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Hof Auswahlkriterien sind gefragt

Susanna Brogi
Auswahlkriterien sind gefragt Quelle: Unbekannt

In einem Gastbeitrag erläutert Dr. Susanna Brogi, die Leiterin des Deutschen Kunstarchivs am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, ihre Sicht der Dinge.

 
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Die Vielzahl nicht nur landes- und bundesweiter Ansätze, sondern auch internationaler, privater und kommerzieller Initiativen zur Bewahrung künstlerischer Nachlässe ist kaum zu überblicken. Diese Heterogenität ist ein Indikator sowohl für die Dringlichkeit des Anliegens als auch für die Unmöglichkeit einer angemessenen ausführlichen Antwort. Zur enormen Quantität (und buchstäblichen Größe) bildkünstlerischer Äußerungen, die stets mit Blick auf personelle, räumliche und monetäre Ausstattung ins Spiel gebracht werden, tritt die Vielgestaltigkeit ihrer Materialität. Selbst Archive wie das DKA, die sich auf die Bewahrung schriftlicher Nachlässe fokussieren, kennen die konservatorischen Herausforderungen audiovisueller und elektronischer Medien nur allzu gut.

Gut zu wissen

Das Deutsche Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg ist das größte Archiv für schriftliche Vor- und Nachlässe zur Kunst und Kultur im deutschsprachigen Raum. Es umfasst etwa 1400 Bestände vom 19. Jahrhundert bis heute, die sich über 2,8 Regalkilometer erstrecken.

Der Schwerpunkt liegt auf schriftlichem Archivgut wie persönlichen Dokumenten, Korrespondenzen und Unterlagen zum beruflichen und künstlerischen Leben von Malern, Bildhauern, Grafikern, Fotografen, Architekten, Kunstsammlern und Kunstinstitutionen.

Darüber hinaus gehören Drucksachen und Zeitungsausschnitte zum Sammlungsgebiet des Archivs. Susanna Brogi ist seit 2018

Leiterin des Deutschen Kunstarchivs im mittelfränkischen Nürnberg. red


D ie Vorstellung, dass sich von den Kunstschaffenden selbst ein künstlerischer Kernbestand definieren ließe, klingt verlockend, doch würde damit vor allem die Verantwortung der Auswahl weitergereicht. Allein beim Beobachten der letzten Jahrzehnte kunstgeschichtlicher und bildwissenschaftlicher Fragestellungen und sich wandelnder Ausstellungsthemen und -praktiken keimen Zweifel an der Nachhaltigkeit solcher Setzungen auf.

Nein, aus diversen Gründen kann und sollte nicht alles aufbewahrt werden. Aber der Individualität der Werke gemäß benötigen Auswahlkriterien ein gewisses Maß an Flexibilität. Selbst unter Zeitdruck sollten Entscheidungen nicht im Alleingang getroffen werden. Noch die sorgfältigste Dokumentation von Überlieferungszusammenhängen ist kein Ausweg, sondern nur ein Schritt, um den auserwählten - und den fallengelassenen - Arbeiten zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen und Entscheidungen transparent zu halten. Leichtere Auffindbarkeit und virtuelle Zugänglichkeit müssen an Bedeutung gewinnen, damit die in Depots verwahrte Kunst nicht dem Vergessen anheimfällt. Denn dann würde sie sich schnell aufgrund struktureller Unzulänglichkeiten den Vorwurf des reinen Selbstzwecks gefallen lassen müssen.

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