Selb Ein Zug fährt in das Nirgendwo

Soziale Isolation, Schulden und Kriminalität sind nur ein paar Folgen von Drogenmissbrauch. Der "Revolution Train" führt sie Jugendlichen ungeschönt vor Augen.

 
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Selb - "Kommst du mit mir auf den Trip?", fragt Marcel seine Freundin Petra. "Wenn du willst, damit du nicht so allein bist", antwortet sie und setzt sich den Schuss. Der Film, den die Schüler in dem Antidrogenzug "Revolution Train" sehen, beruht auf einer wahren Begebenheit. Er zeigt die Geschichte von dem Drogenabhängigen Marcel, der heute tot ist.

Interessierte können in Marktredwitz zusteigen

Für die Öffentlichkeit ist der Antidrogenzug in Marktredwitz am Samstag, 30. September, sowie am Dienstag, 3. Oktober, jeweils ab neun Uhr, zugänglich. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Die Führungen dauern zirka 90 Minuten und finden alle 20 Minuten statt.

In dem Zug erleben die Schüler aus der Region nach jeder Filmsequenz die dazugehörige Stationen einer entsprechenden "Drogenkarriere" nach: das heruntergekommene Zuhause eines Abhängigen, ein Gerichtsprozess nach einem Verkehrsunfall, der unter Drogenkonsum verursacht worden ist, oder eine Gefängniszelle. Letztere ist düster. Die Wände sind mit Graffiti besprüht, die Gitterstangen zum Teil verrostet. Im Inneren befindet sich eine Pritsche und eine Toilette. "Wie fühlst du dich da drinnen?", fragt Klaus Grimm von der Kontrolleinheit Verkehrswege Selb des Hauptzollamtes Regensburg einen Schüler der Selber Mittelschule, der darin Platz genommen hat. "Eingesperrt" sagt er.

Pavel Tuma will möglichst authentisch aufzeigen, welche Folgen Drogenmissbrauch hat. Der Initiator des Zuges aus Tschechien möchte mit dem multimedial und interaktiv ausgestatteten Zug eine neue Variante der Drogenprävention anbieten, die mit allen Sinnen erlebt werden kann und so bei den Schülern eine langfristige Wirkung erzielen soll. "Ich bin froh, dass aus Tschechien nicht nur Drogen, sondern auch ein entsprechendes Präventionsprogramm nach Deutschland kommt", sagt Tuma. 2018 wird er in Zusammenarbeit mit einem deutschen Partner eine neue Version des "Revolution Trains" entwickeln.

Seit gestern steht der Zug der Stiftung Neues Tschechien am Selber Bahnhof. Am Mittwoch macht er in Wunsiedel-Holenbrunn Halt und ab Donnerstag steht er am Bahnhof in Marktredwitz. Dort ist er an zwei Tagen auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

"Der 'Revolution Train' ist nun das erste Mal in Bayern", sagte Landrat Dr. Karl Döhler beim Pressegespräch am Selber Bahnhof gestern Mittag und bedankte sich bei den vielen Sponsoren aus der Wirtschaft, den Kommunen und dem Landkreis, die die Einreise des "Revolution Trains" erst möglich gemacht haben. "Es gab Diskussionen, weil die Schüler im Zug auf direktem Wege mit dem Drogenmissbrauch konfrontiert werden", sagte Döhler. Aber gerade hier in der Grenzregion sei die Drogenproblematik, insbesondere mit Crystal Meth, verstärkt präsent. "Wenn man jung ist, muss man mal etwas anstellen. Aber nicht das", sagte der Landrat.

"Es war nicht ganz einfach, den Zug nach Selb zu holen", berichtet Klaus Grimm. Neben der hohen Gebühren für die Nutzung der Gleise, die Sponsoren abgedeckt haben, sei vor allem der eingleisige Bahnhof in der Großen Kreisstadt herausfordernd gewesen. Letztendlich wurden alle Hürden gemeistert. "Der 'Revolution Train' ist ein einzigartiges Projekt in der Drogenbekämpfung", sagt Grimm. Die Wirkung sei weitaus effizienter als die eines Vortrages. "Steigt in eurem Leben in den richtigen Zug ein", gibt er den Schülern der Selber Mittelschule mit auf dem Weg, als diese die Endstation von Marcels Geschichte, seine Todesstätte, erreichen und den Zug ins Nirgendwo verlassen.

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