Fichtelgebirge Auch im Ruhestand der Berufung treu

Silke Meier
Annemarie und Johannes Lindner freuen sich auf die neue Aufgabe in Mecklenburg-Vorpommern. Nach 20 Jahren im Fichtelgebirge und frisch im Ruhestand beginnt das Ehepaar in Serrahn noch einmal neu. Foto: Silke Meier

Pfarrer Johannes Lindner und seine Frau Annemarie ziehen nach Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern. Am Sonntag verabschieden sie sich.

 
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Röslau - "Es ist schon ein besonderer Schritt", sagt Annemarie Lindner an der liebevoll geschmückten Haustür. Diese rote Tür wird das Ehepaar Lindner am 29. September endgültig hinter sich zuziehen. Dann beginnt ein neuer Lebensabschnitt für das Paar, das 20 Jahre im Fichtelgebirge gelebt hat. Denn Pfarrer Johannes Lindner und seine Frau verlassen Röslau in Richtung Mecklenburgische Seenplatte.

Im Internet

Der Gottesdienst mit der Entpflichtung und Verabschiedung am Sonntag um 14 Uhr in Sankt Johannis in Röslau wird zeitversetzt auf der Homepage www.roeslau-
evangelisch.de zu sehen sein.


Annemarie Lindner war als Katechetin und Hauptschullehrerin tätig; Pfarrer Johannes Linder war acht Jahre in Röslau, zuvor zwölf Jahre in Schönwald im Dienst. Annemarie und Johannes Lindner gehen in den Ruhestand. So heißt das offiziell, wenn man von den Aufgaben entpflichtet wird. Dekan Peter Bauer wird die Lindners am Sonntag um 14 Uhr in Sankt Johannis in Röslau für den weiteren Lebensweg segnen.

Und der soll nach Mecklenburg-Vorpommern führen. Der Entschluss sei lange gereift und gemeinschaftlich getroffen worden. "Ich will im Ruhestand meiner Berufung treu bleiben und als Seelsorger und in der Verkündigung des Evangeliums tätig sein", betont Lindner. Täglich liest der Geistliche den Neukirchner Kalender. Wenn ihn Beiträge von Autoren ansprechen, kann es vorkommen, dass er diese anschreibt. So kam der Kontakt zu Pfarrer Uwe Holmer zustande. Holmer, mittlerweile über 90 Jahre alt, gewährte nach der Wende Erich Honecker in seinem Pfarrhaus Asyl. "Durch Holmer haben wir zu dieser Dorfgemeinschaft gefunden", berichtet Lindner.

Der Plan, im Ruhestand in einem der neuen Bundesländer mithelfen zu können und die Frohe Botschaft zu verkündigen, wurde konkret. Annemarie und Johannes Lindner nahmen Urlaub und besuchten das Dorf Serrahn und die Kirchengemeinde. "Wenn man in einer Gemeinde gut ankommt, dann wird diese auch zur Heimat", meint Lindner. Die Entkirchlichung in den neuen Bundesländern sei erschreckend. Laut Statistik gehören etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung einer Kirchengemeinde an. Die Kirche in Serrahn aber besuchten, vor Corona, am Sonntag 70, manchmal auch 80 Gottesdienstbesucher.

"Ich will auf keinen Fall wie der Besser-Wessi da ankommen", macht Lindner deutlich. Er wolle sich einbringen, wo er gebraucht werde. "Im Ruhestand bin ich frei, das zu tun, weswegen ich Pfarrer geworden bin: Seelsorge und Verkündigung des Evangeliums."

In DDR-Zeiten baute ein Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaft gemeinsam mit seiner Frau in einem leer stehenden Pfarrhaus direkt am See eine Tagesstätte für alkoholkranke Menschen auf. In den 1970er-Jahren war das in der DDR ein Novum, denn Suchtkranke gab es offiziell nicht. Alkohol aber tranken viele. Lindner schätzt, dass 2000 bis 3000 Menschen die Einrichtung bisher besuchten. Vielen konnte geholfen werden.

"Wir glauben, dass wir dort gebraucht werden, wo Menschen auf der Suche nach einem erfüllten Leben sind", sagt Johannes Lindner. Um sicherzugehen, erbat er vom dortigen Kirchenvorstand ein Votum. Der Kirchenvorstand beschloss, dass Lindners ehrenamtlich tätig werden können. Als dann die letzte Hürde genommen war, ein Haus zu finden, in dem auch Besucher sich wohlfühlen und bisherige Beziehungen gepflegt werden können, war der Weg frei. Serrahn liegt am Krakower See in der Mecklenburgischen Seenplatte. Vom neuen Haus und dem Ferienbungalow aus kann man den See sehen. "Mit dem Fahrrad sind es drei Minuten zu fahren", freut sich Lindner. Viele Radwege gebe es, wenig Tourismus und alle Hände voll zu tun.

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