Fichtelgebirge "Kein Huhn, kein Kind, nichts"

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"Kein Huhn, kein Kind, nichts" Quelle: Unbekannt

Eine Reportage zeigt den Raum Selb menschenleer und den Landstrich an der Grenze als "fremdes schwächelndes Land". Als "sehr schlecht" bewertet das OB Ulrich Pötzsch.

 
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Selb - Das Fichtelgebirge und die Münchner Medien - eine innige, liebevolle Beziehung wird das nicht mehr: So mancher Beitrag im Bayerischen Fernsehen hat hierzulande schon Aufregung verursacht, jetzt ist es ein Beitrag der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung, der für Unbehagen sorgt: In der am 22. September erschienenen Web-Reportage "Reise durch Bayern - das andere Land" begibt sich ein Reporter von Passau aus auf den Weg entlang der Grenze nach Norden. "Am Ende sind es mehr als 1700 Kilometer bis zur Fähre nach Seligenstadt am Main, dem westlichsten Punkt des Freistaats", heißt es in der Reportage. Und: "Es ist eine Fahrt durch ein fremdes, ein schwächelndes und schrumpfendes Land, das mit dem Politikergerede vom kraftstrotzenden Bayerntum nichts zu tun hat." Nach einer Station beim Drachenstich in Furth im Wald geht es auch durch den Landkreis Wunsiedel - was in wenig schmeichelhaften Worten so beschrieben wird: "Fährt man aber weiter Richtung Selb und Hof, dann bekommt man einen Eindruck davon, was das Wort demografischer Wandel bedeutet: In den Dörfern sind kaum Menschen zu sehen, und wenn, dann fast ausschließlich alte. Kein einziges Huhn, das über die Straße läuft. Kein Kind, das spielt. Nichts."

"Das ist wieder ein typischer Fall: Da wird viel Arbeit für die Region durch schlechte Recherche und eine schlechte Darstellung kaputt gemacht", bedauert Selbs Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch. Er glaubt, dass sich so mancher Journalist immer wieder nur die Klischees, die er kennt, bestätigen lässt - und sich nicht wirklich vor Ort umschaut. Verstärkt hätten diesen Trend die sozialen Medien. Pötzsch erinnert an eine Radio-Reportage, die Selb als Drogenhochburg geschildert hatte. Er selbst versuche immer wieder bei allen möglichen Sitzungen und Tagungen - wie in dieser Woche bei einem Oberbürgermeister-Treffen in Erding - seinen Gesprächspartnern zu zeigen, "wie wertvoll unsere Region ist" - damit sie sich nicht von Klischees leiten ließen.

"Unsere Region wird wieder einmal in einem besonderen Licht gezeigt. Dies in einer Art und Weise wie es schlechter nicht geht. Natürlich gibt es bei uns Zeiten, in denen die Straßen leer sind. Es gibt aber auch genügend Tage an denen mehr als viel los ist!", heißt es zu dem SZ-Beitrag auf der Facebook-Seite "Fichtelgebirge für alle". "Objektiver Journalismus geht anders. Ich finde das Fichtelgebirge sehr schön und lebe gerne hier!", kontert der Selber CSU-Ortsvorsitzende Matthias Müller via Facebook. Und der Hohenberger Fotograf Manfred Jahreiss - er zeichnete vor einigen Jahren für eine Imagekampagne für den Landkreis Wunsiedel verantwortlich - geht mit dem Thema der leeren Orte kreativ um: "Leere Räume schaffen Platz für Ideen", kommentiert er auf Facebook. "Wer will schon im überfüllten München leben, im Hasenstall mit 75 Quadratmetern für 1500 Euro???"

Da wird Arbeit für die Region durch eine schlechte Darstellung kaputt gemacht.

Ulrich Pötzsch,

Oberbürgermeister von Selb

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