Hof "Komplettverzicht hält niemand durch"

Miriam Hegner

Ernährung beeinflusst Gesundheit und Wohlbefinden. Zwei Expertinnen verraten im Interview, wie ausgewogene Ernährung im Alltag aussehen sollte.

 
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Landkreis - Was hat es mit Superfood auf sich? Wie schlimm ist Fett in der Nahrung? Und muss man auf Zucker verzichten? In Sachen Ernährung gibt es zahlreiche Trends, Meinungen und immer wieder neue Erkenntnisse. Anna Burkon und Laura Mechtold helfen, den Überblick zu behalten: In Vorträgen und Kursen klären die Ernährungsexpertinnen auf, leiten an und geben Tipps, wie man gesund und mit Genuss isst.

Die Ernährungsexpertinnen

Anna Burkon ist ganzheitliche Ernährungsberaterin, Fachberaterin für Darmgesundheit und Neurodermitis-trainerin. Die 32-jährige Coburgerin berät unter anderem zu Basenfasten, Detox sowie Kinder- und Säuglingsernährung.

Laura Mechtold ist Diätassistentin und im Medical-Park Bad Rodach tätig. Die 23-Jährige aus Coburg bietet Vorträge zu den Themen Superfood, Zucker und Kinderernährung an und gibt Kochkurse, etwa zum gesunden Frühstück und zur Ernährung im Berufsalltag.

Du bist, was du isst - stimmt das?

Burkon:Natürlich. Mit dem, was wir essen, bildet und versorgt der Körper unsere Zellen. Es ist erwiesen, dass Zellwände und Blutgefäße durch minderwertige Nahrung starrer werden und ihre Funktion nicht mehr so gut erfüllen können.

Wie sehr beeinflusst die Ernährung unsere Gesundheit?

Mechtold: Sehr stark, da sich eine ausgewogene Ernährung auf den ganzen Körper auswirken kann. Der Teint ist frischer, wir fühlen uns fitter und vitaler. Leider spürt man die Auswirkungen "falscher" Ernährung nicht gleich. Bekämen wir Schmerzen, wenn wir zu viel Süßes gegessen hätten, wären viele Menschen eher bereit, ihre Ernährung zu verändern.

Burkon:Auch für die Darmgesundheit ist die Ernährung entscheidend: Eine Studie hat gezeigt, dass sich nach drei Tagen Fast Food die Darmbakterien um 40 Prozent verringert hatten. Zudem lassen sich viele entzündliche Erkrankungen positiv beeinflussen, zum Beispiel Neurodermitis oder Schuppenflechte. Die Kurkuma-Wurzel etwa ist ein Lebensmittel, das den Körper veranlasst, anti-entzündliche Stoffe zu bilden.

Was ist eigentlich Superfood?

Mechtold: Superfood bezeichnet pflanzliche Lebensmittel, also Gemüse, Obst oder Nüsse, die besonders große Mengen gesundheitsfördernder Stoffe wie Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe enthalten. Gehypt werden vor allem die Exoten: Acai- oder Goji-Beeren, Matcha-Pulver oder Chia-Samen. Dabei stecken die gesundheitsfördernden Stoffe auch in vielen heimischen Produkten: in Walnüssen und Haselnüssen, in Rote Bete, Karotten, Himbeeren, Erdbeeren oder Blaubeeren.

Wird denn sofort alles super, wenn man Superfood ist?

Mechtold: Natürlich nicht. Ein gelegentlicher Verzehr ersetzt keine ausgewogene Ernährung.

Wie steht es mit Fett? Sollte man da generell verzichten?

Burkon:Jahrelang galt Fett als Dickmacher. Jetzt hat man aber erkannt, dass natürliche Fette und Öle heilende Eigenschaften haben. Enthalten sind sie zum Beispiel in Mandeln, Walnüssen, in Avocados oder Kokos- und Olivenöl. Wertvolle Omega-3-Fettsäuren stecken zum Beispiel in Lachs, Leinöl oder Chiasamen. Sie wirken entzündungshemmend, können sich positiv auf das Hautbild, das Herz-Kreislauf-System und die Psyche auswirken. Ein paar Flöckchen Biobutter am Gemüse sind also durchaus in Ordnung.

Was ist nicht so in Ordnung?

Burkon:Transfettsäuren - die stecken in allem, was frittiert wurde oder knusprig ist, zum Beispiel Chips, Croissants oder Donuts, außerdem alles, was eine Glasur hat.

Und was ist mit Zucker?

Mechtold: Auch Zucker ist nicht generell schlecht: Er ist Nahrung für unser Gehirn. Deshalb sollte man nicht komplett auf Kohlenhydrate wie Zucker verzichten. Aber es kommt auf die Art an: Einfachzucker wie Frucht- und Traubenzucker liefern schnell Energie, sättigen aber nicht lange. Sie sind in gesüßten Limos und Fertigprodukten. Dort verstecken sie sich dann hinter Begriffen wie Glukose- oder Fruktosesirup. Gut dagegen sind Mehrfachzucker, wie sie in Getreideprodukten, Kartoffeln, Obst und Gemüse stecken. Das macht lange satt, außerdem enthalten diese Lebensmittel auch Ballaststoffe, die die Verdauung und den Magen-Darm-Trakt unterstützen.

Burkon: Es ist immer sinnvoll, seine Kohlenhydrataufnahme zu überdenken, gerade was Weißmehl und Zucker betrifft - auch wenn man nicht zur Gewichtszunahme neigt. Bei Brot und Nudeln ist es deshalb sinnvoll, zu reduzieren. Kartoffeln dagegen sind ein sehr basisches Gemüse, sehr magengesund, die würde ich nie von meinem Speiseplan streichen.

Süßigkeiten muss man also komplett weglassen, wenn man sich gesund ernähren will?

Mechtold: Nein, das ist Quatsch. Einen Komplettverzicht hält niemand durch. Eine kleine Portion Genuss darf man sich schon genehmigen.

Wie schaffe ich das im Alltag - gesünder und bewusster essen?

Burkon:Ich rate immer dazu, sich aufzuschreiben, wann ich wo essen werde - und was. Wenn ich mit meinen Töchtern unterwegs bin, habe ich immer zuckerfreie Getränke und eine Dose mit Nüssen und Trockenobst dabei, weil es an der Raststätte nichts Gutes gibt. Außerdem sollte man versuchen, auf Fertigprodukte zu verzichten - statt Fruchtjoghurt lieber Naturjoghurt kaufen und Früchte oder selbst gemachte Marmelade reintun.

Mechtold:Klein anfangen: Zum Braten ein hochwertiges Pflanzenöl statt Butter verwenden. Und jeden Tag Obst und Gemüse essen.

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