Hof Forschung: Mit Fischereiabfällen gegen Viren und Bakterien

Forscherin Jessica Wittmann untersucht am Mikroskop die Schaffung einer neuen, antibakteriellen Lackverbindung. Sie enthält den Stoff Chitosan, der aus Fischereiabfällen gewonnen wird. Foto: Hochschule

Aus Fischereiabfällen will die Hochschule Hof einen speziellen Lack herstellen, der die Verbreitung von Viren und Bakterien hemmt. Die Beschichtung könnte in Krankenhäusern, Arztpraxen oder öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden, teilte die Hochschule am Dienstag mit.

 
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Hof - Ein spannendes Forschungsprojekt mit aktuellem Bezug und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten läuft derzeit an der Hochschule Hof: Am Institut für Materialwissenschaften (ifm) beschäftigt man sich laut einer Mitteilung mit der Erforschung antibakterieller Oberflächenbeschichtungen. Diese Lackverbindungen sollen in der Zukunft insbesondere in Krankenhäusern, Arztpraxen oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln eingesetzt werden und die Verbreitung von Bakterien und Viren hemmen. Helfen soll dabei erstmals ein naturnaher Stoff, der aus bislang wenig genutzten Fischereiabfällen gewonnen wird.

Jessica Wittmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt "Krankenhausbett" an der Hochschule Hof. Zusammen mit zwei Kolleginnen hat es sich die studierte Industriemechanikerin mit Schwerpunkt Werkstofftechnik, die auch einen Masterabschluss in angewandten Oberflächen- und Materialwissenschaften besitzt, zur Aufgabe gemacht, aktiv gegen ein Problem anzuforschen, das derzeit weltweit in aller Munde ist: Mit Hilfe neuartiger Lackbeschichtungen möchten die Hofer Forscherinnen die Ausbreitung von Bakterien und Viren auf Oberflächen hemmen - und dies insbesondere an hoch frequentierten und deshalb hygienisch besonders kritischen Orten. Krankenhausbetten dienen trotz des Projektnamens dabei freilich nur als ein mögliches Anwendungsbeispiel von vielen.

"Zwar gibt es bereits Lacke, die antibakteriell wirken. Diese enthalten aber Stoffe, die hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Menschen stark in der Kritik stehen - man denke zum Beispiel Lacke mit Nano-Silber. Wir wollen diese Stoffe durch hautfreundliche Naturrohstoffe ersetzen. Und das im Idealfall mit gleicher oder sogar besserer Wirkung", erklärt die 31-Jährige ihren Ansatz.

Helfen soll dabei ein Stoff, der sich bislang in Zahnreinigungsprodukten, Pflanzenschutzmitteln und Medizinprodukten findet: Chitosan. Das natürliche Biopolymer kommt in den Schalen von Krustentieren vor und wirkt antimikrobiell, antibakteriell und antiviral. In einem mehrstufigen Prozess aus Fischereiabfällen gewonnen, erreicht es das Hofer Labor in Form eines weißen Pulvers. Die richtigen Prozesse zur Weiterverarbeitung, die Dosierung und nicht zuletzt die bestmögliche Einbringung in den Oberflächenlack sind es dann, welche Jessica Wittmann und ihre Kollegen im Rahmen vieler Testreihen beschäftigen. Dabei haben es die Forscher noch mit einer ganzen Reihe an Unbekannten zu tun: "Wir wissen nicht: Wirkt Chitosan am besten als Pulver, in Partikelform oder anderweitig gelöst? Unklar ist auch, welche Dosis ausreicht, um die bestmögliche antibakterielle Wirkung zu erreichen", sagt Wittmann, die vor ihrer Tätigkeit an der Hochschule Hof vier Jahre in der Entwicklungsabteilung eines bekannten Polymer-Spezialisten aus Oberfranken arbeitete.

Die Frage der Dosierung, also wieviel Chitosan pro Quadratmeter Oberfläche benötigt wird, kann letztlich auch darüber entscheiden, ob das fertige Produkt tatsächlich seinen Weg in den Alltag in Krankenhäuser, Arztpraxen oder Busse findet - immerhin ist der Prozess der Gewinnung des Stoffes recht aufwendig und daher teuer. Erfahrungswerte gibt es noch keine, denn die Einbringung von Chitosan in Beschichtungsstoffe steht am Anfang.

Bis Mitte 2022 soll das Forschungsprojekt abgeschlossen sein. Es steht unter der fachlichen Leitung von Prof. Dr. Jörg Krumeich. Es wird aus Mitteln des Zentralen Innovationsprogrammes Mittelstand (ZIM) gefördert. Als Industriepartner steht mit lacolor Lackfabrikation GmbH ein in der Branche erfahrenes Unternehmen an der Seite der Hofer Forscherinnen. red

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