Anders als der Schulleiter nennen Petitions-Befürworter die zweite Fremdsprache in der sechsten Klasse einen "großen Fehler des G 8" und fordern die Rückkehr zur siebten Klasse - wie früher im G 9: "Schulpsychologen und Beratungslehrer, die sich um Schüler mit Lernschwierigkeiten kümmern, wissen, dass die Haupt-Problemfelder in der Unterstufe des G 8 die beiden Fremdsprachen darstellen."
Katrin Meindl, Mutter eines Sohnes, der im Marktredwitzer Otto-Hahn-Gymnasium die siebte Klasse besucht, und einer Viertklässlerin, bestätigt diese Argumentation. "Im Gymnasium geht es in der fünften Klasse mit Englisch voll los", sagt die Leutendorferin. Nach einem einzigen Schuljahr seien weder Lernabläufe noch Grammatikkenntnisse gefestigt genug, um in der sechsten Klasse eine weitere Fremdsprache zu bewältigen. Etliche Sechstklässler täten sich damit sehr schwer. "Kinder wollen nicht nur pauken, die wollen auch mal Freunde treffen oder Fußball spielen", sagt die Mutter.
Fremdsprachen- sowie Beratungslehrer, Schüler und Eltern beobachteten, dass Kinder nach der fünften Klasse in der ersten Fremdsprache noch nicht gefestigt seien, heißt es auch in der Petition: Komme in der sechsten Klasse gleich eine weitere Fremdsprache dazu, gerieten Schüler mehrheitlich in der ersten Fremdsprache ins Wanken - hätten aber noch kein Lernverhalten entwickelt, das stabil genug sei, die zweite Fremdsprache konsequent zu erlernen und eine stabile Basis zu bilden, argumentiert Holger Nachtigall.
"Keine Präferenz" für einen früheren oder späteren Beginn der zweiten Fremdsprache äußert hingegen Joachim Zembsch, Leiter des Luisenburg-Gymnasiums in Wunsiedel: "Es gibt gute Gründe für das eine wie für das andere." Falsch sei jedoch, dass der Start der zweiten Fremdsprache erst mit Einführung des G 8 im Schuljahr 2004/2005 in die sechste Klasse verlagert worden sei - dies sei teilweise schon vorher im neunstufigen Gymnasium passiert.
Aktuell müssen sich Gymnasiasten schon Mitte der fünften Klasse für Latein oder Französisch entscheiden. Wer in Marktredwitz französisch wähle, sei also wenige Monate nach seinem Start auf der weiterführenden Schule bereits auf den naturwissenschaftlich-technischen Zweig festgelegt - bevor er im geringsten einschätzen könne, ob ihm die Fächer Physik- und Chemie lägen, kritisiert Katrin Meindl.
"Für einen Zehnjährigen ist eine solche Entscheidung ebenso groß wie für einen Elfjährigen", hält Schulleiter Niedermeier dagegen. Kinder könnten durchaus einschätzen, wo ihre Begabungen liegen: Es sei Sache der Eltern und der Schule, dann unterstützend zu beraten.
Die Wahlmöglichkeiten hingen davon ab, welche Zweige ein Gymnasium anbiete, sagt Schulleiter Joachim Zembsch. In Wunsiedel könne sich ein Kind, das Französisch nehme, in der siebten Klasse noch zwischen dem wirtschaftswissenschaftlichen und dem naturwissenschaftlichen Zweig entscheiden.