Fichtelgebirge Wild löst warnende Lichtblitze aus

Rainer Maier
Auf den Strecken zwischen Röslau und Neudes (unser Bild) und zwischen Marktleuthen und Höchstädt wird das Wildwarn-System Animot erprobt. Foto: Rainer Maier

Auf zwei Teststrecken im Landkreis Wunsiedel sind seit Donnerstag neuartige Warngeräte im Einsatz. Mit gelbem Blinklicht alarmieren sie bei Gefahr die Autofahrer.

 
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Röslau - Bislang hat man das Wild gewarnt, das sich einer Straße näherte: Blaue Reflektoren an den Leitpfosten schickten Lichtblitze in den Wald oder auf die Wiese neben der Fahrbahn, sobald sie von den Scheinwerfern eines herannahenden Autos angestrahlt wurden. Die Methode hat nicht funktioniert. Stu-dien zeigen: Nach einem anfänglichen Abschreckungseffekt gewöhnen sich die Tiere an das Geblinker - und rennen unbeeindruckt weiter.

So funktioniert Animot

Der Wildwarner Animot arbeitet mit Wärmesensoren, die Lebewesen erkennen. Sie sind an den Leitpfosten am Straßenrand angebracht und scannen den Bereich neben der Straße im 27-Meter-Umkreis nach Bewegungen. Da die Pfosten immer fünfzig Meter voneinander entfernt stehen, überlappen sich die Scan-Bereiche von zwei mit Animot bestückten Pfosten um mehrere Meter. Es bleibt also keine Lücke, durch die ein Reh vom Wildwarner unerkannt auf die Straße laufen kann. Wird eine Bewegung erkannt, beginnt eine gelbe Warnleuchte am Leitpfosten zu blinken. Gleichzeitig werden die umliegenden Pfosten alarmiert, bis zu sechs Stück in beiden Fahrtrichtungen können blinken. Die Sensoren erkennen auch die Fortbewegungsrichtung des Wildes, das warnende Licht wandert also mit der Gefahr mit. Die Blinklichter sind rund um die Uhr geschaltet und auch bei Sonnenschein vom Autofahrer gut zu erkennen.

Seit Donnerstag versuchen es Verkehrssicherheitsexperten in die andere Richtung: Herannahendes Wild löst gelbe Warnleuchten aus, die Autofahrer sind dadurch alarmiert und können das Tempo ihres Wagens rechtzeitig reduzieren.

Vier Teststrecken mit dem neuartigen Animot-System sind am Donnerstag in Bayern in Betrieb gegangen. Zwei davon liegen im Landkreis Wunsiedel, die beiden anderen bei Schweinfurt und bei Erding. Animot warnt Autofahrer nun an der Staatsstraße 2176 zwischen Marktleuthen und Höchstädt auf 2,6 Kilometern Länge sowie an der Staatsstraße 2177 zwischen Röslau und Neudes auf 1,8 Kilometern Länge vor akuter Gefahr. Allein in diesen Streckenabschnitten hatten sich in den vergangenen sechs Jahren 118 Wildunfälle ereignet.

Der Wunsiedler Polizeichef Hubert Schricker sagte bei der offiziellen Inbetriebnahme in Röslau, die Zahl der Wildunfälle sei in den vergangenen Jahren extrem gestiegen, die mit Rehwild-Beteiligung sogar "explosionsartig". 2009 hatte die Polizei noch 55 000 Wildunfälle bundesweit gezählt, 2018 wies die Statistik bereits 76 000 aus.

Schon 2016 hatte die Polizei im Fichtelgebirge zusammen mit einem Dutzend anderer Stellen das Wildunfall-Forum ins Leben gerufen, um nach Möglichkeiten zu suchen, die Unfallzahlen wieder zu senken. Die vorbereitende Arbeit dieses Forums war ausschlaggebend, dass nun die Hälfte der Animot-Versuchsstrecken im Landkreis Wunsiedel angelegt wurden, wie Schricker sagte.

Verkehrssachbearbeiter Wolfgang Doleschal berichtete von einer extremen Häufung der Wildunfälle in den Monaten November, Dezember und Januar. Während andere Tierarten sogar seltener vor die Autokühler liefen, sei die Opferzahl unter den Rehen immer weiter gestiegen. Für das Jahr 2018 berichtete Doleschal von insgesamt 1023 Rehwild-Unfällen, fast 250 mehr als 2012. Besonders gefährlich seien die Morgen- und Abendstunden.

Animot-Geschäftsführer Robert Loder-Schranz erläuterte das mit Solarstrom betriebene System seiner Firma und betonte: "Unsere Sensorentechnik ist eine echte Innovation am Markt." Er lobte die gemeinschaftliche Arbeit aller Beteiligten am Wunsiedler Wildunfall-Forum als außergewöhnlich: "Ihnen ist es gelungen, sämtliche Interessen zu bündeln und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten."

Landrat Dr. Karl Döhler freute sich, dass die neue Technik im Kreis Wunsiedel ausprobiert wird. Er dankte allen, die das ermöglicht haben. Eine der Teststrecken gehöre zu seinem Weg zur Arbeit, sagte Döhler. Er werde genau beobachten, ob und wie das System funktioniert. Allein in den vergangenen Jahren sei er auf diesem Straßenabschnitt selbst zu vier Wildunfällen hinzugekommen.

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