Obwohl die Kreistagssitzung am Freitagvormittag zu diesem Zeitpunkt bereits drei Stunden dauerte, zeigte Brigitte Artmann, Sprecherin der Grünen, keinerlei Müdigkeit. Die Verhinderung des ihrer Meinung nach unsinnigen Ausbaus der B 303 ist eines ihrer vielen Herzensanliegen. "Es gibt kein Dokument, das belegt, dass Tschechien tatsächlich von Prag bis zur Grenze eine autobahnähnliche Verbindung schafft", sagte sie an Jörg Nürnberger gewandt und fügte hinzu, dass er ihr keine Dokumente für die Ausbaupläne hat zukommen lassen. "Was Sie mir geschickt haben, war ein Zeitungsausschnitt, in dem ein tschechischer Minister zitiert wurde. Und wie schnell die Minister im Nachbarland wechseln, wissen wir alle."
Damit stachelte Artmann ihren in diesem Thema absoluten Kontra-Part im Kreistag an: Albrecht Schläger von der SPD und zugleich einer der beiden Vorsitzenden der Initiative Zukunft Fichtelgebirge, deren Kernanliegen eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung ist. "Frau Artmann, sie reden ja über viele Themen. Und wenn ich mir ihren Beitrag zur B 303 anhöre, gibt mir das viele Aufschlüsse darüber, was ich künftig von ihren Aussagen halten muss." Schläger warf der Grünen-Politikerin und dem Bundesrechnungshof vor, zu ignorieren, dass es nicht nur einen grenzüberschreitenden, sondern auch einen inländischen Verkehr gebe. "Die B 303 gehört in dem Abschnitt zu den zehn bayerischen Bundesstraßen mit der höchsten Lkw-Belastung."
Genervt von Brigitte Artmanns Argumenten schien Jörg Nürnberger. "Du lehnst alles in Tschechien ab und willst alles verhindern, die Kernkraftwerke und auch den Bau der Autobahn." Die so Angesprochene ließ sich das nicht gefallen. "Du hast aber eine seltsame Einstellung. Man wirft mir nun also Rassismus vor." Während Nürnberger ins Feld führte, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bayern und Tschechien stetig verbesserten, konterte Artmann, dass der einzige vierspurige Ausbau auf tschechischer Seite ausgerechnet in jenem Ort gebaut werde, in dem ein Atommüll-Endlager geplant sei. "Wenn man einen mit einem vierspurigen Ausbau für ein Atommüll-Endlager ködern will, verzichte ich gerne darauf."
Dr. Christian Medick von den Grünen sprang seiner Fraktionskollegin zur Seite und verwies auf den Wachstumswahnsinn, für den der geplante Ausbau der B 303 das beste Beispiel sei. Hier werde Geld rausgeschmissen, während auf der anderen Seite für die Höhenklinik in Bischofsgrün keines vorhanden ist. Und Harald Fischer von der CSU bemängelte, dass es sich bei dem geplanten Ausbau um keine Autobahn handle, sodass neben der Straße folglich auch keine landwirtschaftlichen Begleitwege entstehen würden. "Das bedeutet, dass wir natülich nicht auf der neu ausgebauten Straße fahren dürfen und uns mit unseren großen landwirtschaftlichen Fahrzeugen einen Weg suchen müssen. Und der führt mitten durch Arzberg und Schirnding. Das führt das Thema Ortsumgehungen ad absurdum."
Da die Sitzung mittlerweile länger als drei Stunden gedauert hatte, waren von den ursprünglich 56 anwesenden Kreisräten nur noch 34 im Sitzungssaal. Der Rest hatte Termine oder wollte ins Wochenende starten. 26 Kreisräte stimmten letztlich für den Antrag der SPD-Fraktion, acht dagegen. Die Gegner sind Wilfried Kukla, Brigitte Artmann, Irene Pohl und Dr. Christian Medick von den Grünen, Ursula Schricker und Torsten Gebhardt von der SPD sowie Andreas Ritter und Harald Fischer von der CSU-Fraktion.