Frau Kunzendorf, Sie spielen eine der Hauptrollen im Polit-Thriller „Tödliche Geheimnisse“, der sich mit TTIP und Lobbyismus beschäftigt. Begriffe, die erstmal komplex und sperrig klingen. Wie vermittelt der Film dieses Thema trotzdem spannend?
Es ist kein klassischer Themenfilm, der didaktisch daher kommt, wie ein Schulfilm. Das Thema, wenn man das überhaupt so nennen mag, wird über die Figuren erzählt, und das auf eine sehr emotionale und spannende Weise, wie ich finde. Deshalb ist es einfacher, diesen komplexen Dingen, wie TTIP, zu folgen.

Sie spielen eine Journalistin, die über TTIP-Missstände aufklären möchte. Was wussten Sie über TTIP, bevor Sie Ihre Rolle annahmen?
Wie wohl die meisten Leute kannte ich die gröbsten Sachen. Die Schlagworte, die man überall liest, wie das Chlor-Hähnchen oder den genmanipulierten Mais. Die Intransparenz der Verhandlungen aber fand ich schon immer skandalös.

Und was wissen Sie über TTIP jetzt?
Ich weiß genug, um meine Meinung, die ich davor schon hatte, gefestigt zu sehen. Ich weiß, dass bei uns der Hersteller die Unschädlichkeit eines neuen Produktes nachweisen muss, bevor es auf dem Markt landet. In den USA dagegen der Staat dem Hersteller dessen Schädlichkeit. Ich weiß, was private Schiedsgerichte sind und wie sie die Gesetze aushebeln können und vieles mehr. TTIP ist aber so komplex, dass ich mich nie als Expertin bezeichnen würde.

TTIP betrifft rund 800 Millionen Menschen. Im Vergleich dazu protestiert ein nur ganz geringer Teil dagegen.
Ja, und das ist traurig, aber kaum einer hat die Zeit, oder das Interesse, sich damit zu beschäftigen, geschweige denn eine Haltung dazu zu entwickeln. Hundertseitige AGBs liest sich auch kein Mensch durch. Die meisten klicken aber auf „gelesen und akzeptiert“.

Filme über aktuelle politische Stoffe sind relativ selten im deutschen TV. Anders als in den USA, dort sind politische Serien oder Filme sehr beliebt. Was meinen Sie, warum es in Deutschland nicht der Fall ist?
Ich glaube, dem deutschen Fernsehen fehlt es sehr oft an Mut, sich aktuellen politischen Themen zu widmen. Es werden durchaus Geschichten aufgerollt, die länger zurück liegen. Aber dass man sich tatsächlich aktuellen Geschehnissen nähert, das findet zu selten statt. Es ist ja auch nicht ganz einfach. Auch wir wurden beim Drehen von tagespolitischen Ereignissen oder Entscheidungen begleitet oder überholt.

Vielleicht, weil zu wenig Zuschauer dann einschalten würden?
Das glaube ich nicht. Es mag schon sein, dass es manchen Leuten nicht zuspricht. So wird ja immer argumentiert: Das will „der Zuschauer“ nicht sehen, das wird „der Zuschauer“ nicht verstehen. Aber ich weiß gar nicht, wer dieser Zuschauer sein soll. Diese Quotendiskussion ist eine Katastrophe. Ich und viele Leute in meinem Umfeld sehen sich gar nicht mehr repräsentiert, durch das, was „der Zuschauer“ angeblich sehen will. Deswegen bin ich für eine sehr große Vielfalt im Fernsehen.

Journalisten werden ebenfalls angeprangert in Ihrem TV-Thriller. Trauen Sie den Medien?
Man hat ja die Wahl, für welche Informationsquelle man sich entscheidet. Meine Hauptinformationsquelle ist unter anderem der Deutschlandfunk. Ich bin eine leidenschaftliche Radiohörerin. Ich empfinde den Journalismus dort als so differenziert, kritisch und hinterfragend, dass ich dem mein Gehör schenke. Das heißt natürlich nicht, dass ich kein kritischer Hörer bin, der sich nicht seine eigene Meinung bildet. Aber diese Art von Journalismus finde ich hervorragend.
Das Gespräch führte Alina Juravel