Hof Radiowellen vom Labyrinth

Von Thomas Schuberth-Roth

Der Bayerische Rundfunk plant, seine Digitalsender zukünftig vom Labyrinth aus auszustrahlen. Der Standort an der Hohensaas in Hof soll dann wegfallen.

 
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Hof - Die Tage der DAB-Anlage des Bayerischen Rundfunks (BR) auf dem Sendemast an der Hohensaas in Hof sind offenbar gezählt. Nach Informationen der Frankenpost plant der BR, am Labyrinth auf dem Theresienstein einen neuen Senderstandort zu nutzen. Die Inbetriebnahme ist dem BR zufolge bereits für Ende dieses Jahres geplant. BR-Pressesprecherin Sylvie Stephan sagte auf Nachfrage: "Ziel ist es, im Bereich Hof das Gesamtangebot, inklusive Bayern 2 Nord, aus wirtschaftlichen Gründen möglichst nur über einen Senderstandort zu verbreiten."

Bayern 2 Nord wird seit Jahresbeginn 2015 von einem Sendemast an der Hohensaas ausgestrahlt. Mit Inbetriebnahme dieser DAB-Anlage hagelte es Proteste aus der Nachbarschaft. Gut vier Monate ging das so. Einzelne Anwohner klagten über gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen, Hörstürze oder Schlaflosigkeit. Sie werden ob dieser Nachricht nun aufatmen.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen für die Nachbarn hatte der BR in damaligen Mitteilungen jedoch immer ausgeschlossen: unter Berufung auf ein Gutachten des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU). Das bestätigte den Radiomachern, dass die Ausstrahlung des DAB-Senders weit unter den zulässigen, von der Bundesnetzagentur festgelegten Parametern liege und der BR lediglich zehn Prozent des Grenzwertes nutze.

Als sich Mitte 2015 die Bundeswehr erstmals öffentlich zu Wort meldete, nahm die Diskussion um den Sendemast wieder Fahrt auf. "Die völlig neue DAB-Anlage auf dem Mast hat das Spektrum verändert", sagte damals der Standortälteste der Hochfranken-Kaserne, Oberst Norbert Reineke, auf Nachfrage der Frankenpost. Plötzlich ging es nicht mehr um subjektive Befindlichkeiten Einzelner, sondern um objektiv nachprüfbare technische Probleme. Die Darstellung der hochempfindlichen Messgeräte der Bundeswehr wurde teilweise verfälscht. Ein Umstand, der manche Arbeit der Soldaten nicht nur enorm erschwerte, sondern in Teilen sogar unmöglich machte.

Für Oberst Reineke ein wichtiges Indiz dabei: Die Duplizität der Ereignisse - Inbetriebnahme der DAB-Anlage sowie plötzlich auftretende Störungen an den hochempfindlichen Analysegeräten im Turm. Der rot-weiß gestrichene, 62 Meter hohe BR-Mast steht bereits seit Jahrzehnten nur knapp 400 Meter entfernt vom Bundeswehr-Turm, und bisher hatte es noch nie Probleme gegeben. Allerdings funkte in jenen Zeiten auch nur ein kleiner Mittelwellensender seine Signale.

In der Oberfranken-Kaserne findet sich die Zentrale Untersuchungsstelle der Bundeswehr für Technische Aufklärung. Sie untersteht dem "Kommando Strategische Aufklärung" mit Sitz im rheinland-pfälzischen Gelsdorf. Die Soldaten in Hof, allesamt Spezialisten auf ihrem Gebiet, haben ein breit gefächertes Aufgabenspektrum; es betrifft das gesamte Spektrum der Fernmelde-, elektronischen und hochmodernen optronischen Aufklärung sowie den elektronischen Kampf. Was hier entwickelt wird, unterliegt vielfach der Geheimhaltungspflicht. So werden bislang nicht entschlüsselte elektromagnetische Signale technisch-wissenschaftlich analysiert sowie Geräte und Software entwickelt, mit denen sich Funkverbindungen oder auch Radargeräte und Raketen beeinflussen.

Anstatt also selbst Störquellen zu entwickeln, sahen sich die Hofer Soldaten durch den BR nun einem "Störenfried" ausgesetzt. Dabei hatte es ein Genehmigungsverfahren gegeben, ehe die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt den Mast in Betrieb nehmen konnte. Und in dieses Verfahren war auch die Bundeswehr eingebunden. Offenbar wurde jedoch dem Hinweis auf die hochempfindlichen Gerätschaften in Hof zu wenig Beachtung geschenkt.

