Hof Sonderzüge erinnern an Meilenstein für die Industrie

Von Werner Rost

Ein Staatsvertrag besiegelt vor 175 Jahren den Bau der ersten deutschen Nord-Süd-Bahn. Während der Hof-Plauener Dampftage feiert man auch 500 Jahre Reinheitsgebot für das Bier.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof/Plauen - Mit der Eisenbahn hat Mitte des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung eingesetzt. Doch der Bahnbau begann im Gebiet des heutigen Deutschlands in einer Epoche der Kleinstaaterei. Somit waren für den Bau von Fernstrecken Staatsverträge nötig.

Bei den Hof-Plauener Dampftagen stand am Wochenende die erste deutsche Nord-Süd-Verbindung von Stettin über Berlin, Leipzig, Plauen, Hof, Kulmbach, Lichtenfels, Bamberg, Nürnberg und Augsburg nach München im Mittelpunkt. Ein Staatsvertrag besiegelte vor 175 Jahren diese Streckenführung.

"Erst nach fast sechs Jahren Verhandlungen unterzeichneten am 24. April 1841 das Königreich Bayern auf der einen Seite und das Königreich Sachsen und das Herzogtum Sachsen-Altenburg auf der anderen Seite diesen internationalen Vertrag", berichtet Bernd Ihle. Der Dresdner Eisenbahn-Historiker hielt während der viertägigen Hof-Plauener Dampftage mehrmals in beiden Städten einen Vortrag über die Geschichte der Bahnstrecke Hof-Leipzig.

"Genau genommen hätten wir an diesem Wochenende auch 175 Jahre Fernbahn von Hof über Nürnberg nach München feiern können", betont Ihle. Er bezieht sich dabei jeweils nicht auf das Datum der Streckeneröffnung, sondern auf diesen historisch so bedeutenden Vertragsabschluss. "Davon haben Bayern und Sachsen gleichermaßen profitiert", betont Ihle.

Der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Frank Heidan hatte bereits Mitte 2015 darauf gedrängt, das 175. Jubiläum nicht in Leipzig, sondern in den Partnerstädten Hof und Plauen zu feiern. "Dampfkraft leitete die erste wirtschaftliche Revolution ein", betont Heidan. Als weitere Meilensteine für die Industrie nennt er den elektrischen Strom, den Computer und das Internet. Zusammen mit dem früheren bayerischen Staatsminister und derzeitigen wirtschaftspolitischen Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Erwin Huber, übernahm Heidan die Schirmherrschaft für die Hof-Plauener Dampftage.

Peter Pfeifer und Christian F. Schulze, zwei Mitglieder des Vereins "Dresdner Industriekultur", übernahmen die Organisation der viertägigen Veranstaltung, die gestern zu Ende gegangen ist. Mit den gut ausgelasteten Dampfsonderzugfahrten von Hof ins vogtländische Reichenbach sowie von Hof nach Regensburg zeigt sich Schulze als Veranstalter zufrieden. Immerhin hatten die Dampftage-Planer neben der Güterzug-Lokomotive 52 8079 die wohl berühmteste Lok Deutschlands in die Region geholt: die Dampflok 18 201, die derzeit schnellste unter Dampf stehende Lok der Welt.

Ihre volle Kraft konnte die 1961 gebaute Reko-Lok auf der 1851 eröffneten Bahnstrecke über die berühmte Göltzschtalbrücke nicht entfalten, denn die engen Kurvenradien lassen nur Geschwindigkeiten unter Tempo 100 zu. Und auch auf der etappenweise in den 1860er- und 1870er-Jahren gebauten Bahnstrecke Hof-Regensburg konnte die Lok auf geraden Abschnitten maximal mit Tempo 120 fahren.

Dass die Dampfkraft nicht nur für die Eisenbahn, sondern auch für viele Industriebetriebe enorm wichtig war, zeigte die Hofer Traditionsbrauerei Scherdel bei Werksführungen. Eine historische Dampfmaschine aus dem Jahr 1936 diente ursprünglich zum Betrieb einer Kältemaschine und bis 1993 zur Stromerzeugung. Als Hauptsponsor der Hof-Plauener Dampftage feierte Scherdel am Wochenende mit den Besuchern zugleich den 500. Jahrestag des Reinheitsgebotes für das Bier.

Genau genommen hätten wir an diesem Wochenende auch 175 Jahre Fernbahn von Hof über Nürnberg nach München feiern können.

Bernd Ihle, Eisenbahnhistoriker

Einzigartige Dampflok

Die Schnellzuglok 18 201 ist ein Unikat. Sie entstand 1961 im Reichsbahn-Ausbesserungswerk Meiningen aus der Lok 61 002, der Hochdrucklok 45 024 und einer Lok der Baureihe 41. Im Jahre 1967 erhielt die 18 201 eine Ölhauptfeuerung. Am 11. Oktober 1972 erreichte die Lok bei einer Testfahrt zwischen Berlin und Delitzsch eine Spitzengeschwindigkeit von 182,5 Stundenkilometer. Die Reichsbahn setzte die Lok mit Tempo 160 bei Testfahrten vor Waggons ein, die für den Export vorgesehen waren, sowie vor planmäßigen Schnellzügen. Die Lok steht heute unter Denkmalschutz und gilt als schnellste betriebsfähige Dampflok der Welt. Sie ist in Privatbesitz und kommt vor Sonderzügen im In- und Ausland zum Einsatz.

Bilder