Hof Flucht aus der Drogenhölle

Manfred Scherer

Nach einem Autodiebstahl in Hof sind die kriminellen Aktivitäten eines 49-Jährigen beendet. Jahrzehntelanger Rauschgiftkonsum hat Spuren hinterlassen.

 
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Hof/Bayreuth - Ein halbes Leben im Knast, ein halbes Leben in gestohlenen Autos auf der Flucht: Der Fall eines 49-jährigen Mannes gab vor dem Schöffengericht in Bayreuth einen tiefen Einblick in eine Drogenhölle. "Ich fühle mich sicher und geborgen, wenn ich in einem Auto sitze", erklärte der Angeklagte.

Der Mann aus Leipzig soll am 3. März in Hof ein Auto gestohlen haben, damit nach Bayreuth gefahren sein und es dort gegen ein anderes ausgetauscht haben. Die Autos - in Hof war es ein neuer Kleinwagen der Marke Skoda, in Bayreuth ein uralter VW Passat - waren unversperrt, die Schlüssel steckten. Die bestohlene Hoferin hatte gerade eingekauft und bemerkt, dass sie etwas vergessen hatte. Als sie nach nur einer Minute aus dem Supermarkt kam, war der Skoda weg. Dem Mann in Bayreuth ging es nicht anders: Er hatte getankt und wollte nur schnell zahlen, draußen fuhr jemand mit seinem Wagen davon.

Nach diesen Diebstählen in Hof und Bayreuth war Schluss: Eine Streife der Verkehrspolizei wartete an der Autobahnauffahrt auf den Autodieb. Als der Mann zur Haftvorführung ins Amtsgericht gebracht wurde, war sein Verteidiger Wolfgang Schwemmer entsetzt: "Ich habe noch nie jemanden auf Heroinentzug gesehen. Da saß ein zusammengekrümmter Mensch und schrie vor Schmerz."

Der Angeklagte gab bei der Befragung durch Richter Daniel Götz die Vorwürfe zu: Er war mit dem Flixbus unterwegs, um seine Schwester in Niederbayern zu besuchen. Doch dann wurden in Hof die Businsassen kontrolliert. Der Mann machte sich davon. "Verfolgungswahn" attestierte ihm später ein Gerichtspsychiater, beruhend auf mehr als 30 Jahren Drogenmissbrauch. Der Angeklagte hatte alles Mögliche eingeworfen: Hasch, Marihuana, Medikamente, Kokain, Alkohol, Amphetamin, Heroin. Der 49-Jährige hat nie gearbeitet, schon als Jugendlicher und zu DDR-Zeiten war er im Knast gelandet. Meist wegen Diebstahls, Beschaffungskriminalität, um den illegalen Stoff zu finanzieren. Schwerer Raub steht in seinem Vorstrafenregister, Gefangenenmeuterei. In Bautzen im Knast hatte er sich aufgelehnt. Eingesperrt worden war er dort 1995 wegen Körperverletzung mit Todesfolge, nach einer Schlägerei war sein Kontrahent gestorben.

Doch seine Spezialität ist der Autodiebstahl: Im November 2016 zum Beispiel stahl er aus einer Jacke in einer Kneipe einen Autoschlüssel und schnappte sich draußen den Wagen. Bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei demolierte er einen geparkten Wagen und zwei Streifenautos, ehe er mit dem gestohlenen Auto an einer Hauswand landete. Es war die Mauer der Polizeidirektion Leipzig.

Der Angeklagte war jahrelang obdachlos und lebte in Abbruchhäusern. Nun ist er im Bezirkskrankenhaus. Dort hat er den Gutachter Volkmar Blendl, den Chef der dortigen Psychiatrie, nach anfänglicher Skepsis überzeugt: "Es gibt eine Chance für ihn, er macht mit bei der Therapie." Der Angeklagte selbst betont: "Ich will gesund werden."

17 Monate Freiheitsentzug verhängte das Schöffengericht gegen den Mann. Die Zeit wird er nicht im Gefängnis verbringen, denn das Gericht ordnete eine Therapie an, die mindestens zwei Jahre dauern soll. "Vielleicht die letzte Chance, die Sie kriegen", sagte Richter Götz. Das Urteil ist rechtskräftig.

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