Schwarzenbach an der Saale Gut leben auf Gut Holzfeld

Amir Nasser und Sarah Lutzmann sind vor eineinhalb Jahren auf das Gut Holzfeld bei Schwarzenbach an der Saale gezogen. Sie suchen Mitbewohner, die mit ihnen in einer gemeinnützigen Gemeinschaft leben wollen. Foto: Ertel

Amir Nasser und Sarah Lutzmann gründen in der Nähe von Schwarzenbach an der Saale gerade eine Gemeinschaft. Die Selbstversorger planen viele Projekte.

 
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Schwarzenbach an der Saale - Ameisen leben in Kolonien. Die Tiere organisieren sich in einer Gemeinschaft, in der jeder Einzelne dazu beiträgt, dass das Zusammenleben gut funktioniert. Nach diesem Prinzip wollen auch Amir Nasser und Sarah Lutzmann leben: in einer Gruppe, in der gemeinnütziges Verhalten, das "Wir-Gefühl" im Mittelpunkt steht, in der alle für eine gemeinsame Sache an einem Strang ziehen. Dieses Projekt wollen sie auf dem Gut Holzfeld bei Schwarzenbach an der Saale verwirklichen. Hier hat das Paar aus München vor eineinhalb Jahren ihren Wirkungs- und Lebensort gefunden. Nun planen sie Projekte, renovieren das Gut und suchen Mitstreiter.

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Das Gut Holzfeld liegt am Waldrand inmitten von Feldern und Wiesen. Amir Nasser hat es nach einer langen Suche gefunden, sein Vater hat es für ihn erworben. Neben dem etwa 100 Jahre alten Gut ist es die Umgebung, die das Paar begeistert. Die beiden schwärmen vom Fichtelgebirge, dem Frankenwald und von den vielen Möglichkeiten, die ihnen die Natur für ihre zahlreichen Pläne und für ein glückliches Leben bietet.

Derzeit leben sie noch zu zweit auf dem Hof. In Kürze zieht ein befreundeter Ernährungsberater ein. Weitere Bewohner sollen folgen. "Voraussetzung für den Einzug ist, dass der Mensch seine Energie auf unserem Gut einbringen will", erklärt Sarah Lutzmann. Denn wer hier mitmacht, darf das Gut und seine Wohnräume mitgestalten und bekommt Platz für seine Hobbys und sein Leben. Die Bewohner sollen sich gegenseitig unterstützen. Dabei räumt die 21-Jährige ein: "Es ist ein Lebensprojekt. Man braucht schon viel Geduld."

Diese Gemeinschaft soll einerseits autark sein und sich zugleich mit der Außenwelt vernetzen. Einerseits wollen sie ihre Nahrungsmittel und ihre Energie selbst erzeugen: "Die Natur bietet alles im Überfluss. Wir müssen das nur nutzen", sagt Nasser. Selbst die Abwasser klären sie in einer eigenen Anlage.

Vernetzen wollen sie sich unter dem Dach des Altruismus-Vereines, dessen Vorsitzender Amir Nasser ist. Er will mit verschiedenen Organisationen und Vereinen kooperieren, die sich um Nachhaltigkeit und ein besseres Zusammenleben bemühen, die in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Gemeinschaft und Umwelt tätig sind. "Das sind etwa Sportvereine, Urban-Gardening-Organisationen, Foodsharer und -saver."

Konkret planen sie, in Zukunft Outdoor-Erlebnisse wie Kräuter- und Schneewanderungen, Klettern, Bouldern, Survival-Training, Koch-Events, Seminare zur Erzeugung und Nutzung alternativer Energien und Bastler-Kreise anzubieten. Finanzieren wollen die beiden ihre Projekte unter anderem durch Crowdfunding und den Umsatz, den sie mit dem ökologischen Anbau von Obst und Gemüse erwirtschaften.

"Manche nennen uns Aussteiger", sagt Sarah Lutzmann und lacht. Mit dieser Bezeichnung kann sie leben. Irgendwie fühlt sie sich auch so: Nach der Schule hat sie in der Gastronomie gearbeitet und Erfahrung gesammelt. "Aber das war nicht das Wahre. Ich wollte anders leben", sagt sie. Künftig will sie im Hofcafé ihre Leidenschaft für das Kochen ausleben und verschiedene Projekte und Events im Bereich der Ernährung veranstalten. Auch ihr Freund, der von Beruf Fach-Informatiker ist, hatte ein anderes Lebensmodell im Sinn. Er will seinen Beruf zwar weiterhin ausüben, will aber nebenbei auch Kletter- und Parcours-Kurse geben und Landwirtschaft betreiben.

Bei einem Rundgang - zum Gut gehören unter anderem mehrere Ställe, Scheunen, Wohngebäude und eine Maschinenhalle - zeigt Amir Nasser die vielen Räumlichkeiten, die gerade im Aus- und Umbau sind und erzählt, was er damit vorhat. Im ehemaligen Kuhstall zum Beispiel sollen Kunst- und Ausstellungsräume entstehen. Im Dachboden darüber plant er eine Galerie und eine Kletterhalle. In das mehrstöckige Wohnhaus daneben sollen weitere Bewohner einziehen.

Die ehemalige Maschinenhalle beherbergt eine Werkstatt und im Spitzdach soll eine Boulderhalle, ein Musikraum für Tonaufnahmen und Wohnräume für Gäste entstehen. Ein einstöckiges Gebäude gleich am Eingang zum Gut baut das Paar zum Hofcafé mit einer Küche um.

Zum Gut gehören außerdem 10 800 Quadratmeter Grund. Obstbäume, Sträucher und Hochbeete stehen im Garten. Drei große Gewächshäuser werden demnächst aufgebaut. Auf den Feldern hat das Paar heuer bereits Kartoffeln und Mais geerntet. Die vielen Äpfel haben sie zu Apfelsaft und Apfelmus verarbeitet.

Amir Nasser baut auch "Tiny Houses". Auf wenigen Quadratmetern entsteht gerade auf einem Anhänger ein Mini-Domizil, das mit dem Wichtigsten ausgestattet und energie-autark werden soll. "Was braucht der Mensch? Ein Dach über dem Kopf, Essen und Energie", fasst Amir Nasser zusammen. Und die Gemeinschaft mit anderen natürlich.

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