Hof Der Krimi um Wildschwein Ludwig

Silke Meier
Michael Feiler mit seinem Wildschwein Ludwig: Das handzahme Tier mag am liebsten alte Schokolade und trinkt literweise Milch. Die Begegnung mit den Einbrechern konnte ihm nichts anhaben. Foto: Silke Meier

Das handzahme Tier gerät in Schwarzenbach an der Saale durch Zufall in ein Verbrechen. Erst suchen Einbrecher sein Gehege heim, dann plündern sie eine Tankstelle.

 
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Schwarzenbach an der Saale - Ludwig hat Schwein gehabt. Friedlich lebt der einjährige Keiler in einem Gehege am Ortsrand von Schwarzenbach an der Saale. Der Kastanienbaum auf dem eingezäunten Gelände beginnt zu blühen. Gebüsch, Holz, ein Fußball und umgewühlte Erde sind das Umfeld, in dem sich Wildschwein Ludwig wohlfühlt. Seine direkten Nachbarn sind Tauben, die gurren und das Anwesen so romantisch prägen, wie man es sich nach diesen Zeilen vorstellen mag.

Täter schlagen in den frühen Morgenstunden zu

Wie die Pressestelle der Polizei in Oberfranken mitteilt, verschafften sich die Täter in der Nacht von vergangenem Samstag auf Sonntag zwischen 2.30 und 6.30 Uhr mit Gewalt Zugang zu dem Gebäude in der Industriestraße. Sie entwendeten einen Tresor mit Bargeld sowie Zigaretten im Wert eines niedrigen fünfstelligen Betrages. Der ausgeräumte Tresor wurde mittlerweile, etwa 100 Meter vom Tatort entfernt, gefunden und wird derzeit von der Kripo spurentechnisch untersucht.

Weiterhin bittet die Kripo Hof (Telefon 09281/7040) um Mithilfe aus der Bevölkerung. Gesucht wird nach zwei Unbekannten, etwa 1,70 Meter groß, bekleidet mit schwarzen Sweatshirtjacken mit Kapuze, über den Kopf gezogen, und dunklen Hosen. Die Polizei bittet um Hinweise zu verdächtigen Personen oder Fahrzeugen, am Sonntagmorgen zwischen 2.30 und 6.30 Uhr in der Industriestraße sowie im Bereich des Umspannwerkes.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag aber zogen Einbrecher durch das Wildschweingehege. Räuber, die in die benachbarte Tankstelle einbrachen (wir berichteten), schnitten den Zaun zu Ludwig auf der Seite zur Straße hin auf. Und weiter hinten, Richtung Tankstelle, dann noch einmal. Ludwig blieb unbeeindruckt, schließlich ist er Menschen gewohnt und in einem Wohnzimmer aufgewachsen.

Schon einmal hat Ludwig großes Glück gehabt. Nach einem Wildunfall musste eine verunglückte Bache vom Jäger aufgebrochen werden. Zwei Frischlinge waren in ihrem Leib, einer war Ludwig. Er überlebte und wurde von der Tierrettung, einer Tierärztin aus Selb, in Obhut genommen. Als er zu groß für ein Wohnzimmer wurde und am Mobiliar immer mehr Schaden anrichtete, suchte die Ärztin eine neue Bleibe für ihn. Und als Michael Feiler mit seinen Hunden einen Tierarzttermin in Selb wahrnahm, hörte er von Ludwig. "Wir waren Freunde auf den ersten Blick", erinnert sich Feiler an die erste Begegnung mit dem Wildtier. Feiler erzählt, der Keiler sei kastriert gewesen, deshalb wollte ihn niemand. "Ich hatte ein sinnloses Grundstück, das war Ludwigs Chance, ihn zu halten."

Das freie Gelände zwischen Taubenschlag und Werkstatt habe sich angeboten, also nahm er Ludwig bei sich auf. Drei Liter Milch pro Tag säuft Ludwig, frisst Schokoladenosterhasen und bevorzugt Mon
Cherie. "Der wurde in Selb ziemlich verwöhnt", lacht Feiler und streichelt Ludwig, der sich verhält wie ein zahmer Hund. Mit jedem geht er mit, zu jedem ist er freundlich. Manchmal zieht er mit seinem Rüssel die Schuhbänder auf, sucht in Hosen-
taschen nach Süßigkeiten und
"saut" natürlich die Klamotten seiner Besucher ein.

Am frühen Sonntagmorgen, als der Besitzer der Tankstelle nach dem Rechten sehen wollte, fand er Ludwig bei den Zapfsäulen. Er war entwischt durch das Loch, das die Einbrecher in den Zaun geschnitten hatten. "Das hätte für Ludwig gefährlich werden können", berichtet Feiler. Aber, er hat Glück gehabt und ging brav mit zur Haustür seines Herrchens. Gegen sechs Uhr morgens klingelte es Sturm bei Familie Feiler. "Ich machte auf, und da stand der Nachbar mit seinem Hund und dem Ludwig vor der Tür", fasst er kurz zusammen, und "für die Kripo war das natürlich gut, die konnten den Spuren nachgehen." Der Fluchtweg der Einbrecher war enttarnt. Eine Vorsichtsmaßnahme, um Ludwig besser zu schützen, könnte ein zweiter Zaun sein, überlegt Feiler. Ludwig stellt sich derweil auf, grunzt über die Eingrenzung und schnappt nach dem Schreibblock. "Der will spielen wie ein Hund, nur ein bisschen grober", meint sein Besitzer.

In Schwarzenbach, auf dem Gelände nahe der B 289, ist Ludwig ein guter Bekannter. Autos halten an, Fahrer und Beifahrer schauen nach Ludwig, lachen und fahren weiter. "Ich sag immer, am besten alte Schokolade mitbringen, die frisst er am liebsten", nennt Feiler die Leibspeise des Wildschweins, streicht ihm über die Borsten und zupft Unterwolle heraus. "Da schaun's", sagt er, "ihm geht die Unterwolle aus. Bald wird's richtig Sommer." Dann findet Ludwig Schatten unter dem Kastanienbaum. Bei Wind und Wetter sucht der Keiler Unterschlupf in einer Holzhütte, in ländlicher Idylle, gleich neben den Tauben.

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