Helmbrechts-Enchenreuth Kein Stress, einfach nur singen

Der Gospelchor Emotions aus Enchenreuth ist nicht auf Perfektion aus. Vielmehr geht es um die Freude an der Musik, die sich auch auf das Publikum überträgt.

 
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Helmbrechts-Enchenreuth - Still liegt Enchenreuth im Abend. Nur aus einem Haus am Ortsrand dringt leise Gesang. Denn es ist Dienstagabend - und am Dienstagabend trifft sich der Gospelchor Emotions zur Probe. Schnell ist das Stück identifiziert: "Santa Claus is coming to Town". Das Weihnachtsfest rückt näher. Und damit auch das Weihnachtskonzert. Die Sängerinnen stehen im Proberaum, die Wände farbenfroh gestrichen in Rot und Grün, darauf Noten. Chorleiterin Stefanie Groß begleitet ihren Chor am Keyboard - ein quirliger Frauen-Haufen, der lacht und ratscht, dann wieder singt und sich im Takt wiegt. Und all das aus Spaß an der Freude.

Hochfranken singt

Mit der Aktion "Hochfranken singt - eine Region erklingt" möchte die Frankenpost das Kulturgut des Chorgesangs fördern. Deshalb hat sie alle Chöre von Schwarzenbach am Wald bis Hohenberg an der Eger, von Berg bis Marktredwitz dazu aufgerufen, sich zu bewerben. Aus 40 Einsendungen hat eine Jury die besten ausgewählt. Die Gewinnerchöre dürfen Aufnahmen im Tonstudio machen und sind damit auf einer CD vertreten. Außerdem winken Auftritte beim

"Ersten Hochfränkischen Chorfestival". Es findet statt am 18. November im Festsaal der Freiheitshalle Hof (17 Uhr), am 28. November im Rosenthaltheater Selb (19 Uhr) und am 5. Dezember in der Stadtkirche Münchberg (19 Uhr).

"Ich habe nicht Musik studiert, auch keine der Sängerinnen hat das. Schreib das ruhig!", sagt Groß, die sich mit anderen Ensembles ungern messen lassen möchte. "Wir sind einfach ein Laienchor vom Dorf." Umso mehr freuen sich die Sängerinnen darüber, dass sie die Jury der Frankenpost-Aktion "Hochfranken singt" dennoch von ihrem Gesang und ihrem Spaß am gemeinsamen Tun überzeugt haben. Eine der Sängerinnen hatte den Aufruf zum Wettbewerb in der Zeitung entdeckt. Prompt machte des Ensemble Aufnahmen und schickte sie zur Bewerbung ein. "Seitdem wir wissen, dass wir dabei sind, reden wir wirklich sehr oft darüber!", schwärmt die Chorleiterin.

Gegründet hatte Groß den Chor im Jahr 2009 - nach einer Hochzeit. Sie erinnert sich: "Da hat ein Chor gesungen. Danach dachte ich mir: 'Das kann ich auch!'" Daraufhin scharte sie etwa zehn Sängerinnen um sich - auch, um mit fröhlicher Musik Menschen zu helfen, denen das Leben Trauriges beschert hat: So unterstützte der Chor mit einem Benefizkonzert in der Helmbrechtser Johanniskirche die Finanzierung der Typisierungsaktion für den krebskranken Jungen Leonard: ein Konzert, das vielen Besuchern Tränen in die Augen trieb. Auch für das Erlanger Ronald-McDonald-Haus, in dem Familien von Kindern wohnen können, die in der Kinderklinik behandelt werden, hat das Ensemble bereits singenderweise Spenden gesammelt: Die Basilika in Marienweiher füllte sich vor dem Auftritt derart rasch, dass schon eine Stunde vor dem Auftritt niemand mehr hinein durfte.

