Münchberg Ein Chor, der in die Tiefe geht

Der Münchberger Bachchor hat sich in der Region einen exzellenten Ruf ersungen. Das Ensemble beschäftigt sich intensiv mit den Werken, die es interpretiert.

 
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Münchberg - Jürgen Kerz hebt die Hände, gibt den Einsatz - und schon vereinigen sich etwa 40 Stimmen zu einem überwältigenden Klang. "Das berührt mich immer wieder tief", bekennt der Leiter des Münchberger Bachchors. "Mein Verständnis von Musik hängt stark mit dem christlichen Glauben zusammen", erklärt er. "Wenn ich als Dirigent mit dem Chor übe und übe und am Ende alles so richtig fantastisch klingt, ist das für mich ein absolutes Highlight. Oft bin ich dann, gerade bei Aufführungen mit großem Orchester, so geflasht, dass mir klar wird: Selbstverständlich gibt es einen Gott!"

Hochfranken singt

Mit der Aktion "Hochfranken singt - eine Region erklingt" möchte die Frankenpost das Kulturgut des Chorgesangs fördern. Deshalb hat sie alle Chöre von Schwarzenbach am Wald bis Hohenberg an der Eger, von Berg bis Marktredwitz dazu aufgerufen, sich zu bewerben. Aus 40 Einsendungen hat eine Jury die besten ausgewählt. Die Gewinnerchöre dürfen Aufnahmen im Tonstudio machen und sind damit auf einer CD vertreten. Außerdem winken Auftritte beim "Ersten Hochfränkischen Chorfestival". Es findet statt am 18. November im Festsaal der Freiheitshalle Hof (17 Uhr), am 28. November im Rosen-thaltheater Selb (19 Uhr) und am 5. Dezember in der Stadtkirche Münchberg (19 Uhr).

Seit dem Jahr 2002 bekleidet Kerz im Dekanat Münchberg die Stelle des Kantors. Damit fiel auch der Bachchor in seine Zuständigkeit. "Mein Vorgänger Hermann Engel hat den Chor gegründet", berichtet der studierte Kirchenmusiker. "Er ging aus dem damaligen Bezirkschor hervor, ist also als Chor des Dekanats konzipiert." Doch ist der Bachchor kein Kirchen- sondern ein Konzertchor, der sich auch den langen, den komplexen geistlichen Werken widmet, die im Sonntagsgottesdienst schon ihres Umfangs wegen keinen Platz finden. Werken wie Bachs Weihnachtsoratorium, aber auch Mozarts Requiem oder Puccinis "Messa di Gloria".

Die Geschichte des Ensembles umfasse "etliche Höhen und Tiefen": Unter der Leitung Engels sei der Chor in der Leipziger Thomaskirche - bekannt als Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs - aufgetreten. "Und das darf ja nun wirklich nicht jeder", kommentiert Kerz. Doch dann schwanden die Mitglieder. Übernommen habe er den Chor deshalb an einem Tiefpunkt - mit weit weniger Sängern als heute, mit nur einem Bass und einem Tenor. Dennoch gelang es, das Ensemble in den darauffolgenden Jahren wieder aufzupäppeln. Es entstand, was Kerz heute selbstbewusst "einen hervorragend guten Laienchor" nennt, den man "eigentlich eher in der Münchener Innenstadt erwarten würde als in Münchberg".

Dass dieses Unterfangen gelingen konnte, führt der Kantor - neben viel Werbung - vor allem auf den gehobenen Anspruch des Bachchors zurück. "Wir haben uns immer bemüht, qualitativ Ansprechendes, Hochwertiges anzubieten", führt Jürgen Kerz aus. Das ziehe Leute, die die musikalische Herausforderung suchen, an. Nicht umsonst singen in dem Ensemble auch Berufsmusiker mit, die als Kantoren für die umliegenden Gemeinden arbeiten. "Die Mitglieder kommen aus der gesamten Region - von Naila bis Bayreuth", berichtet der Chorleiter. Sie decken die ganze Altersspanne von Mitte 20 bis Mitte 70 ab. Sogar 13 Männer hat Kerz wieder zur Verfügung. Dennoch würde er sich sehr über "interessierte Jugendliche" freuen. "Sie sollten mal bei uns hineinschnuppern. Chorsingen als Hobby lohnt sich!", ermutigt er. "Wenn im Konzert die Trompeten, die Pauken und die Streicher einsetzen, das muss man erlebt haben!"

Apropos Pauken und Trompeten: Bei seinen Konzerten bäckt der Bachchor keine kleinen Brötchen, sondern wartet oft nicht nur mit Orchester, sondern auch mit hochklassigen Solisten auf. "Da fallen nicht selten hohe Gagen an", berichtet Jürgen Kerz. Daher obliegt die Finanzierung nicht dem Dekanat, sondern einem Förderverein. Dieser ermöglicht dem Ensemble durch Spenden und Mitgliedsbeiträge, seine ambitionierten Projekte möglichst frei umsetzen zu können. Das macht sich bezahlt: Im Jahr 2016 erhielt der Chor den Preis der Stiftung Bücher-Dieckmeyer, deren Ziel die Pflege der Kirchenmusik in Bayern ist. "Den Preis bekommen qualitativ besonders hochwertige Ensembles", erklärt der Chorleiter. "Deshalb hat es uns natürlich sehr beflügelt, als wir ihn erhalten haben."

Um ihr musikalisches Niveau zu halten, proben die Sänger intensiv. "Dabei geht es darum, das Werk nicht nur zu singen, sondern auch inhaltlich tiefer einzutauchen", erklärt Jürgen Kerz. Genau diese Erfahrung sei es auch, die die Mitglieder des Bachchors suchen. "Sie sind aufgeschlossen, hochmotiviert, kompetent und allesamt interessiert an der bestmöglichen musikalischen Gestaltung", lobt der Kantor. Zeit, um konzentriert zu proben, haben die Sänger etwa während der Probenwochenenden, an denen sich alle die Zeit nehmen, den Alltag hinter sich zu lassen und stattdessen ganz in der Musik und der Gemeinschaft aufzugehen. Beides pflegt der Chor auch während der regulären Proben, die immer donnerstags im evangelischen Gemeindehaus in Münchberg stattfinden. Oft geht es danach noch zusammen in die Pizzeria. Solche Erfahrungen sind es, die das Chorsingen auch für einen Berufsmusiker wie Jürgen Kerz ausmachen: "Erlebnisse in der Gruppe sind in einer Zeit, in der wir uns immer mehr zurückziehen, um uns mit dem Handy und anderen Medien zu beschäftigen, immer wichtig", gibt er zu bedenken.

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