Eine Stadt im Nena-Fieber

Marktredwitz - Gabelstapler sausen eilig über das gewalzte Sand-Gelände. Überall herrscht emsiges Treiben, werden Stangen ineinander gesteckt, Zeltplanen gespannt, Tresen aufgebaut, Toilettenwagen aneinandergereiht. In den Turnhallen und in der Aula des Otto-Hahn-Gymnasiums rollen eifrige Helfer zusammen mit dem Technischen Hilfswerk tausend neue Matratzen aus. Eines der größten Ereignisse in Marktredwitz wirft bereits am gestrigen Freitag seine Schatten voraus. Die Riesenfete mit Superstar Nena, die zum Auftakt der BR-Radltour ins Fichtelgebirge kommt, kann starten.

Mindestens 15 000 Besucher werden heute bei sommerlichen Temperaturen - so prophezeit es zumindest der Wetterbericht - auf dem Benker-Gelände und im Auenpark erwartet, um eine Mega-Party zu feiern. Viele Wochen intensivster Vorbereitung liegen hinter den Organisatoren. Und seit gestern läuft der Countdown. 140 ehrenamtliche Helfer sind während des Wochenendes zum Teil rund um die Uhr im Einsatz und für die unterschiedlichsten Tätigkeiten eingeteilt. Am Freitagnachmittag rückt das Technische Hilfswerk mit einem Team von 28 Leuten im Schulzentrum an, um 1000 nagelneue Matratzen anzuliefern. Reiner Eder hat ständig den Knopf im Ohr, um alles perfekt zu koordinieren. Der Mann aus Simbach ist seit fast drei Jahrzehnten der Teamleiter der Freiwilligen-Crew, die sich aus Männern und Frauen aus dem gesamten Bayernland zusammensetzt. Sieben Zugmaschinen mit Anhänger stehen Stoßstange an Stoßstange im Schulzentrum.

Außerdem hat das THW noch drei "Besen-Fahrzeuge" mit dabei. "Die machen nicht etwa sauber", lacht Eder. Die kleinen Lkws bilden das Schlusslicht bei der BR-Radltour und sammeln all jene Teilnehmer ein, die einen Platten haben, an deren Rad die Kette gerissen ist, die sich bei einem Sturz verletzt haben oder die einfach mal außer Puste sind.

Viele Ehrenamtliche aus Marktredwitz greifen den THWlern unter die Arme. Wie am Fließband kullern die Matratzen aus den Lastwagen, werden in die drei Jahnturnhallen getragen und dort ausgerollt. "Hier schlafen jeweils 100 Radler", erzählt Reiner Eder. Etwas unruhiger wird es wohl in der Dreifachturnhalle und in der Aula des Gymnasiums zugehen. Denn dort nächtigen jeweils 350 Teilnehmer der Radltour.

Die Mitglieder des THW begleiten die Radler jeden Tag. "Wir stehen um 5 Uhr auf, um 6 Uhr, wenn alle das Lager verlassen haben, laden wir Matratzen und Gepäck wieder ein und fahren es zum nächsten Ziel." Apropos Gepäck: Hier hat Teamleiter Eder schon so einiges erlebt. "Das Rekordgewicht waren 44 Kilo. Da hatte wirklich einer einen Fernseher dabei", schüttelt er den Kopf. "Und manche reisen mit gerade mal acht Kilo." Ein Reisebügeleisen kam ihm auch schon mal unter, erzählt er amüsiert. "Das Konzert mit Nena? Nein, ich habe ein bisschen Bürokram dabei, den ich erledigen muss", sagt Eder. Er habe ja schon so viele Konzerte in all den Jahren erlebt.

Nicht so die Besucher, die dem Event heute entgegenfiebern. Seit Tagen gibt es kaum mehr ein anderes Thema als Nena in der Stadt. Doch bis die Künstlerin ins Rampenlicht tritt, gibt es bereits ein Mammut-Programm für die Menschen aus nah und fern am Bahnhof, im Auenpark und im Schulzentrum. Sobald die Sonderzüge eintreffen, sind wieder zahlreiche Ehrenamtliche gefragt, die den Radlern beim Ausladen des Gepäcks und der Räder helfen, um sie dann vom Bahnhof ins Schulzentrum zu lotsen. Auf einem bewachten Fahrrad-Parkplatz können alle ihre Drahtesel abstellen und sich dann abends ins Vergnügen stürzen, ehe die BR-Radltour am nächsten Morgen startet.

"Es sind nahezu alle Marktredwitzer Vereine im Einsatz", sagt Claudia Hiergeist, die Pressesprecherin der Stadt. THW, Rotes Kreuz und Feuerwehr seien natürlich auch mit am Start. "Die Verköstigung haben wir folgendermaßen geregelt: Auf dem Benker-Areal stehen ausschließlich professionelle Caterer, die sich auf unsere Ausschreibung beworben haben. So ist gewährleistet, dass die große Zahl an Besuchern schnell und gut verköstigt wird." An unterschiedlichen Punkten auf dem Party-Gelände stünden ausreichend Ausschankstellen zur Verfügung. "Das Catering auf der Auenpark-Terrasse übernehmen dann hauptsächlich Vereine, und im Auenpark selbst haben wir noch professionelle Caterer untergebracht." Für jeden Geschmack gebe es sicherlich ein Angebot, betont Hiergeist.

Ab 17 Uhr geht auf der Bühne mit der Bayern 1-Band die Post ab. Anschließend werden 99 Luftballons und noch vieles mehr mit Nena steigen. Und wenn der Superstar die Bühne verlässt, können die Besucher noch eine Bayern 1-Disco feiern.

Laut Claudia Hiergeist ist um Mitternacht Schluss. "Sonst schaffen wir es ja nicht, das ganze Gelände zu räumen und all den Müll einzusammeln. Und für die 1000 Radler müssen wir drei Frühstücks-Buffets aufbauen." Um 3 Uhr morgens trifft der Lkw mit den Lebensmitteln ein, ab 3.30 Uhr laufen bereits die professionellen Kaffeemaschinen. Von 6 bis 8 Uhr können die Radler das Schlemmer-Frühstück genießen. Nach einer gemeinsamen Morgengymnastik geht es nach einer Schweigeminute für die Terroropfer in Bayern und mit dem ökumenischen Segen um 9 Uhr auf die erste Etappe. "Es wäre schön, wenn sich Marktredwitzer am Straßenrand entlang der Strecke postieren. Gegen 8.30 Uhr werden wir Fähnchen verteilen, damit wir die Besucher gebührend verabschieden können."