Fridays for Future ist eine Jugendbewegung - weshalb rufen nun Erwachsene zu Demos auf?
Viele Erwachsene streiken am 20. September weltweit mit Jugendlichen für das Klima. In Selb mobilisiert Pfarrer Johannes Herold ein breites Bündnis.
Fridays for Future ist eine Jugendbewegung - weshalb rufen nun Erwachsene zu Demos auf?
Das Walter-Gropius-Gymnasium, eine Umweltschule, stehe der Thematik aufgeschlossen gegenüber, betont Schulleiterin Tabea-Stephanie Amtmann. Die Organisatoren dürften im Selber Gymnasium auch für ihren Streik werben. Schulleitung wie Schülermitverwaltung engagierten sich jedoch lieber bei konkreten Aktionen vor der Haustür, zum Beispiel gegen Elterntaxis und für die Umwandlung zur Fair-Trade-Schule. Trotzdem hätte sie am 20. September bei der Demo in Selb selbst gerne Flagge gezeigt, sagt Amtmann: Doch sie müsse zu einem Bauhaus-Staatsempfang. Selbstverständlich schicke sie aber einen Vertreter des Gymnasiums. "Es ist uns ein großes Anliegen, die Kirche zu unterstützen."
Bisher ist die Demo Church for Future in Selb die einzige im Kreis Wunsiedel, die für den 20. September angemeldet ist. Wie berichtet, folgen Greta Thunbergs Aufruf zum globalen Klimastreik an diesem Freitag weltweit Forscher, Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine sowie Umwelt-, Kultur- und Sozialverbände.
Es ist unserer Aufgabe, die Erde so weiterzugeben, dass die nächste Generation ebenfalls gut leben kann. Wenn die Jugend jetzt dafür demonstrieren muss, offenbart sich das Versagen bisheriger Generationen. Wichtig ist nun, viele Gruppen an den Klimademos zu beteiligen, um zu zeigen: Die Jugendlichen stehen mit ihren Forderungen nicht allein da, sondern es gibt eine nennenswerte Lobby - auch außerhalb eines links-grünen Großstadtmilieus.
Wer gehört zu dieser Lobby, die sich den Schülern anschließt?
Etliche wahlrelevante Gruppen: Neben Parents for Future und Scientists for Future gibt es inzwischen auch Church for Future. Diese Bewegung entstand im Frühjahr im Dekanat Schweinfurt, das evangelisch-lutherische Dekanat Selb hat sich angeschlossen. Auf unseren Internet-Seiten unterstützen wir Fridays for Future, also die Klimaschutz-Forderungen der Jugendlichen. Bei Church for Future war unser Dekanat zwar nicht das erste, aber immerhin bei den ersten. Denn diese Gruppierung ist noch nicht weit verbreitet.
Wer beteiligt sich in Selb an dem geplanten Klimastreik?
Was mich sehr freut: Neben Verantwortlichen des evangelisch-lutherischen Dekanats Selb sind auch Vertreter der katholischen Kirche dabei, wie Dekan Dr. Volker Pröbstl und der Pfarrer von Herz Jesu, Johann Klier. Der Leitungskreis der evangelischen Jugend will sich mit Diakon Jonas Strahl anschließen. Außerdem machen mit: der Ortsverband der SPD, der Kreis- und Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen, die ökologische Bildungsstätte Hohenberg, mit Udo Benker-Wienands, der BUND, der Verein "Zuflucht Selb" sowie der Bioladen Kornblume. Acht Redner werden bei der Kundgebung auf dem Martin-Luther-Platz sprechen.
Sind Schüler ebenfalls vertreten?
Ich habe lange darauf gewartet, dass in Selb Jugendliche für Fridays for Future auf die Straße gehen, wie in Marktredwitz und Wunsiedel. Dann fragte ich bei der Schülermitverwaltung des Walter-Gropius-Gymnasiums sowie bei der Schulleiterin nach und erfuhr, dass die Jugendlichen sich zwar aktiv für den Umweltschutz engagierten, aber keinen Streik organisieren wollten. Deshalb mache ich das jetzt - in der Hoffnung, dass sich viele Schüler beteiligen. Ich darf vorab Plakate und Flyer im Selber Gymnasium verteilen. Sprechen wird bei der Demo auf jeden Fall der Jugendliche Karl Benes vom Grünen-Kreisverband.
Um wie viel Uhr beginnt die Demo am Martin-Luther-Platz?
Zum Auftakt gibt es um 13.15 Uhr eine ökumenische Andacht in der Stadtkirche für die uns anvertraute Schöpfung, im Anschluss findet die Kundgebung für ein nachhaltiges Leben statt. Wir werben auf den Flyern unter dem Motto "Church for future - die Schöpfung bewahren" für den Klimastreik und fordern: "Es muss sich was ändern - in der Politik, in der Gesellschaft, in unserem Leben!"
Jugendliche, die teilnehmen möchten, müssen also nicht Schule schwänzen.
In diesen Konflikt wollte ich als Pfarrer niemanden stürzen, obwohl ich die Diskussion äußerst ungerecht finde. Denn mangelhafte politische Vorgaben führen dazu, dass viel Unterricht ausfällt - doch wenn Schüler sich für die Zukunft ihres Planeten interessieren, soll die Schule plötzlich wichtiger sein. Es ist sehr ärgerlich, wie hier argumentiert wird.
Ist Greta Thunberg ein Vorbild?
Sie ist sicher keine Heilige, aber eine 16-Jährige, die eine weltweite Bewegung ins Rollen gebracht hat. Und das ging nur mit Hilfe der Streiks. Mal ehrlich: Kein Arbeiter bekommt freiwillig mehr Geld - ohne Streiks geht es einfach nicht.
Warum organisiert in Selb ein Pfarrer die Klima-Demo?
Ich möchte weder eine politische Diskussion führen noch eine Jugendbewegung übernehmen, sondern ich demonstriere als Christ: Denn es gehört zum wesenhaften Auftrag meines Glaubens, die Umwelt zu schützen und die Schöpfung zu bewahren. Das steht gleich in den ersten beiden Kapiteln der Bibel. Obwohl dieser Inhalt zum Allgemeinwissen gehört, wird er von vielen nicht als ein Auftrag an die Menschheit verstanden.
Wofür sammeln Sie bei der Kundgebung Spendengelder?
Für die Klima-Kollekte. Mit den Spenden werden weltweit Umwelt-projekte wie zum Beispiel Aufforstungen gefördert, zum Beispiel in Asien oder Afrika - eben überall, wo die Lage sehr kritisch ist.
Warum findet die Demo in Selb denn am 20. September statt?
Wir haben einfach geschaut, wann weltweit die nächste große Aktion geplant ist und uns angeschlossen. Greta Thunberg ruft am 20. September zu einem globalen Streik auf, weil an diesem Tag das Klima-Kabinett in Berlin berät und zugleich in New York der UN-Klimagipfel vorbereitet wird.
Das Gespräch führte Brigitte Gschwendtner