Hof Umstrittener Hygieneplan für Schulen

, Sarah Schmidt

Viele Schulkinder müssen im Moment wegen eines Corona-Zertifikats doppelt zum Arzt. Die Praxen kommen dadurch an ihre Belastungsgrenzen.

 
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Hof - In diesen Corona-Tagen müssen Eltern zwar keinen Diagnostik-Crashkurs absolvieren, dennoch übernehmen sie mit ihrem Schulkind noch mehr Verantwortung als bisher. Wer ein Kind mit Erkältungssymptomen zu Hause hat, kommt um einen Arztbesuch kaum herum. Auch wenn eine Mutter sagen mag: "Wenn mein Kind eine Erkältung hat, lasse ich es eben zu Hause. Es wird von selbst gesund, da brauche ich keinen Arzt."

Der Gedanke hinter dem bayerischen Rahmenhygieneplan lautet aber anders: Saftey first - Sicherheit kommt zuerst. Das könne man zwar durchaus als kleinlich empfinden, räumt der Hofer Schulamtschef Stefan Stadelmann im Gespräch ein. Doch er fügt hinzu: "Es hilft nichts. Wir müssen Corona aus den Schulen raushalten. Unbedingt." Keiner könne wissen, ob hinter der vermeintlich harmlosen Erkältung nicht doch das Coronavirus steckt.

Damit die Schulen nicht zu Hotspots werden, hat der Freistaat Bayern nun neue Regeln aufgelegt - die vor allen die Eltern und die Ärzte treffen. Michael Wagner, Direktor des Hofer Reinhart-Gymnasiums, betont: "Ja, ohne Attest oder Test-Zertifikat kommt kein Schüler wieder zurück." Er verweist auf den Elternbrief, den inzwischen wohl die meisten Schulen bereits verschickt haben.

Eine Ausnahme gibt es nur für Grundschulen: Wer dort eine Schniefnase hat oder nur gelegentlich leicht hustet, kann sich ins Klassenzimmer setzen - und dort dann wie alle anderen eine Maske tragen.

Ohne Wenn und Aber muss zu Hause bleiben jeder Schüler, der grippeähnliche Symptome hat. Dazu gehören Fieber, Husten, Hals- oder Ohrenschmerzen, starke Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall. In die Schule darf der Schüler erst wieder, wenn er 24 Stunden lang keine gravierenden Symptome mehr zeigt und seit einem Tag kein Fieber mehr hat. Und: Nur mit einem Attest oder mit negativem Coronatest-Zertifikat.

Diese Neuerung belastet nun auch die Kinderarztpraxen enorm. "Die Regelungen sind für uns völlig unpraktisch", sagt Lutz Dietrich, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in Hof. "Im Durchschnitt kommen pro Halbtag 50 bis 60 Patienten zu uns. Dieser Durchsatz ist enorm."

Dass gesunde Kinder nach ihrer Krankheit, wenn Schnupfen oder Husten schon wieder abgeklungen sind, nun erneut in die Praxis kommen müssen, um sich ein negatives Corona-Zertifikat oder eine Gesundschreibung abzuholen, sei unverständlich. "Sie müssen sich erneut in ein Wartezimmer setzen, in dem sich Krankheiten tummeln." Dietrich spricht sich für eine Abschaffung der zusätzlichen Attestpflicht aus.

Für ihn als Arzt sei es außerdem eine große Verantwortung, die mit dem Ausstellen dieser Zertifikate einhergeht, denn die Kinder könnten kurz darauf doch angesteckt und wenige Tage später positiv getestet werden. "Auf dem Schreiben weisen wir deshalb immer darauf hin, dass das Kind frei von sichtbar ansteckenden Krankheiten ist, mehr kann ich nicht verantworten", sagt Lutz Dietrich.

Dass Eltern mit ihrem Kind dadurch wiederholt in die Kinderarztpraxis müssen, weiß auch der Schulamtsdirektor. Aber die Schulen sollen nun mal so lange wie möglich offen bleiben, das ist Ziel des neuen Plans. Stefan Stadelmann weiß um die Bürden, auch wenn er selbst sie für notwendig hält: "Ich komme gerade aus einer Schule. Wenn da alle Erstklässler mit Maske im Zimmer hocken - das ist schon krass."

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