Weißenstadt Mit 100 ist das Leben längst nicht vorüber

Uwe von Dorn
Die große Gästeschar zum 100. Geburtstag von Adele Zeitler (vorne, mit Tochter Renate): stehend von links der evangelische Pfarrer Hans-Hermann Münch, Cousin Ralf Sudmann, Bürgermeister Frank Dreyer, der stellvertretende Landrat Gerald Schade, Karl Voit vom Fichtelgebirgsverein, VdK-Kreisvorsitzender Konrad Scharnagl, FGV-Hauptvorsitzende Monika Saalfrank, Ilse Kuklok und Heidi Jahreis vom VdK. Foto: Uwe von Dorn

Adele Zeitler hat viel zu erzählen aus einem Jahrhundert. Die älteste Weißenstädterin meldet täglich, dass es ihr gut geht.

 
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Weißenstadt - Adele Zeitler hat es sich in ihrem liebevoll eingerichteten Wohnzimmer in ihrem Haus in Weißenstadt gemütlich gemacht. Neugierig ist sie auf jeden Besucher. Die grauen, vollen Haare sind frisch frisiert, die mintgrüne Bluse sitzt. Sie steht im Mittelpunkt. Denn Adele Zeitler, die älteste Bürgerin der Stadt Weißenstadt, feierte 100. Geburtstag. Und da kamen nicht nur Freunde, führende Mitglieder verschiedener Vereine und Pfarrer Hans-Hermann Münch zum Gratulieren, sondern auch Bürgermeister Frank Dreyer mit Geburtstagstorte und der stellvertretende Landrat Gerald Schade. Der Weißenstädter Posaunenchor brachte der Jubilarin ein Ständchen.

Stolze hundert Jahre Weisheit, Glück, Niederlagen und Liebe hat die Frau erlebt: geboren im ersten Weltkrieg im sächsischen Döbeln, erwachsen, als der Reichstag brannte. Adele Zeitler weiß, wie das Leben und der Alltag vor der Erfindung von Fernseher, Antibiotika oder Kugelschreiber ausgesehen haben. Als sich Computer verbreiteten und sich Deutschland vereinigte, waren manche, die 1917 geboren worden sind, bereits in Rente.

Wenn Adele Zeitler erzählt, bekommt das ansonsten so gefürchtete Alter etwas Geheimnisvolles. Die alte Damen zieht den Gast in ihren Bann. Sie hat einen solch immensen Wandel von Wertvorstellungen erlebt, einen unvergleichlichen Schatz an Erfahrungen gesammelt und lässt die Geburtstagsgäste an ihren hundert Jahren Lebensklugheit teilhaben.

Wer die Lebensgeschichten von Adele Zeitler hört, neigt dazu, Alice Schwarzer für überflüssig zu halten. Denn die Dame aus Weißenstadt hat sich frühzeitig emanzipiert, als eine der Ersten Englisch in der Schule gelernt und gegen den Willen ihres Vaters die Handelsschule besucht. Dafür mussten Bewerber damals einen Lehrvertrag vorlegen. Den erhielt sie dann auch von der Firma Zinnerz-Bergbau am Rudolfstein, der Grube Werra, die zur Firma Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg gehörte. Hier arbeitete die Jubilarin Adele Zeitler als Sekretärin.

Nachdem 1962 die Grube Werra geschlossen wurde und sie mit ihren zwei Töchtern und ihrem schwer kriegsbeschädigten Mann nicht nach Sulzbach umziehen wollte, übernahmen die Eheleute die Lottostelle in Weißenstadt. Hier arbeitete die Jubilarin 30 Jahre, bevor sie im Alter von 75 Jahren aufhörte.

Nach diesem arbeitsreichen Berufsleben unternahm Adele Zeitler mit ihrer Tochter Renate, die Grundschullehrerin ist, immer wieder Reisen nach England, Kroatien und in die USA. Trotz ihres hohen Lebensalters nutzt die Jubilarin die moderne Kommunikationstechnik wie das Handy und teilt ihrer Tochter jeden Morgen per SMS mit, dass es ihr gut geht. Diese Frau zeigt eindrucksvoll, dass das Leben auch mit 100 noch längst nicht vorüber ist.

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