Aber Ärzte in Hilfsorganisationen sind oft gut vernetzt. Der Mediziner kannte einen anderen in Deutschland, und der besuchte einen Urologen-Kongress. Einer der Redner dort: Hansjörg Keller, Chefarzt der Klinik für Urologie am Sana-Klinikum in Hof und Fachmann für Fredys Problem.
Dann sollte es relativ schnell gehen. Keller hat einen Deal mit der Geschäftsführung. Er darf mit humanitärem Hintergrund zwei bis drei Kinder jährlich operieren - gegen eine Spendenquittung. Diese Karte zog der Urologe. "Fredys Fall war nicht ganz einfach", sagt er. Gut 20 000 Euro hätte der Eingriff samt medizinischer Betreuung gekostet. Geld, das Wiñay nicht gehabt hätte.
Für Fredy war das Ganze kaum ein Abenteuer. Erst weg aus dem elterlichen Steinhaus mit Strohdach in den Anden, später im Jet nach Deutschland, wo ein OP-Team auf ihn wartete. Das hat ihn, berichtet Katja Reichstein, kaum staunen lassen. Keller kennt das: "Kinder sind sehr pragmatisch, sie nehmen es, wie’s kommt." Oft seien die Ärzte emotional mehr dabei als die kleinen Patienten. Und so hat Fredy die erste Operation gut überstanden. Eventuell, je nach Heilungsverlauf, muss er noch mal den Chirurgen sehen. Bis dahin nimmt Katja Reichstein ihn mit in die Schweiz, wo die beiden bei ihren Eltern unterkommen.
Ganz so einfach ist es mit dem peruanischen Knirps in Deutschland aber auch nicht. Denn hier werde er umsorgt und beschenkt, jeder wolle ihm etwas Gutes tun. Reichstein ist das nicht recht. "Fredy lernt hier ein Leben kennen, das er nie wird führen können." In Peru dächten viele, in Europa wachse alles, was man braucht, an Bäumen und man müsse es nur pflücken. Fredy soll keine Flausen entwickeln.
Im Haus von Wiñay gibt es deshalb keinen Luxus. Wobei die Bildung, die sie bekommen, für die Kinder mit Behinderung durchaus schon ein Luxus ist. Ansonsten müssen die Kinder überall anpacken, im Haushalt oder Garten. Draußen, nach der Schule, gebe es keine Bewährungszeit. Katja Reichstein baut vor: "Manche denken, wir sind die reichen Gringos. Da müssen wir aufpassen."