Künstlerische Arbeit allein war dem gelernten Metallbauer vor rund zwei Jahren "zu zahnlos" geworden. Er wollte neue Räume erfassen und suchte sich das Meer aus. Ende 2016 half er, ein Schiff des Regensburger Vereins "Sea Eye" auf Sizilien zusammenzuschweißen, bevor er selbst auf der "Seefuchs" als Helfer in See stach.
Ein gutes Jahr später, im Juni 2018, leitete Neubauer als Communicator den letzten regulären Einsatz der "Lifeline". Danach rettete eine andere Crew der Dresdner Hilfsorganisation zwar weitere 234 Flüchtlinge vor der libyschen Küste, irrte dann jedoch tagelang über das Mittelmeer, weil Italien und Malta das Anlegen verweigerten. Schließlich durfte das Schiff Malta zwar ansteuern, wurde im Hafen aber sofort von den Behörden beschlagnahmt.
Kapitän Claus-Peter Reisch wird nun vorgeworfen, bei der Flüchtlings-Rettung gegen internationales Recht verstoßen zu haben; am Montag, 30. Juli, geht seine Verhandlung in Malta weiter. "Kollege Claus-Peter" sei zur Symbolfigur gegen unmenschliche Flüchtlingspolitik geworden, sagt Neubauer und kritisiert die Kriminalisierung der Seenotretter: "2016 galten wir als Helden - 2018 stehen wir vor Gericht."
Nach Hetzkampagnen des ultrarechten Rands schwand das Mitleid mit den Schiffbrüchigen; inzwischen beteiligten sich europäische Politiker wie Horst Seehofer, Sebastian Kurz und Matteo Salvini ungeniert an der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Energisch wehrt sich Neubauer gegen den Vorwurf, Seenotretter beförderten das Geschäft der Schlepper. "Diesen Verbrechern ist völlig egal, was passiert. Sie kassieren ihr Geld und schicken die Flüchtlinge aufs offene Meer hinaus - ob sie überleben oder nicht."
Lebensgefährlich seien Wind und Wellen jedoch nicht nur für die Geflüchteten, sondern auch für die Retter - vor allem, wenn Panik ausbreche. Daher brauchten alle Crewmitglieder vom 20 Jahre alten Studenten bis zum 70 Jahre alten Berufskapitän Soft Skills und Teamfähigkeit.
Die Argumentation, alle Flüchtlinge seien ohnehin nicht zu retten, sei kein Freibrief für unterlassene Hilfeleistung - deshalb will Neubauer sich weiter engagieren. " Seenotretter sind der Sanka des Meeres. Nach einer Massenkarambolage auf der A 9 sagt auch keiner: Wir fahren gar nicht erst los, weil es zu viele Verletzte gibt." Seitdem die NGOs nicht mehr aufs offene Mittelmeer dürften, seien allein im Juni 600 Flüchtlinge ertrunken - die Dunkelziffer liegt Neubauers Schätzungen zufolge viel höher. "Wenn sich nichts ändert, wird es im Juli noch viel schlimmer."
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Am Samstag, 18. August, berichtet Hannes Neubauer um 20 Uhr in seiner eigenen Taufkirche Sankt Veit in Wunsiedel über die Arbeit als Seenotrettungshelfer. Der Künstler zeigt auch Filmausschnitte und lädt das Publikum zur Diskussion ein.