie Josie, eine Schriftstellerin, die sich online in einen natürlich ebenfalls verheirateten Billy verliebt, mit dem sie Telefonsex und dann auch sehr viel weniger befriedigenden Sex in der Wirklichkeit hat. Einige Monate lang "jongliert" sie, wie es heißt, mit Ehemann und Liebhaber und ist dabei "eine glückliche Frau".

Über diese Josie wird gesagt, dass sie unvollendete Romane schrieb, ehe sie erkannte, dass ihr Kurzgeschichten viel besser liegen. Nun fragt sie sich, ob die Dinge, die ihr passieren, gut genug sind, um sie in ihren Storys zu verwenden, oder ob es besser ist, "sich irgendeinen Mist aus den Fingern zu saugen". Wie es sich, was das betrifft, mit Heinys Storys verhält - wer weiß. Aber zumindest bei "Die Rhett-Buttlers" wünscht man sich, das Erzählte möge nicht wirklich passiert sein. Denn eine noch nicht 17-jährige Schülerin, in deren Vorstellung Sex etwas ist, das sie "nackt küssen" nennt, wird darin von ihrem 40-jährigen Geschichtslehrer verführt und missbraucht. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht das erste Opfer des "Pädagogen" ist, aber es gibt auch was Gutes, denn im letzten Absatz rast der Mann mit seinem Motorrad an einen Baum. Und das arme Mädchen hat das Glück, dass es, als das passiert ist, "gar nichts spürt".

Die meisten von Heinys Geschichten liest man mit einem Vergnügen, das sich mit Erstaunen verbindet. Sie sind entspannt und einfallsreich erzählt, und sie haben Witz, ohne wirklich komisch zu sein. Seltsam ist, dass all die geschilderte Untreue niemals Dramen zur Folge hat, dabei stehen sich doch auf dem Umschlagbild die Schuhe von Mann und Frau zähnefletschend gegenüber. Die mit großer Sympathie gezeichneten Figuren der Autorin bleiben auf wundersame Weise "glücklich, vielleicht". Ralf Sziegoleit

-----

Katherine Heiny: Glücklich, vielleicht. Hoffmann und Campe, 255 Seiten, gebunden, 20 Euro.