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Hof Hof zeigt Flagge gegen Rechts

Von Thomas Schuberth-Roth

Die Menschen in Hof und der Region setzen ein klares Zeichen gegen Rechts. Mehr als 4000 Menschen folgen dem Aufruf von "Hof ist bunt".

 
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Hof - Der Weg am Morgen führt an Straßensperren und in ihrer Kampfmontur martialisch aussehenden Polizisten vorbei. Noch sind die Straßen und Plätze leer. Es ist der 1. Mai 2012. Ausnahmezustand in Hof. Neonazis haben eine Kundgebung angekündigt - und eine ganze Region will sich den Braunen entgegenstemmen, ihnen nicht das Feld überlassen: "Hof ist bunt."

Unter Federführung des Deutschen Gewerkschaftsbundes haben sich mehr als 60 Organisationen vereint; es ist ein Querschnitt durch alle gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Schichten und Gruppen. "Hof ist bunt" - so ein Bündnis hat es hier noch nie gegeben.

Es ist kurz nach zehn Uhr. Werner Tauscher steht inmitten Hunderter Menschen vor dem Rathaus. Der 69-Jährige erzählt von seiner Schwiegermutter, die den Nationalsozialismus als Erwachsene erlebt und sich später immer wieder gefragt habe: Was haben wir falsch gemacht, dass das passieren konnte? Er blickt sich um und sieht in viele junge Gesichter. "Das ist gut", sagt er, "dass sich junge Menschen engagieren."

Bis der bunte Zug des Bündnisses startet, ist noch etwas Zeit. Die Bühne gehört in dieser ersten Stunde vielen "Hof-ist bunt"-Vertretern.

Zum Beispiel Hartmut Hendrich. Er warnt davor, dass "Nazis raus"- Rufe allein nicht reichten. Rechtsextreme verbreiteten ihre Ideologie mittlerweile geschickt über soziale Themen. Hartmut Hendrichs Aufforderung geht an Politik und Gesellschaft: "Damit muss man sich inhaltlich auseinander setzen."

Oder Karl Rost aus Wunsiedel. Er zählt Gründe auf, wie es der Ort im Fichtelgebirge - über viele Jahre Treffpunkt der rechten Szene - geschafft hat, Neonazis zu verbannen: An erster Stelle nennt er "die engagierte Jugend", danach die "entschlossene Stadtführung mit einstimmigen Beschlüssen des Stadtrats und einem Bürgermeister, der das zur Chefsache erklärt hat". Und er erinnert auch an den gemeinsamen Einsatz evangelischer und katholischer Kirchen.

Im Schatten der Michaeliskirche sammeln sich derweil immer mehr Menschen. Punkt 12 Uhr ertönen die Glocken, Pfarrer Thomas Persitzky spricht ein Friedensgebet, ehe sich der Zug in Bewegung setzt. Es sind mittlerweile Tausende, die Farbe bekennen gegen Rechts. Aus der ganzen Region sind sie zusammengekommen und reihen sich nun ein. Einträchtig laufen sie Seite an Seite: Der Punk mit grünem Irokesenschnitt und die Schwester in grauer Ordenstracht, christliche Pfarrer und muslimische Geistliche und jüdische Rabbis, Unternehmer und Gewerkschafter, Künstler und Arbeiter, Schüler und Lehrern, rote, schwarze, grüne und gelbe Kommunalpolitiker, Junge und Alte.

Vom Rathaus ziehen sie über die Ludwigstraße und Fabrikzeile, dann weiter über die Königstraße hoch durchs Bahnhofsviertel und über den Wittelsbacherpark wieder hinunter in die Pfarr. Die Letzten im Zug sind am Strauß noch nicht auf die Bismarckstraße eingeschwenkt, als die ersten schon die Altstadt erreichen, wo 1000 weitere Menschen auf die Redner der Hauptkundgebung warten.

Werner Tauscher ist beeindruckt. "Da sind ja noch viel mehr gekommen, als ich gehofft hatte." Der Wunsch der Veranstalter hat sich damit erfüllt: "Hof" lässt sich an diesem 1. Mai 2012 buchstabieren als "Hochfranken ohne Faschisten", wie Silke Malburger, die Moderatorin auf den Bühnen vor dem Rathaus und in der Altstadt, mehrmals skandiert.

Es wird Abend - die Straßensperren sind längst weggeräumt, das bunte, lebendige Spektakel des Nachmittags hat dem braunen Spuk den öffentlichen Raum genommen. In der Karolinenstraße sitzen Menschen vor dem Kafé Kampschulte im Freien. Drinnen liest Martin Grauss, ein Lautsprecher überträgt nach draußen. "Empört Euch!", ist Grauss zu hören. Er liest aus Stephane Hessels jüngstem Werk. Gleichgültigkeit wird darin als die schlimmste aller Einstellungen gegeißelt. "Und engagiert Euch!", liest Grauss weiter. Diesem Anspruch sind die Hofer an diesem Tag gerecht geworden.

Hof buchstabiert sich heute als Hochfranken ohne Faschismus.

Moderatorin Silke Malburger


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