Hof Die Essenstester

Gerichte aus Lokalen in der Region wie (von links oben) Iberico Schweinerücken, Pizza, Spanferkel, Grillpfanne mit Salzkartoffeln und Kalbsleber mit Kartoffelpüree - präsentieren junge Hofer mit Fotos und Bewertungen im Internet. Jetzt haben sie ihr Engagement erweitert und ein Essensportal für lokale Restaurants, Bars und Cafés gegründet. Fotos: Essensportal.de Quelle: Unbekannt

Vier junge Männer üben Gastro-Kritik im Internet. Jetzt haben sie ein Portal für Lokale in Hof und Umgebung gegründet.

 
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Hof - Miran Frisch und Artem Skljar lieben Pasta, Gegrilltes und Salate. Am liebsten schlemmen sie in den Lokalen in Hof und Umgebung. Und das nicht ohne Hintergedanken: Die Gerichte präsentieren und bewerten sie im Internet. Rund 2700 Menschen haben "die Essenstester" auf Facebook bereits abonniert. Der Erfolg auf Facebook hat die vier Freunde nun dazu veranlasst, auch ein Portal - Essensportal.de - für Lokale in Hof und Umgebung zu gründen.

"Wir haben auf dieser Internetseite aktuell 70 Anmeldungen und 200 Besucher am Tag", erzählt der 26-jährige Artem Skljar bei einem Treffen in einem Hofer Café. Restaurants, Bars, Imbisse, Cafés und Eisdielen dürfen auf der Homepage kostenlos ein Profil anlegen, sich mit appetitlichen Fotos und Beschreibungen darstellen und auf die Besonderheiten ihres Lokals hinweisen: zum Beispiel, ob es für größere Gruppen geeignet ist, Essen für Vegetarier anbietet oder über eine Terrasse verfügt. Auch aktuelle Angebote oder Specials - wie etwa Spargelwochen - können sie dort angeben.

Der hungrige Nutzer des Portals hat leichtes Spiel: Er geht auf die bilderreich gestaltete Homepage und wählt unter den Kategorien "Restaurants", "Bars" oder "Cafés". Auf der Übersichtsseite mit den verschiedenen kulinarischen Richtungen holt er sich Inspiration und gelangt mit einem Klick auf eine Seite mit den Restaurants und kann in den Infos stöbern. Dazu gibt es einen Umgebungsplan, auf dem die Restaurants verzeichnet sind.

Das Portal betreiben die Freunde - aktuell zumindest - nach eigenen Angaben unentgeltlich. "Wir machen das aus Leidenschaft, weil wir gern essen", sagt Skljar. Auch das Essen bekämen sie nicht umsonst serviert. "Außerdem kündigen wir es nicht an, dass wir eine Bewertung ins Internet stellen." Wenn das Portal in Zukunft genug Besucher haben sollte, wollen sie damit Geld auch verdienen.

Vor etwa zwei Jahren begannen Artem und Miran zunächst mit der Facebook-Seite, die sie "Die Essenstester" nannten. Sie holten Emir Dzenanovic aus Bayreuth, Timon Kraus aus Hof und weitere Freunde mit ins Boot. Seitdem teilen sie Fotos von Hamburgern, Penne, gebackener Ente, Schnitzel, Pizza und Tacos. Dazu gibt es jeweils eine kurze Beschreibung der Speise, des Ambientes und des Services sowie eine Preisangabe.

"In der Regel vergeben wir keine schlechten Bewertungen", sagt der 26-jährige Miran Frisch. "Denn Geschmäcker sind verschieden, und wir wollen niemanden schlecht machen. Aber wenn etwas wirklich schief läuft, weisen wir schon darauf hin." In Kommentaren zu den Beiträgen dürfen auch die Abonnenten ihre eigenen Kritiken loswerden. "Und die haben auch manchmal eine andere Meinung als wir."

Fast täglich zur Mittagszeit posten sie einen Beitrag. "Die Regelmäßigkeit ist wichtig für den Erfolg", erklärt Miran Frisch. Mit der Zeit wurde die Facebook-Seite immer beliebter, immer mehr Abonnenten schlossen sich an. Deshalb beschlossen sie nun, das Angebot um das Essensportal zu erweitern, auf dem sich auch die Lokale selbst präsentieren dürfen. Die Facebook-Seite und das Portal sind dabei miteinander verlinkt.

Die Macher der Facebook-Seite und des Portals sind vom Fach: Miran Frisch hat in Hof BWL studiert und ist auf der Suche nach einem Job im Marketing und Vertrieb, Artem befindet sich noch im BWL-Studium. Timon Kraus ist Mediengestalter und kümmert sich um das Design der Homepage.

Damit greifen die vier jungen Männer einen Trend auf, der zwar nicht neu ist, aber seit Jahren anhält: Essen als Zeitgeistphänomen und als Lifestyle. Deshalb finden sich in den sozialen Medien Millionen Bilder von kunstvoll inszenierten Speisen und Getränken. Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Yougov im Jahr 2016 haben zwei von drei Deutschen ihr Essen fotografiert - und jeder Vierte davon hat das Bild in einem sozialen Netzwerk gepostet.

Beliebtestes Foto-Motiv ist dabei in allen Altersgruppen Selbstgekochtes. 44 Prozent bewerteten Essen aus einem Restaurant oder einer Imbissbude positiv. Lediglich acht Prozent haben schon einmal einen Missstand dokumentiert.

In diesem "Foodporn-Wahn" sehen viele Soziologen und Trendforscher vor allem eine Form der Selbstdarstellung. Der Restaurant-Besuch diene demnach zunehmend nicht mehr dem Genuss, sondern der Selbstinszenierung. Es gehe um die Darstellung eines bewussten Lebenswandels, das Essen verweise auf ein Bekenntnis zum Genuss und sage sogar etwas über den sozialen Status des Urhebers aus.

Die "Essens-Tester" bekennen sich auf jeden Fall zum Genuss. Auf ihren Streifzügen durch die lokale kulinarische Szene haben sie ihren einst engen Horizont erweitert: "Früher sind wir immer wieder ins selbe Lokal gegangen. Jetzt probieren wir lieber etwas Neues aus", sagt Miran Frisch. Und er hat festgestellt: "Für Menschen, die gern essen gehen, gibt es bei uns viel zu entdecken."

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