Fichtelgebirge Landkreis Wunsiedel kurz vor der roten Ampel

Eine Frau, die einen Mund-Nasen-Schutz trägt, an einem Hinweis mit der Aufschrift "Bitte beachten Sie die Maskenpflicht" vorbei. Foto: Arne Dedert/dpa/Archiv

Wieder steigen die Corona-Zahlen. Aktuell liegt der Sieben-Tage-Wert bei 45,4. Das hat Folgen für das öffentliche Leben.

 
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Wunsiedel - Mehrere Corona-Infizierte nach einer privaten Feier, einer nach dem Fußballtraining und wieder einer in einer Schulklasse. Fälle wie diese sind für die Mitarbeiter des Wunsiedler Gesundheitsamtes mittlerweile wieder bedrückender Alltag. Die Pandemie ist mit Macht im Landkreis Wunsiedel zurück. Am Montagabend lag die Sieben-Tages-Inzidenz bei 45,4, gut möglich, dass sie am heutigen Dienstag schon die 50er-Schwelle überschreitet. Erneut meldete das Landratsamt sechs weitere Infizierte. Insgesamt sind derzeit (Stand, Montag, 17 Uhr) 49 Menschen am Corona-Virus erkrankt.

Traurige Spitzenstellung

Der Landkreis Wunsiedel liegt laut Robert-Koch-Institut an dritter Stelle der Kreise mit den seit März Infizierten pro 100.000 Einwohnern (an der traurigen Spitze liegt Tirschenreuth). Gesundheitsamts-Leiter Dr. Gerhard Fleißner hält die derzeitige Lage für sehr problematisch, allein wegen der Nähe zu Tirschenreuth und vor allem der Tschechischen Republik. Er vermutet, dass sich Deutschland in den kommenden Wochen auf stark steigende Infektionszahlen einstellen muss.

Der Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Gerhard Fleißner, nimmt angesichts der Lage kein Blatt vor den Mund: "Wir haben ein diffuses Infektionsgeschehen und sind froh, momentan die Kontaktverfolgung noch so halbwegs hinzubekommen. Das wird uns bei weiter steigenden Fallzahlen zunehmend Probleme machen, weil wir personell nicht vorbereitet sind."

In der Kreisausschusssitzung am Montagabend stand Corona - wieder mal - im Mittelpunkt. Und dabei räumte Fleißner mit so manchem Vorurteil auf. Etwa dem, dass sich in der zweiten Welle nur jüngere Menschen infizieren, deren Immunsystem mit dem Corona-Virus besser zurechtkommt. Das traf bis vor einigen Tagen tatsächlich zu. Doch eine nach Altersgruppen aufgeschlüsselte Grafik zeigte deutlich, dass mittlerweile die Fallzahlen auch der 80-Jährigen und Älteren sprunghaft in die Höhe schnellen. Noch ist das Wachstum der Infektionszahlen nicht exponentiell, aber kurz davor. Bei einem exponentiellen Wachstum steigen die Fälle zum Beispiel von zwei auf vier, dann auf acht, 16, 32 und so weiter - wie im Frühjahr,.

Die Arbeit von Dr. Fleißner und seinen Kollegen gleicht zuweilen der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wichtig ist nach Ansicht der Experten, die sogenannten Superspreader herauszufiltern. "Nicht jeder Infizierte ist gleich ansteckend. Unter zehn sind es vielleicht zwei, aber diese beiden stecken dann jeweils gleich acht bis zehn weitere Menschen an", erläuterte Fleißner. Eben deshalb sei es so wichtig, Supespreader-Events zu vermeiden. "Denn bei Superpreader-Events entstehen regelrechte Infektions-Cluster. Und wenn diese mit anderen Clustern in Verbindung kommen, wird es richtig schlimm."

Im Landkreis Wunsiedel gelten daher neuere, strengere Corona-Regeln, die denen des Freistaates Bayern (siehe Grafik-Bild, gelbe Farbe) entsprechen. Die Entscheider des Landratsamtes werden nun zusammen mit den Bürgermeistern bestimmen, in welchen Straßen und Plätzen die erweiterte Maskenpflicht gilt. Landrat Peter Berek kann sich gut vorstellen, dass dazu die Marktredwitzer Fußgängerzone gehört.

Eine wahre Herkules-Aufgabe leisten seit Monaten auch die Pädagogen in den Schulen. Schulamtsleiter Günter Tauber sagte in der Sitzung, dass der Landkreis den Präsenzunterricht möglichst beibehalten will. "Dieser ist für die Kinder eindeutig die beste Art des Unterrichts." Doch dafür müssten die Schulen Enormes leisten. Dies fange um 7.30 Uhr mit dem Abholen der Kinder vor der Schule an. Seit diesem Schuljahr seien die Lehrerzimmer durchgehend verwaist. "Die Lehrer sind während des gesamten Tages bei ihren Klassen, um eine Durchmischung der Klassen zu verhindern." In vielen Schulhöfen gebe es streng begrenzte Zonen für jede Jahrgangsstufe und Klasse. Vor den Toiletten seien Wartelinien gezeichnet, damit nur ein einzelner Schüler ins WC gelange. Und auf den Gängen weisen aufgeklebte Linien den Schülern den Weg, den sie nicht verlassen dürfen.

Offenbar ist das strenge Reglement erfolgreich. Zumindest interpretiert Tauber die momentan "nur" neun Infektionen unter mehr als 9097 Schülern im Landkreis so. An folgenden Schulen gibt es derzeit je einen infizierten Schüler (in Klammern die sich jeweils in Quarantäne befindenden Schüler und Lehrer):

Realschule Selb , 9. Jahrgangsstufe, (23 Schüler, 1 Lehrer),

Luitpold-Grundschule Selb , 2. Jahrgangsstufe, (20 Schüler, 4 Lehrer),

Grundschule Marktredwitz , 1. Jahrgangsstufe, (33 Schüler, 3 Lehrer),

Grundschule Marktredwitz 4. Jahrgangsstufe, (19 Schüler, 2 Lehrer),

Jean-Paul-Grundschule Wunsiedel , 3. Jahrgangsstufe, (29 Schüler, 2 Lehrer),

Grundschule Röslau , 3. Jahrgangsstufe, (16 Schüler und 2 Lehrer),

Gymnasium Selb , 7. Jahrgangsstufe (40 Schüler, 10 Lehrer),

Mittelschule Marktredwitz , 6. Jahrgangsstufe, (32 Schüler, 7 Lehrer),

Grundschule Thiersheim , 3./4. Jahrgangsstufe (20 Schüler, 2 Lehrer).

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