In der Außenpolitik forderte Schmidt bei seiner Rede in Kulmbach einen klaren Kurs. Das Verhältnis zur DDR solle besser werden. Das geschehe nicht, indem man sich gegenseitig Bösartigkeiten an den Kopf wirft, sondern durch Leute, die illusionslos aufeinander zugehen.
Innenpolitisch nannte der SPD-Fraktionsvorsitzende die Hausfrauenrente als wichtigste Zukunftsaufgabe. Zudem müsse die Landwirtschaft von überalterten Strukturen befreit werden. Es brauche Ansiedlungen von Industrie und Gewerbe auf dem Land.
Die Einschätzung Schmidts zu den Parteien gilt bis heute: Es existiere keine Partei, mit der der Wähler zu 100 Prozent einverstanden sein kann. Schmidt selbst sei mit seiner Partei nicht immer einverstanden und die SPD mit ihm schon gar nicht. Wenn jemand aus irgendeiner Partei verspricht, es allen recht zu machen, dann stimme etwas nicht in seinem Kopf oder er sei ein politischer Scharlatan. Die deutsche Politik könne Leute nicht gebrauchen, die jedermann nach dem Mund reden. Das war die Überzeugung des Hanseaten Helmut Schmidt.
Die Beobachter des Wahlkampfauftritts stellten fest, dass Schmidt als Redner einmal mehr überzeugt hat. Sie attestierten Temperament und Charisma. Doch die Leidenschaft hatte ihren Preis. Helmut Schmidt war ausgelaugt. Mit der Hand umklammerte er sein Redemanuskript, verließ langsam die Bühne und stand kurz vor der völligen Erschöpfung.
Später überreichten die Vertreter des SPD-Unterbezirks Helmut Schmidt zum Dank ein Fass Bier. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der SPD-Fraktionschef wieder erholt und lächelt mit Sakko und ohne Krawatte zusammen mit den örtlichen Honoratioren in die Kamera.
Der damalige Kulmbacher Bundestagsabgeordnete Karl Herold hatte einen guten Draht zum späteren Bundeskanzler, erinnert sich Robert Hartmann. Schmidt hatte Herold bereits 1967 in seiner oberfränkischen Heimat aufgesucht. Der prominente SPD-Mann galt als Freund Kulmbachs und des Zonenrandgebietes. Einen noch engeren Bezug zur Region hatte Schmidts Ehefrau Loki. Denn sie war 1940 während der Bombardierung Hamburgs im Zweiten Weltkrieg über die Kinderlandverschickung nach Kulmbach und Hutschdorf gelangt.
Er war der große Stolz unserer Generation. Robert Hartmann von der Kulmbacher SPD über Helmut Schmidt
Im Goldenen Buch
Helmut Schmidt hat sich am 6. Juli 1969 im Goldenen Buch der Stadt Kulmbach verewigt. Der Eintrag im Wortlaut:
Die Stadt Kulmbach ehrt in Helmut Schmidt, dem Fraktionsvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Bundestag,
den Staatsmann
von überlegener politischer Gestaltungskraft und schlagfertiger Beredsamkeit,
den Staatsbürger
von echter demokratischer Gesinnung und unerschrockenem Wahrheitsmut,
den Menschen
von aufrichtiger Humanität und unbestechlicher Sachlichkeit.