Hof Unverhofft an die Weltspitze

Von Christian von Ahsen
Videospieler Michael Bittner träumt vom WM-Titel. Der Helmbrechter Schüler qualifizierte sich für den "Fifa-16-World-Cup" in New York. Foto: Tony Gutmann

Als unbeschriebenes Blatt hat sich der Helmbrechtser Michael Bittner für die digitale Fußball-WM in New York qualifiziert. Der "Fifa Interactive World-Cup" steigt im März.

 
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Helmbrechts - "Normalerweise qualifiziert sich kein Niemand für so ein Turnier. Ich stehe auf keiner Weltrangliste, weil ich sonst bei keinem Turnier aufgetreten bin", stellt Michael Bittner stolz fest - und freut sich über das Ticket für das Finalturnier in New York im März 2016. Zusammen mit dem aktuellen deutschen Meister und Topspieler Michael Raseck hat sich der angehende Abiturient in einer langen Qualifikationsrunde gegen weltweit Zehntausende Onlinespieler als zweitbester Europäer überraschend durchgesetzt. Der 17-jährige Hobby-Fifa-Spieler war bislang nur in seinem Freundeskreis und in seiner Heimatstadt, in der er zwei Turniere gewonnen hat, als talentierter E-Sportler ein Begriff. Selbst die deutsche Nummer eins musste sich erst ein Bild vom Shootingstar machen: "Er hat mich, nachdem die Qualifikation feststand, auf der Xbox angeschrieben und mich gefragt, wer ich sei, da ihm mein Name nichts sagte."

Im Gegensatz zur deutschen Fifa-Elite, die den neuesten Ableger der Videospielreihe semiprofessionell spielen, ist dieses Game für den 17-Jährigen einfach nur ein unterhaltsamer Zeitvertreib. "Ich bin kein professioneller Spieler. Ich war zwar besser als meine Freunde, aber dass es so gut läuft, hätte ich nicht erwartet." Oftmals bleibt neben den stressigen Vorbereitungen auf die anstehenden Abiturprüfungen und dem Fußballtraining in der A-Jugend der SG Frankenwald, wo er als Stürmer mit sieben Toren in acht Spielen auch überragend trifft, täglich nur maximal eine Stunde zum digitalen Trainieren auf der Spielkonsole.

Sein Erfolgsgeheimnis auf dem realen und virtuellen Platz ist die Liebe zum runden Leder. Seit dem vierten Lebensjahr spielt er nicht nur Fußball, sondern lebt diesen Sport, wie seine Mutter Carola Bittner verrät: "Von klein auf war er fußballbegeistert. Schon als kleiner Junge hat er auf Eurosport die Dritt- und Viertligaspiele angesehen und dann mit Begeisterung vom Spielverlauf erzählt." Im Jahr 2005 begann er mit dem Computerspiel; durch einen Freund kam er erstmals mit der Fifa-Serie in Berührung. Seit dieser Zeit konnte er sich stetig verbessern, seit ein bis zwei Jahren spielt er nahezu täglich online.

Dass er sich für das Turnier qualifiziert hat, war neben seinem Können dem Glück geschuldet. "Ich habe den "Fifa Interactive World- Cup"-Modus eigentlich nur durch Zufall gefunden. Bis vor eineinhalb Monaten wusste ich gar nichts davon. Ich wollte ihn eigentlich nur ausprobieren", gibt der Schüler lächelnd zu. Was folgte, war eine unglaubliche Siegesserie.

Ungeschlagen, mit 87 Siegen und drei Unentschieden, setzte sich der junge Mann mit seinem Lieblingsteam, dem FC Bayern München, in der Qualifikation durch. Mit einem Tordurchschnitt von 4,2 Toren pro Partie hatte der 17-Jährige die erfolgreichste Offensive aller Spieler in der Vorrunde. Der junge Mann gibt aber zu: "Über 90 Spiele geht es nicht ohne Glück. Da kann man noch so eine Klasse haben! Dort entscheidet dann einfach die Tagesform", betont Michael Bittner.

Entsprechend locker und selbstbewusst blickt er auf das große Finale im nächsten Jahr. Vor Tausenden Fans und mit seiner ganzen Familie im Rücken, die mit in die USA reist, will der junge Helmbrechtser Oberfranken würdig in New York vertreten. "Es wäre toll, die Gruppenphase zu überstehen. Was danach geht, weiß ich nicht. Es werden enge Duelle sein. Ich halte alles für möglich! Ich habe mir noch kein Kopf gemacht, ob ich Weltmeister werde oder in jedem Spiel verliere."

In den Spielen gegen 15 weltweite Qualifikanten, meint Bittner, werden in der Endrunde Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden. "Wenn du ein solches Turnier gewinnen willst, kommt es auf die Tagesform an und wie man mit seiner Nervosität umgeht. Ich komme aus dem Nichts und habe auch noch nicht die Erfahrungen mit solchen Turnieren. Andererseits gibt es Spieler, die schon mehrmals in solchen Endrunden teilgenommen haben."

Die größte Sorge macht ihm das große Publikum. Vor Tausenden begeisterten Fans hat er bislang weder als Videospieler noch als Fußballer gespielt. Aber egal, wie das Turnier auch ausgeht, der 17-Jährige sieht sich schon jetzt als großen Gewinner. "Ich freue mich riesig über die Qualifikation. Diese zu schaffen, ist vermutlich schon viel schwieriger als die Duelle in der Endrunde."

Normalerweise qualifiziert sich kein Niemand.

Michael Bittner, E-Sportler

Ich halte alles für möglich.

Michael Bittner

Fifa Interactive World-Cup

Der Fifa Interactive World-Cup ist ein internationales Turnier, bei dem der weltbeste Videospieler in der aktuellsten Reihe der Fifa-Fußball-Serie gesucht wird. Jeweils 16 junge E-Sportler qualifizieren sich in drei rundenbasierten Online-Qualifikationsturnieren auf den Konsolenversionen der Xbox und der Playstation für die Finalrunde.

Allein im vergangenen Jahr haben weltweit über 125.000 virtuelle Spieler um ein Endrunden-Ticket gekämpft.Bei der abschließenden Finalrunde spielen die verbleibenden Finalisten in vier Vierergruppen um den Einzug ins Halbfinale und Finale.

Hunderttausende Fans in der Finalhalle und via Livestream haben in der Vergangenheit die virtuellen Finalspiele verfolgt.

Dominierender Akteur der letzten Jahre ist der Spanier Alfonso Ramos. In den Jahren 2008 und 2012 konnte er das Turnier für sich entscheiden.

Die Sieger durften sich über Preisgelder von 20 000 Euro freuen.

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