Oberst Reineke jedenfalls klopfte abermals bei der Bundesnetzagentur an, die die Standortbescheinigung erteilt und auch die Koordinierung der Frequenzen vorgenommen hatte. Der Oberst drang auf eine Vergleichsmessung. Über deren Ergebnis ließen auf Frankenpost-Nachfrage weder er noch der BR etwas verlauten. Fakt aber ist, dass sich Vertreter des Rundfunks und der Bundeswehr danach zusammensetzten, um sich konstruktiv auszutauschen. BR-Pressesprecherin Sylvie Stephan: "Bereits Anfang des Jahres verständigten sich beide Seiten auf Maßnahmen, die sowohl den Versorgungsauftrag des BR als auch die Arbeit der Bundeswehr vor Ort sicherstellen." Beeinflussungen bei besonders empfindlichen Messgeräten hätten dabei minimiert, manche schon vorab verhindert werden können, sagt Stephan.

Die Bundeswehr will sich zu den Gesprächen offiziell nicht äußern. Noch nicht. Auf Frankenpost-Nachfrage weist Oberst Reineke darauf hin, dass "sich die seinerzeit beteiligten Bundesbehörden und Entscheidungsträger noch abstimmen müssen". Er bitte um etwas Geduld.

Anders die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, die offensiv ihr Vorhaben kommuniziert: Der BR baue Digitalradio in ganz Bayern weiter aus, Oberfranken sei dabei zeitlich mit an erster Stelle, betont Pressesprecherin Stephan. Und: "Um weitere Programme ausstrahlen zu können und um die Versorgung im Großraum Hof und im nordöstlichen Oberfranken zu verbessern, hat der BR entschieden, mittelfristig einen anderen Senderstandort zu nutzen." Als Alternative habe sich der Mast der Deutschen Funkturm GmbH, der direkt neben dem Labyrinth auf dem Theresienstein steht, als "technisch beste und ökonomisch sinnvollste Lösung" erwiesen. Die Inbetriebnahme sei bereits für Ende des Jahres geplant, bestätigt der BR. Seit Kurzem verrät das auch ein Blick auf die Internetseite www.digitalradio-in-deutschland.de. Danach kann dort eine Zehn-Kilowatt-Anlage installiert werden. Die Sender Bayern 1 Mainfranken sowie Bayern 1 Mittel- und Oberfranken sollen dann über die Frequenz des geplanten Senders am Labyrinth zu empfangen sein - und auch Bayern 2 Nord, der jetzt noch über den Sendemast an der Hohensaas ausgestrahlt wird.

Für eine kurze Zeit müssten die Digitalsender jedoch sowohl vom Funkmast an der Hohensaas als auch von jenem am Labyrinth ausgestrahlt werden, teilt der BR mit. Nach Inbetriebnahme des Senders am Labyrinth sei es jedoch das Ziel, "im Bereich Hof das Gesamtangebot möglichst nur über einen Senderstandort zu verbreiten". Sylvie Stephan: "Für die Hofer ergibt sich durch den Sender am Labyrinth jedenfalls ein Mehrwert, da künftig der landesweite Block, Kanal 11 D, und der regionale Block, Kanal 10 B, von dort sowie vom Sender Ochsenkopf ausgestrahlt werden." Für die Hörer des Bayerischen Rundfunks in Hof werden sich ganz neue Welten auftun: Die fränkischen Regionalprogramme könnten derzeit hier noch gar nicht empfangen werden.

Ziel ist es, im Bereich Hof das Gesamtangebot möglichst nur über einen Senderstandort zu verbreiten.

Sylvie Stephan,

Pressesprecherin des BR

Hintergrund

Januar 2015: Der Bayerische Rundfunk nimmt das Digitalradio Bayern 2 Nord am Sendemast an der Hohensaas in Hof in Betrieb.

Schon bald klagten direkte Anlieger des Sendemastes über Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Bei der Bundeswehr und Wetterwarte kollidierten sensible Geräte mit der modernen Technik des Senders.

Mitte 2015: Die Bundesnetzagentur macht auf Bitten der Bundeswehr eine Vergleichsmessung.

Herbst 2015: Bundeswehr und BR suchen im konstruktiven Austausch nach Lösungen.

Sommer 2016: Der BR wird offenbar auf der Suche nach einem Ausweichstandort fündig. Bis Ende des Jahres will er neben Bayern 2 Nord auch die Sender Bayern 1 Mainfranken sowie Bayern 1 Mittel- und Oberfranken von einem Sendemast der Deutschen Funkturm GmbH neben dem Labyrinth in Hof ausstrahlen. Er mietet sich dort ein.

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