Die 28 Frauen, die heute im Gospelchor Emotions singen, decken das ganze Altersspektrum vom Teenager bis zur 80-Jährigen ab. Sie kommen aus Helmbrechts und seinen Ortsteilen, aus Stammbach und aus Presseck. Etwa ein Drittel von ihnen sind Gründungsmitglieder. "Wir singen fürs Volk", sagen die Sängerinnen stolz. Erlaubt ist deshalb, "was uns halt gefällt". Neben Gospelsongs hat der Chor viele Oldies im Repertoire. Auch aktuelle Popsongs fehlen nicht. Erst kürzlich hat Stefanie Groß einen eigenen Chorsatz zu Ed Sheerans Song "Perfect" ausgearbeitet. Auch bei alten Kirchenliedern nimmt das Ensemble nicht immer jede Note des Originals für bare Münze - und schon beginnt "Großer Gott, wir loben dich" zu swingen. "Wir improvisieren da gerne", berichtet eine der Sängerinnen. Eine andere scherzt: "Man könnte auch sagen: Wir perfektionieren!"

Das kommt an. "Neulich hat das Publikum auf einer Hochzeit nicht mehr aufgehört, mitzuklatschen und zu applaudieren", berichten die Sängerinnen schmunzelnd. "Bei einer Hochzeit - das muss man sich mal vorstellen!" Kein Wunder also, dass sich der Chor auf Mundpropaganda verlassen kann: Er bekommt Anfragen aus der ganzen Region. Annehmen kann er davon bei Weitem nicht alle. "Das Singen soll nicht in Stress ausarten", erklärt eine der Sängerinnen. "Wir machen nur so viel, dass wir auch unsere Familien und den Beruf noch bedienen können."

Und doch ergänzt die Dame: "Die Ferien sind aber das Schlimmste. Weil wir uns da nicht treffen." So viel Spaß würden die Proben machen. Die Gemeinschaft hat für den Chor einen hohen Stellenwert. Ein Teil der Gruppe geht nach der Probe oft noch zusammen ins Wirtshaus. Auch gemeinsame Grillabende gehören für die Sängerinnen dazu. Wer im Urlaub ist, lässt die anderen durch Bilder in der Whats-App-Gruppe daran teilhaben. In diesem Jahr hat das Ensemble sogar ein Probenwochenende in der Vollaufmühle bei Grafengehaig verbracht - auch, um sich gezielt auf die Aufnahmen zur "Hochfranken singt"-CD vorzubereiten. Chorleiterin Stefanie Groß schwärmt: "Den Zusammenhalt in der Gruppe schätze ich besonders. Man kann sich wirklich auf alle verlassen - auch wenn's hart auf hart kommt."

Das Kompliment geben die Sängerinnen gerne zurück. "Stefanie hat immer ein offenes Ohr - und sie ist eine Perfektionistin", schildern sie. "Sie nimmt sich aller Kleinigkeiten an." Soll heißen: Sie achtet auf das Gesamtpaket. "Ich lege schon sehr viel Wert darauf, dass alles passt", bekennt Groß. "Alles" - das umfasst auch die Optik. In Kirchen sorgt die Chorleiterin vor Auftritten für eine stimmige Beleuchtung, Bänke und Altar werden dekoriert, "bis alles ein stimmiges Bild abgibt". Auch auf die Klamotten hat Stefanie Groß ein Auge: "90 Prozent der Sängerinnen kaufen sich extra für die Auftritte ein Kleid", berichtet sie lachend. Seine nächsten größeren Auftritte hat der Gospelchor Emotions im Dezember: Am ersten Advent veranstaltet er, wie alle zwei Jahre, sein Weihnachtskonzert in der Enchenreuther Sankt-Jakobus-Kirche. Danach folgt auch schon der Auftritt beim "Ersten Hochfränkischen Chorfestival" am 5. Dezember in der Stadtkirche Münchberg, das ein Bestandteil der Frankenpost-Aktion "Hochfranken singt" ist.

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