Hof Ringen um Europa

Der zunehmende Nationalismus beunruhigt die Europa-Freunde. Dies zeigt sich auch bei den 46. Paneuropa-Tagen in der Euregoio Egrensis.

 
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Hof - Die Paneuropa-Union ist eine 1922 gegründete Bürgerbewegung für die politische Einheit Europas. In der Hofer Freiheitshalle sind am Freitag die 46. Paneuropa-Tage eröffnet worden - der Jahreskongress der Vereinigung. Die internationale Tagung verteilte sich mit Kundgebungen und Gottesdiensten auf vier Orte in der Euregio Egrensis: Hof, Waldsassen, Cheb (Eger) und Františkovy Lázne (Franzensbad). Es gab zwei Symposien zu den Themen "Europa bilden - Kultur als Startbahn der Zukunft" und "Euregio - Schicksalsgemeinschaft jenseits des Nationalstaats". Ein katholischer Gottesdienst fand in der Stiftsbasilika Waldsassen, ein evangelischer in der Michaeliskirche in Hof statt, ein Begegnungsabend in Franzensbad.

Der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt, nannte vor den etwa 150 Teilnehmern aus ganz Europa den Nationalismus, in Anlehnung an ein Zitat von Otto von Habsburg, "eine schwere politische Geisteskrankheit". Die EU sei nicht einfach ein Nebeneinander von Ländern, sondern eine starke Rechtsgemeinschaft, die auf einer gemeinsamen Kultur gründet. "Jetzt ist es höchste Zeit, eine Art Vereinigter Staaten von Europa als starke Solidargemeinschaft mit integrierter Außen- und Sicherheitspolitik und Mehrheitsentscheidungen in allen Institutionen zu errichten."

Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, forderte Konsequenzen aus den Krisen der letzten Jahre, auch der Corona-Krise: "Wir haben in den Abgrund von Nationalismus geblickt!" Plötzlich seien in Mitgliedstaaten Kräfte zurück gewesen, "die meinten, allein schaffen wir das am besten, machen wir schnell die Grenzen zu". Für die Menschen sei spürbar geworden, dass die in Jahrzehnten mühsam erarbeitete europäische Einheit "viel fragiler ist, als manche glauben." Die Antwort müsse Solidarität heißen; deshalb sei das 750-Milliarden-Finanzpaket unverzichtbar.

Kroatiens Außenminister Gordan Grlic Radman erinnerte daran, dass sich die Paneuropa-Union Deutschland seit Jahrzehnten nicht nur für ein starkes und demokratisches Europa, sondern auch für die EU-Mitgliedschaft seines Landes eingesetzt habe. Der Ratsvorsitz Kroatiens im ersten Halbjahr sei im Schatten der Pandemie gestanden: "So mussten wir über 650 000 EU-Bürger von anderen Kontinenten unter schwierigsten Umständen wieder in die Heimat zurückführen." Ein wichtiger politischer Erfolg für die dauerhafte Sicherung Europas sei der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, den die kroatische Präsidentschaft erreicht habe. "Die Tore für ein reformiertes Südosteuropa sind weit offen, weil dies im Interesse aller Europäer liegt." Die oberfränkische CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier wies auf die außenpolitischen Schwachstellen der EU hin. Sie müsse, um etwas zu bewirken, machtpolitisch auf Augenhöhe mit anderen umgehen und verhandeln können - auch mit Amerika. Wer auf Dauer in Europa Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit sichern wolle, müsse vor allem in Forschung und Technologie investieren und innovative Betriebe wie Airbus stärken. Mit Blick auf oligarchische Entwicklungen in etlichen EU-Mitgliedstaaten bezeichnete sie die Rechtstaatlichkeit als grundlegendes Kriterium für alle politischen und finanziellen Aktivitäten der europäischen Institutionen, die sich nicht als "Geldautomaten für Regierungen, die ihre Macht missbrauchen", hergeben dürften. Weitere Redner waren der ehemalige tschechische Kulturminister Daniel Herman, der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Friedrich, Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler, der Präsident der tschechischen Paneuropa-Union, Marian Švejda, der bayerische Paneuropa-Vorsitzende, Dirk Hermann Voß, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im bayerischen Landtag, Volkmar Halbleib. Die Hofer Bürgermeisterin Angela Bier erinnerte an den Eisernen Vorhang in der Region: "Hof lag an einer Nahtstelle; heute hat es eine Brückenfunktion. Wir arbeiten täglich im Sinne des Wertekanons, der das Europa des Friedens auszeichnet." red

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