Marktleuthen/Fichtelberg Die Mischung macht's

, Martin Hertel

Waldbesitzer der Region informieren sich vor Ort über Waldumbau in Zeiten des Klimawandels. Die Natur hat viele gute Beispiele dafür.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Marktleuthen/Fichtelberg - Nieselregen. Sechs Grad. Nebel auf den Fichtelgebirgshöhen. Pflanzwetter. Es sind kaum Wanderer oder Mountainbiker unterwegs. Wenn die meisten Menschen lieber daheim in der warmen Stube bleiben, ist für die Forstwirte Hochsaison. Trotz oder auch wegen der Witterung hat vor wenigen Tagen Martin Schöffel, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Beirats bei den Bayerischen Staatsforsten, den Forstbetrieb Fichtelberg, die Forstwirte besucht. Aus erster Hand wolle er sich informieren über den Waldumbau hin zu Wäldern, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen.

Anmeldung

Beim nächsten waldfachlichen

Außentermin am Freitag, 6. November, um 13 Uhr bei Grafenreuth geht es um Jagd und Waldumbau. Anmeldung unter Telefon 09232/915880 bei der WBV Wunsiedel.

Bayernweit pflanzen die Bayerischen Staatsforsten zusätzlich zu den "normalen" fünf Millionen Setzlingen eine Million weitere Forstpflanzen, um die Wälder vielfältig, gemischt und zukunftssicher zu machen. Der Bayerische Landtag stellt den Bayerischen Staatsforsten für diese zusätzlichen Bäume auch zusätzliches Geld zur Verfügung.

"Gerade jetzt im Herbst sieht man das Wirken der Förster, wenn überall die bunten Laubbäume aus dem Fichtenwald herausleuchten", lobt Martin Schöffel das Engagement der Staatsforsten im Fichtelgebirge. "Sie schaffen stabile Wälder für die Zukunft des Fichtelgebirges! Ich hoffe sehr, dass diese gemischten Bestände dem veränderten Klima besser trotzen können." Ausdrücklich hob er das Vier-Baumarten-Konzept der Bayerischen Staatsforsten hervor. Danach soll in allen Waldbeständen eine Mischung aus mindestens vier Baumarten vertreten sein, die einen stabilen und zukunftsfähigen Wald sicherstellen.

Nicht nur mit heimischen Baumarten wollen die Förster die Wälder anreichern, sie testen auch neue Arten. Arten, die heute in Regionen vorkommen, die ein Klima aufweisen, auf das wir uns langfristig auch in Mitteleuropa einstellen müssen. Zum Beispiel die Atlaszeder, eine Nadelbaumart aus den Gebirgen Nordafrikas. Sie kommt mit Trockenheit gut zurecht, kann sowohl Hitze als auch Kälte ertragen und hat ein widerstandsfähiges, dauerhaftes Holz. Im Rahmen eines Anbauversuchs werden an mehreren Orten im Fichtelgebirge kleine Zedern-Setzlinge gepflanzt, um zu untersuchen, wie sie mit den hiesigen Verhältnissen zurechtkommen. An einem Pflanzort bei Goldkronach legte Landtagsabgeordneter Schöffel selbst Hand an und pflanzte einige kleine Zedern.

"Wir schaffen so ein Grundgerüst an klimatisch widerstandsfähigen Baumarten für vielfältige und stabile Zukunftswälder", bekräftigt Winfried Pfahler, Leiter des Forstbetriebs Fichtelberg. "Denn auch unsere Kinder und Enkel sollen noch unseren Fichtelgebirgswald genießen können."

Einige Kilometer weiter westlich. Beim Außentermin zum Thema "Wald im Umbruch", zu dem die Waldbesitzervereinigung (WBV) Sechsämterland eingeladen hat, zeigen Victor Clauss vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und WBV-Geschäftsführer Benedict Michel gelungene Beispiele für "Waldumbau in Zeiten des Klimawandels". Die gibt es bereits im Fichtelgebirge.

Wie die Natur Kahlflächen neu besiedelt und wie Menschen durch Pflanzung den Bewuchs gezielt gesteuert haben, erläuterten die beiden Forstfachleute der Gruppe interessierter Waldbesitzer an verschiedenen Waldstücken im "Pfaffenwald" bei Marktleuthen. Förster Victor Clauss verficht dabei die sogenannte Naturverjüngung: "Was die Natur frei Haus liefert, ist hundert Mal stabiler als das, was wir Menschen pflanzen!"

Bei der ersten Station, an der laut Clauss "tausend Festmeter Käferholz" entnommen wurde, haben sich Ahorn, Birke, Eiche, Kiefer und Fichte von selbst angesiedelt. Bei genügend Licht, ohne die schneller wachsenden Fichten, "machen die Eichen nahezu Sätze!", bestätigt einer der anwesenden Waldbesitzer die These des Försters.

Junge Bäume brauchen Schutz und Pflege. Clauss rät dabei von Aktionismus ab: "Die Natur regelt das meist von selber". Nachbarbäume und Deckerpflanzen schützen den Boden vor Austrocknung, Drahthosen halten das Wild vom Verbeißen ab. Viel mehr ist nicht notwendig. "Man sollte die Eingriffe minimieren, um mit möglichst wenig Arbeit ein optimales Ergebnis zu erzielen", so der Förster.

Wie mit gezielter Pflanzung ein bunter Mischwald entsteht, lässt sich am "Winterlings-Garten" erkennen. Auf der Fläche war in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ein großes Erholungsheim mit Park geplant. Heute ist es ein streng geschütztes FFH-Gebiet mit zahlreichen Baum- und seltenen Tierarten. "Ein Kleinod" sei das rund sechs Hektar umfassende Areal, erklärt Benedict Michel, das vom jetzigen Eigentümer im Sinne des Naturschutzes gepflegt werde. Birken, Buchen, Douglasien, Kirschen, Lärchen, Ulmen und sogar nordamerikanische Stroben, die auch Weymouthskiefer oder Seidenkiefer genannt werden, bilden dort einen vielfältigen und stabilen Lebensraum, und bereichern mit ihren Samen die Nachbar-Waldgrundstücke.

Auf die Frage, welche Baumarten sich angesichts des Klimawandels für die Wälder der Region am besten eignen, wollen die Waldfachleute sich nicht festnageln lassen: Vielmehr ermutigen sie zur Experimentierfreude: "Einfach mal was ausprobieren." Wald sei eine Generationen-Angelegenheit. Aber niemand wisse, wie es in 100 Jahren bei uns aussehe, auch die Forscher nicht. Deshalb empfiehlt Victor Clauss, über verschiedene Baumarten das Risiko zu streuen. "Warum nicht auch mit Exoten wie Esskastanie oder Zeder? Halt nicht gleich hektarweise." Jeder Wald sei so individuell wie sein Eigentümer und dessen Vorlieben. "Es gibt keine Standardlösungen!" Hauptsache kein Reinbestand, eine gute Mischung mache den Wald stabil und zukunftsfähig.

Autor

Bilder