Europäische Abschlüsse lassen sich nicht so einfach auf US-Diplome umschreiben. Die Amerikaner pochen auf ihre Regeln und Vorschriften, verlangen von Ausländern zwei schwere Eingangsprüfungen, ein Praktikum mit mindestens 2080 Arbeitsstunden und zwei Examina am Schluss, analog zu denen der US-Pharmazie-Studenten. "Das war - mal ganz abgesehen vom Lernen - ein enormer Aufwand", sagt Benker. Dokumente mussten übersetzt und beglaubigt werden, eine Unterkunft gefunden, ein Auto gemietet werden. Und allein die Gebühr für die Anmeldung zu einer Prüfung kostete mehr als tausend Dollar.
Wie kann ich das stemmen?, fragt sich die Frau aus dem Fichtelgebirge. Sie erwirbt das Apotheker-Diplom für die Schweiz, weil dort Apotheker besser verdienen als in Deutschland. Sie geht nach Zürich. Und sie spart. Die vorgeschriebenen Praktikumsstunden absolviert Franziska Benker in der Krankenhaus-Apotheke am Uni-Klinikum in Gainesville. "Das war fast ein Jahr. Ein Einkommen hatte ich als Praktikantin nicht. Aber enorme Ausgaben."
Dennoch: Die erneute Zeit in Florida ist spannend, weil Apotheker im Beruf dort andere Schwerpunkte setzen: "Man ist stärker in das Team mit Ärzten und Pflegepersonal eingebunden. Alle kümmern sich gemeinsam um das Wohlergehen des Patienten." Diese praxisorientierte Form einer klinisch angewandten Pharmazie kennt Benker aus Europa nicht. Die fertig ausgebildete Apothekerin kommt sich in Florida vor "wie ein Lehrling". Aber sie lernt, mit der größeren Kompetenz, mit den weiter reichenden Befugnissen und mit den neuen Freiheiten umzugehen. Sie macht die beiden Abschlussprüfungen und fährt zurück in die Schweiz, ohne zu wissen, ob sie bestanden hat. "Meine Lizenz kam dann einfach mit der Post", erzählt sie. Benker ist überglücklich: "Das war mein Traum. Und ich habe ihn verwirklicht." Wer an sich glaube und hart arbeite, der werde am Ende belohnt.
Zur Examensfeier fliegt sie wieder nach Florida. Typisch amerikanisch, mit Doktorhut und Wissenschaftler-Robe nimmt sie ihr Diplom entgegen. Franziska Benker aus Habnith im Fichtelgebirge ist Doctor of Pharmacy.
Derzeit ist sie wieder in Zürich. Doch das Abenteuer USA soll nicht beendet sein. Sie will in Amerika arbeiten. Also stürzt sie sich in den nächsten Papierkrieg. Job-Suche, Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis. "Ich brauche einen Arbeitgeber, der mich sponsert, nur dann habe ich die Chance auf ein Visum", sagt sie. Professor Derendorf, in den Staaten gut vernetzt, unterstüzt sie wieder.
Das Fichtelgebirge sieht Franziska Benker immer noch als Heimat, als "Gefühl im Herzen, wo man herkommt". Sie ist gerne zu Hause in Habnith bei den Eltern, bei den Geschwistern und Freunden. Aber ihre große Liebe ist nun mal Amerika. Sie ist zuversichtlich, dass es klappen wird mit einer Stelle in den USA.
Vielleicht verbringt sie ja das nächste Weihnachtsfest schon dort. "Dann muss ich wieder versuchen zu erklären, dass ich mal das Christkind war", sagt sie lachend. "Das gibt es ja drüben gar nicht. Da bringt der Weihnachtsmann, Santa Claus, die Geschenke. Und das auch erst am ersten Feiertag, nicht an Heiligabend." Wenn um sie herum dann alles in allen Farben blinkt und sich die Nachbarn mit Plastik-Weihnachtsdeko überbieten, wird sie erzählen, dass sie zu Hause in Deutschland mal für die Zeitung ihrer Heimat etwas ganz Besonderes war. "Ich sage nicht Christkind, sondern Weihnachtsengel. Dann verstehen die das."