Marktredwitz Roland Sommer bestimmt Verdi-Kurs mit

Auf Frank folgt Frank. Roland Sommer (Mitte) inmitten lebender Verdi-Geschichte: links der neue Vorsitzende Frank Werneke und rechts der nach 18 Jahren scheidende Frank Bsirske. Foto: pr

Der Marktredwitzer ist einer von zwei Delegierten der Region Oberfranken-Ost beim Bundeskongress der Gewerkschaft. Er erlebt einen historischen Moment.

 
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Marktredwitz - Nach der Kür die Pflicht. So lässt sich beschreiben, was Roland Sommer derzeit in Leipzig erlebt. Er ist einer von zwei Delegierten aus dem Bezirk Oberfranken-Ost beim Bundeskongress der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Der Leiter des Bauhofs und Personalratsvorsitzende der Stadt Marktredwitz ist eine ganze Woche lang wie rund tausend weitere Delegierte bei zahlreichen Entscheidungen gefragt. "Es ist schon ein Glücksfall, dass ich gleich bei meiner ersten Teilnahme am Bundeskongress einen historischen Moment miterleben durfte", sagt Sommer in einem Telefonat mit der Frankenpost. Tatsächlich ist es in der Geschichte der Gewerkschaft historisch: Nach 18 Jahren hat der Dauervorsitzende Frank Bsirske das Amt des Verdi-Chefs abgegeben. Zum neuen Vorsitzenden wählten die Delegierten - auch Roland Sommer - Frank Werneke, den bisherigen Stellvertreter.

Wie es der Zufall so wollte, lief der Marktredwitzer Bsirske und Werneke förmlich in die Hände. Nach einem kurzen Plausch bat Sommer sie um ein Foto. "Beide waren völlig nahbar und haben sich bereitwillig mit mir fotografieren lassen."

Ebenfalls nicht selbstverständlich ist es, live einer Rede des Bundespräsidenten Frank Steinmeier beizuwohnen. Das Staatsoberhaupt sprach zur Eröffnung des Kongresses zu den Gewerkschaftern. Auch mehrere Minister, etwa Arbeitsminister Hubertus Heil, treten bei dem Kongress vor die Delegierten.

Etwas weniger historisch ist das Kongress-Programm seit Mittwoch. "Wir müssen mehr als tausend Anträge durcharbeiten. Das heißt: Die Delegierten sind ab 9 Uhr in der Halle und tagen bis zum späten Abend - und das voll konzentriert." Viele der Anträge befassen sich mit Details der Gewerkschaftsarbeit, etwa mit der Formulierung von Satzungs-Texten. Manche betreffen allerdings die Zukunft der gesamten Arbeitnehmervertretung. So hat zum Beispiel die Gewerkschaft Verdi wie alle übrigen mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen. "Das ist allein schon durch die demografische Entwicklung bedingt. Die geburtenstarken Jahrgänge kommen schön langsam ins Rentenalter. Viele kündigen im Ruhestand ihre Gewerkschafts-Mitgliedschaft. Das finde ich schade", sagt Sommer. Auf der anderen Seite gebe es viele Eintritte, was zeige, dass die Arbeit der Gewerkschaft für die Arbeitnehmer bedeutend sei.

Als Vertreter des öffentlichen Dienstes blickt Sommer bereits auf die Tarifverhandlungen im kommenden Jahr. "Da stehen die Vorbereitungen an." Dabei geht es auch um Fragen des Renteneintritts. "Es ist kaum vorstellbar, dass zum Beispiel ein Müllwerker oder ein Straßenreiniger erst mit 67 Jahren in Rente geht. Das halten diese Beschäftigten körperlich nicht durch."

Entspannt hat sich laut Sommer - zumindest in seinem Bereich - das Problem der befristet Beschäftigten. "So viele Stellenausschreibungen wie derzeit hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Der Personalnotstand hat mittlerweile auch den öffentlichen Dienst erreicht. Daher stellen viele Arbeitgeber sofort unbefristet ein, um die Mitarbeiter an sich zu binden."

Die Verdi-Delegierten haben während der Woche viele wegweisende Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet für Sommer, dass er die Anträge genau studieren muss, bevor er dafür oder dagegen stimmt. Dabei geht es um komplizierte Materien wie Arbeitszeitregelungen, Rente oder digitale Arbeit. "Zu all diesen Fragen müssen wir uns als Gewerkschaft positionieren."

Die Unterbringung der Delegierten ist hervorragend, wie Sommer sagt. "Die Gewerkschaft hat alles geregelt, wir haben uns um nichts kümmern müssen." Noch bis Samstag rauchen die Köpfe der Delegierten. Für Sommer ist der Kongress eine interessante Erfahrung. "Es ist schon spannend, mitzuerleben, wie zum Beispiel die Gewerkschaftsvorsitzenden wirklich ticken. Ich muss sagen, sie sind wirklich super sympathisch und stehen zu allen Fragen Rede und Antwort."

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