Hof Dreimal so viele Tiere: Kitzrettung Oberfranken zieht Bilanz

Die Saison für die Bambi- Helfer ist vorbei. Britta Engelhardt, Vorsitzende der Kitzrettung Oberfranken, zieht Bilanz. Und die fällt überraschend aus.

 
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Frau Engelhardt, was war der spannendste Einsatz der Saison?

Jedes Mal, wenn wir ein Kitz retten, bekomme ich Gänsehaut. Aber ein paar Aktionen sind mir in Erinnerung geblieben: Einmal hat eine Geiß ganz in der Nähe darauf gewartet, während wir ihr Kitz aus der Wiese holten. Die zwei sind dann zusammen auf und davon. Bei einem anderen Einsatz früh an einem nebligen Morgen, als wir mit einer Drohne unterwegs waren, raschelte es hinter uns. Wir drehten uns um und sahen vier große Ohren aus dem Gras spitzen. Zwei Kitze beobachteten uns bei unserer Rettungsaktion. Das war schon sehr goldig.

Wie viele Kitze haben Sie denn insgesamt gerettet?

Das waren 184. Im vergangenen Jahr waren es 60.

Wie kommt es zu dieser Steigerung?

Wir werden jetzt viel öfter gerufen, weil unsere Arbeit über die sozialen Medien und Zeitungsberichte bekannter geworden ist. Es kommen immer mehr Anfragen von Jägern und Landwirten, die uns kurz vor der Mahd kontaktieren.

Wann war die heiße Phase?

Von Anfang Mai bis Ende Juni setzen die Geißen die Kitze ins Gras. Das ist auch die Phase, in der wir aktiv sind, weil sich die Setz-Zeit der Frischlinge mit den Mahd-Terminen überschneidet.

Wie oft waren sie unterwegs?

112 Mal, im Vorjahr 33. Allein im Landkreis Hof haben wir 31 Einsatzgebiete. Wir waren auch in den Landkreisen Bayreuth, Kulmbach und Wunsiedel unterwegs.

Haben Sie auch andere Tiere gerettet?

Wir haben öfters Feldhasen aus der Wiese gescheucht. Einmal waren zwei ganz junge dabei, die haben wir dann in der Box aus dem Gefahrenbereich gebracht. Der Einsatz fand übrigens bei Bauer Bruno und Anja in Trogenau statt.

Haben Sie auch mehr Helfer?

Nein, die Zahl der Helfer ist gleich geblieben. Da wir immer mehr zu tun haben, brauchen wir in Zukunft noch mehr Helfer.

Wie viele sind es derzeit?

In unserer Whatsapp-Gruppe sind 150 Helfer aktiv, wir machen aber auch Aufrufe über Facebook. Da die Einsätze kurzfristig geplant werden - manchmal nur wenige Stunden vorher - können wir nicht abschätzen, wie viele Helfer kommen. Im Schnitt machen zwischen zehn und 15 Helfer einen Einsatz mit. Das sind Vereinsmitglieder und Freiwillige, die spontan dazu kommen. Kinder machen vor allem an den Wochenenden gerne mit ihren Eltern mit. Sie bekommen bei uns Retter-Urkunden, auf die sie immer ganz stolz sind.

Seit diesem Jahr benutzen Sie auch eine Drohne mit einer Wärmebildkamera. Wie effektiv ist die Arbeit damit?

Die Wärmebildkamera ist Gold wert. Die Drohne war ständig ausgebucht. Deshalb werden wir versuchen, eine zweite zu finanzieren. Mit ihrer Hilfe haben wir heuer 60 Kitze aus den Wiesen geholt. Sie macht sich bei großen Flächen ab zehn Hektar bezahlt, die man nicht ablaufen kann.

Wie funktioniert sie genau?

Man braucht vier Helfer. Einer fliegt die Drohne mit der Kamera, ein Zweiter beobachtet das Gefilmte am Tablet. Die Kitze sind als gelbe oder rote Flecken auf dem Bildschirm zu erkennen, der Rest ist grün. Zwei weitere Helfer holen dann die Kitze aus der Wiese. Die Drohne kann man aber nur in den frühen Morgenstunden zwischen 5 und 8 Uhr früh einsetzen, später wird es zu warm und die Kitze sind nicht mehr zu erkennen. Die Drohne fliegt etwa 20 Meter über der Erde. Dabei muss man aufpassen, dass man nicht in Bäumen oder Strommasten hängen bleibt. Wer die Drohne fliegen will, muss einen Online-Crashkurs absolvieren.

Jetzt ist die Saison vorbei, was passiert den Rest des Jahres?

Demnächst organisieren wir einen Infostand für das Stadtfest in Münchberg und sammeln Spenden. Außerdem haben wir nächste Woche eine Besprechung, in der wir erläutern, was wir besser machen können.

Was können Sie denn besser machen?

Heuer haben wir erstmals eine Transportbox eingesetzt, um die Kitze aus der Wiese zu tragen. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht. Das ist für die Tiere stressfreier und die Gefahr ist geringer, dass sie menschlichen Geruch annehmen. Das wollen wir öfters machen und eventuell weitere Transportboxen anschaffen.

Was wünschen Sie sich für den Verein?

Wir sind ein kleiner Verein, der viel zu tun hat. Es wäre schön, wenn wir mehr Mitglieder bekommen. Aber es tut sich was: In Rehau haben wir bereits eine Ortsgruppe, in Naila und Gattendorf werden sich demnächst auch Ortsgruppen gründen. Hier engagieren sich viele Leute.

Das Gespräch führte Julia Ertel

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