Hof Lust und Laune an einem schönen Ort

Manfred Köhler
Als eine Art Stammtisch sieht sich die alteingesessene Mittwochs-Gruppe der Selbitzer Sauna. Die gemütliche Geselligkeit genießen (von links) "Alterspräsident" Alfred Köppel aus Unterkotzau, Heinrich Wühr aus Hof, die Saunameister Thomas und Alfred Benkert und Horst Mayer aus Issigau. Foto: Manfred Köhler Quelle: Unbekannt

Rund 40 Stammgäste besuchen noch, über die Woche verteilt, die Sauna im ehemaligen Selbitzer Hallenbad. Mit dem Abriss endet ein Stück Bäder- geschichte im Hofer Land.

 
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Selbitz - Gesundheits- und Wellness-Tipps bekommt man hier eher nicht. Aber wer sich dem Stammtisch der Mittwochs-Saunagänger im alten Selbitzer Hallenbad anschließt, steigt vielleicht auf ganz andere Weise dahinter, wie man bis ins hohe Alter fit und zufrieden bleiben kann.

Warum Sauna so gesund ist

Schwitzen, um nicht zu schniefen - die Abhärtung gegen Erkältungen steht wohl an erster Stelle, wenn es darum geht, warum Sauna-Anwendungen so gesund sind. Der regelmäßige Wechsel zwischen Hitze und Abkühlung stärkt aber nicht nur das Immunsystem, er trainiert auch Herz und Kreislauf und verbessert die Haut. Der Stoffwechsel wird angeregt, die Kondition angekurbelt. Letztlich dringt das Loslassen und Entspannen an einem schönen Ort tief in die Seele. Man trifft Freunde und Bekannte, gönnt sich etwas und kann sich mal ein paar Stunden Zeit lassen. Unterm Strich ist ein Saunabesuch wie ein kleiner Urlaub mit allen positiven Nebenwirkungen. Dass es dabei nicht unbedingt auf ein hochwertiges Ambiente ankommt, zeigt die Treue des Selbitzer Mittwochs-Freundeskreises zu seiner liebenswerten 70er-Jahre-Sauna.

Eine Prise augenzwinkernder Humor gehört sicher dazu. So findet man statt der üblichen Verhaltensregeln an der Saunakabine hier nur die Bitte, vor dem Besuch keinen Knoblauch zu essen. Auch sonst ist alles ein bisschen anders. Den Aufguss etwa macht jeder nach Lust und Laune selbst. Auf der Waage muss man die Anzeige noch mit Schiebe-Gewichten austarieren. Die Saunameister an diesem von der Zeit vergessenen Ort arbeiten ehrenamtlich. Folglich liegt der Eintrittspreis auch deutlich unter dem, was man von modernen Saunalandschaften gewohnt ist.

Die Preise sind es sicher nicht, die die alteingesessenen Sauna-Nutzer an ihrem Wohlfühlort mit ordentlich Patina festhalten lassen. Denn es gibt auch eine kleine Hürde: Man muss Mitglied des Frankenwaldvereins sein, um eingelassen zu werden. Seit dem Jahr 2010 ist das so, als das Hallenbad für immer schloss, aber die Saunagänger ihren Treffpunkt nicht aufgeben wollten.

"Ich war damals in der Stadtratssitzung, als die Sauna auf der Tagesordnung stand", erinnert sich Horst Mayer aus Issigau. Der gebürtige Hofer geht seit bald 40 Jahren in die Selbitzer Sauna - seit ihn ein Kollege der Kripo Hof einst mitnahm. "Anfangs waren es jeden Mittwoch über 30 Leute hier", erzählt er. "Inzwischen kommen wir auf acht bis zehn."

Aber immerhin, die Sauna existiert noch. Dank der Ortsgruppe Selbitz des Frankenwaldvereins, die als Träger einsprang, aber vor allem auch Dank Alfred Benkert und seinem Sohn Thomas. Nicht nur, dass sie die Sauna seit der Hallenbadschließung ehrenamtlich weiterbetreiben und die Gäste betreuen. "Ohne die beiden wäre wohl alles längst verrottet", meint Horst Mayer.

Die Motivation für dieses Engagement speist sich aus uralter Verbundenheit mit dem Selbitzer Hallenbad. Alfred Benkert war vom ersten bis zum letzten Tag als staatlicher Schwimmmeister und Betriebsleiter für das Bad verantwortlich. "Ich erinnere mich noch an jeden einzelnen Tag", sagt er und liefert gleich mal eine Geschichte vom Eröffnungstag als Beispiel: "Ein kleines Mädchen wollte unbedingt der erste Badegast sein und wartete drei Stunden vor der Tür auf die Eröffnung. Die Verantwortlichen wollten aber eine erwachsene Frau als Besucherin Nummer eins, die sie dann mit einem Blumenstrauß empfangen konnten. Dem Mädchen gab ich zum Trost zehn Freikarten." 1971 war das. In Selbitz hatte man damals das wohl modernste Bad der Region.

Am 1. August 2010, dem letzten Tag, kam Schwimmmeister Benkert mit schwarzem Zylinder und in Trauerkleidung in das nach 39 Betriebsjahren veraltete Bad. Der Zettel, der Badegästen zur Schließung freien Eintritt gewährte, hängt heute noch am stillgelegten Drehkreuz, Unterschrift: Erster Bürgermeister Klaus Adelt.

Für die Benkerts ging es dank der Sauna dann doch irgendwie weiter. Dass nun in ein paar Monaten der Abriss und damit das endgültige Aus droht, macht den 75-jährigen Senior noch mal kämpferisch:
"Der Fichtelgebirgsverein sucht doch einen Ort für seine Kletterwand.
Ich fände das Schwimmbecken dafür ideal." Den Kontakt zu den Klet-
terern hat Alfred Benkert bereits
gesucht, Ausgang noch ungewiss.
Und ebenso schieben die Stammgäste das drohende Ende noch vor sich her. An Alternativen will man nicht mal denken. "Das ist die schönste und gemütlichste Sauna weit und breit", sagt Horst Mayer. Zweifellos die regelmäßigen Saunagänge, aber vor allem wohl auch die Gemeinschaft und Geborgenheit unter alten Stammtisch-Kameraden haben den fidelen Ruheständler fit gehalten, denn: "Wir sind seit Jahrzehnten eine feste Gruppe und wie ein großer Freundeskreis." Kein Schwitzen auf Teufel komm raus also, sondern die regelmäßige kleine Flucht aus dem Alltag an einen Lieblingsplatz ist es, was in dieser Sauna zählt.

Machen können, was man will, auch darum geht es. "In einer Therme lassen sie uns wohl kaum unser Fässla mitbringen", scherzen die Sauna-Senioren. Ein bisschen Trotz klingt mit, wenn Horst Mayer sagt: "Deshalb gehen wir hierher bis zum letzten Tag." Und dann reichlich Wehmut: "Danach wird es die Gruppe wie jetzt wohl nie mehr geben."

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