Bad Alexandersbad "Vorsicht ist bei Doppelgängern geboten"

Pilzesammeln ist Übungssache, behauptet Willy Jackwert aus Alexandersbad. Im Interview gibt er Tipps zu Suche, Transport und Zubereitung.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bad Alexandersbad - Endet der Sommer, sprießen die Pilze wieder aus den Böden der Wälder. Willy Jackwert ist schon seit seiner Kindheit passionierter Sammler. Im Interview verrät der 82-Jährige, wie Neueinsteiger erfolgreich auf Beutezug gehen und wann der Genuss von Pilzen gefährlich werden kann.

Herr Jackwert, stimmt es, dass Pilze im Fichtelgebirge durch den Super-Gau von Tschernobyl immer noch strahlen?

Nicht nur Pilze, sondern auch Wildschweine, die sie fressen, sind durch das Unglück verstrahlt. Es gibt immer wieder Messungen, die die Belastung nachweisen. Maronenröhrlinge sind sehr begehrte Speisepilze in der Region. Jedoch speichern sie Cäsium 137, ein radioaktives Cäsium-Isotop, das gesundheitsschädigend ist, in ihrer braunen Huthaut. Deshalb empfehle ich, sie abzuschneiden. Abziehen kann man sie nicht.

Gibt es nach dem trockenen Sommer in dieser Saison weniger Pilze?

Pilze benötigen Wärme und Feuchtigkeit. Bleibt der Regen längere Zeit aus, wachsen auch keine. Deshalb spielt die Jahreszeit eine wichtige Rolle. Im Herbst ist Hauptsaison. Jedoch wachsen bestimmte Sorten auch das ganze Jahr über. Den Austern-Seitling habe ich zum Beispiel schon an Weihnachten mit nach Hause gebracht.

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man unbedingt am Morgen aufbrechen sollte ...

Das hat nicht damit zu tun, dass die Pilze früh aus der Erde schießen. Auch wer am Nachmittag schwammern geht, kann erfolgreich sein. Das gilt vor allem für erfahrene Sammler, die wissen, wo welche Sorten wachsen. Der einzige Grund, weshalb Sammler schon früh in beliebten Gebieten sein sollten, ist die Konkurrenz. Es gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Wie sollte man vorgehen, wenn man sich nicht sicher ist, ob ein Pilz giftig ist?

Grundsätzlich gilt, im Zweifel lieber weg damit. Wer vorhat, Pilze zu essen, muss sich zu 100 Prozent sicher sein, dass sie genießbar sind. Früher konnten sich unsichere Sammler in Apotheken beraten lassen. Mittlerweile gibt es viele preiswerte Fachbücher mit detaillierten Abbildungen und Beschreibungen, die Anhaltspunkte geben können. Ansonsten empfehle ich, sich an erfahrene Sammler zu wenden. Auch ich helfe gerne weiter. Jedoch berate ich nie am Telefon, das wäre zu unsicher. Besondere Vorsicht ist bei genießbaren und giftigen Doppelgängern geboten. Manchmal unterscheiden sie nur Kleinigkeiten. Beispielsweise ähneln sich Steinpilz und Gallenröhrling sehr. Wer beim Schwammern einen Fehlgriff macht, sollte die Pilze übrigens wieder so auf den Boden stellen, wie sie wachsen, nämlich mit der Kappe nach oben.

Weshalb?

Es ist für mich eine Unsitte, Pilze, die man auf den ersten Blick nicht erkennt, einfach umzustoßen und liegenzulassen. Denn Pilze verwandeln abgestorbene Pflanzen in wertvollen Humus und sind Teil einer Symbiose. Sie ermöglichen Pflanzen, Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen. Die Pflanzen wiederum ermöglichen den Pilzen, durch die Fotosynthese zu wachsen. Es ist ein Geben und Nehmen. Wird das Wurzelwerk - der größte Teil der Pilze - beschädigt, ist der Kreislauf gestört. Deshalb rate ich auch davon ab, Pilze aus dem Boden zu reißen oder zu drehen, sondern die Früchte unten am Stiel abzuschneiden.

Wie sollte man gesammelte Pilze transportieren?

Pilze sind empfindlich. Am besten eignen sich für ihren Transport deswegen luftdurchlässige Körbe oder offene Tragetaschen. Auf Plastiktüten sollte hingegen unbedingt verzichtet werden, da die Pilze in ihnen schwitzen und dadurch ungenießbar werden können.

Haben Sie Tipps für die Zubereitung?

Bevor die Pilze auf dem Herd weiterverarbeitet werden, sollten sie mit einem Messer gut gereinigt werden. Ich empfehle, sie nicht zu waschen oder in ein Wasserbad zu legen. Denn dadurch verwässert ihr Geschmack.

Darf man eigentlich so viele Pilze sammeln, wie man möchte?

Nein, erlaubt ist nur eine Haushaltsmenge, also nicht mehr als man selbst oder die Familie essen kann. Das ist im Naturschutzgesetz verankert. Mit einem Wäschekorb loszuziehen, ist verboten. Auf Flächen, die als Naturschutzgebiete deklariert sind, ist das Sammeln vollständig verboten. Übrigens sollte man auch Sorten mit hohem Seltenheitswert lieber stehen lassen, um sie zu schonen. Darunter fallen im Fichtelgebirge der Rothütige Steinpilz, der Kiefern-Steinpilz oder die Breitblättrige Glucke. Sie wächst vor allem in der Umgebung von Tannen und sieht aus wie eine abgeflachte weißlich-gelbe Kugel mit sehr groben Strukturen.

Autor

Bilder