So kam es, dass ein findiger Hilfsgeistlicher den Nationalsozialisten ein Schnippchen schlug - indem er einfach einen Männerchor gründete und so das Versammlungsverbot umging. Ein musikalisch bewanderter Kollege übernahm den Posten am Dirigentenpult. Daher trägt das momentan 28-köpfige Ensemble den Namen "Katholischer Männerchor Marktredwitz", doch sein Repertoire erschöpft sich seit jeher nicht in den Gesängen der katholischen Liturgie. "Wir gestalten zwar auch Gottesdienste", berichtet Berthold Strahl, "doch Unterhaltungsmusik gehört bei uns ebenso dazu."
Das Publikum liebt den Chor für seine schmissigen Schlager-Interpretationen. Bei Klassikern wie "Aber dich gibt's nur einmal für mich" oder "Gitarren klingen leise durch die Nacht" werden nicht nur die Zuhörer wieder jung, sondern auch die Sänger - der jüngste ist 50 Jahre alt, der älteste bereits Mitte 80. Letzterer gehört dem Chor bereits seit 60 Jahren an. Deshalb wünscht sich der Chorleiter für die Zukunft vor allem: Nachwuchs.
Gelingt es nicht, neue Mitglieder zu gewinnen, müsste ein Ensemble sich auflösen, dessen Historie sogar auf die Marktredwitzer Stadtgeschichte abgefärbt hat: Seit 29 Jahren sind die Sänger aus dem Fichtelgebirge mit ihren Kollegen von der Liedertafel im niederländischen Swalmen befreundet, die sie später mit ihrem Pistolen-Gag erschrecken sollten. Der Kontakt zwischen den Chören kam durch ein gemeinsames Konzert zustande. Seitdem reist jedes Jahr eine Delegation aus Holland zum Marktredwitzer Altstadtfest. Zwei Mal reiste der Katholische Männerchor zum Gegenbesuch ins Nachbarland. "Bei uns hat die Reiselust aufgrund des zunehmenden Alters der Sänger leider etwas nachgelassen", erklärt Berthold Strahl. Längst jedoch ist aus der Freundschaft zweier Männerchöre auch eine Freundschaft zweier Orte geworden: Zwischen Marktredwitz und Swalmen, einem Ortsteil der Stadt Roermond in der Provinz Limburg, besteht heute eine Städtepartnerschaft.
"Singen fördert die Gemeinschaft", findet Chorleiter Strahl. Auch innerhalb des Chors funktioniere der Zusammenhalt bestens. "Obwohl viele Sänger schon lange dabei sind, kommen sie regelmäßig zur wöchentlichen Probe", berichtet der 59-Jährige. "Wenn ein Projekt ansteht, wollen meine Leute abliefern. Dafür nehmen sie auch in Kauf, mehr zu proben. Dadurch sind sie trotz des hohen Durchschnittsalters zu sehr guten Leistungen fähig."