Frankenwald Auf Entdeckungstour mit der Rangerin

Heike Schülein

Im Naturpark Frankenwald sind drei Experten im Einsatz, um Menschen die Besonderheiten der Region näherzubringen. Die erste geführte Wanderung 2020 startete in Nordhalben.

 
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Frankenwald - Wiesenknöterich, Hahnenfuß und Klappertopf blühen neben Wiesen-Kerbel und Bärwurz, rundblättrige Glockenblumen treffen auf den Wald-Storchenschnabel; Margeriten auf Vergissmeinnicht: Es ist ein munteres Farbenspiel, das sich den Spaziergängern an diesem perfekten Sommertag vor strahlend blauem Himmel in den Nordhalbener Bärwurzwiesen bietet. Neben dem farbenfrohen Augenschmaus gibt es auch Wiesenblumen, die der Gesundheit guttun: Blutwurz, Johanniskraut und Schafgarbe werden in Medikamenten, für Tees oder auch Kosmetikprodukte verwendet. Unter die bunte Naturvielfalt mischen sich sogar zwei kleinere Vorkommen der Arnika; ebenso wie weitere seltene geschützte Pflanzen wie das Holunder- oder das stattliche Knabenkraut.

"Sie haben hier wirklich etwas ganz Besonderes", zeigte sich Anna-Lisa Haber begeistert, als sie am Mittwoch rund ein Dutzend Wanderer durch die Nordhalbener Hochfläche führte, die geprägt ist durch zahllose Magerwiesen und bodensaure Magerrasen. Die gebürtige Pottensteinerin, die in Bamberg Geografie studierte, ist neben dem Forstwirt Jan van der Sant und dem Biologen Oliver Kreß eine der drei neuen Ranger des Naturparks Frankenwald.

Im Rahmen der "Naturoffensive Bayern" werden in ganz Bayern Artenreichtum, Lebensräume und das Naturerlebnis gestärkt und gefördert. "Die Stellen entwuchsen eigentlich der Nationalpark-Diskussion", erläuterte sie. Nachdem man sich an allen drei im Raum gestandenen Standorten gegen eine Ausweisung als dritten Nationalpark in Bayern ausgesprochen habe, habe sich die Staatsregierung für eine Stärkung der vorhandenen Naturparke und eine Aufstockung des Personals entschieden. So konnten erfreulicherweise auch im Naturpark Frankenwald seit 2019 mit den Rangern drei neue Vollzeitstellen geschaffen werden. Diese stellten für heuer ein Tourenprogramm mit Highlights aus den Landkreisen Kronach, Kulmbach und Hof zusammen. "Leider mussten jedoch die ersten Wanderungen aufgrund von Corona ausfallen", bedauerte die Geografin. Umso größer war nunmehr die Freude, endlich die erste Wanderung auf dem Wiesen-Panorama-Weg starten zu können, die erfreulicherweise komplett ausgebucht war.

Belohnt wurden die Teilnehmer mit einem grandiosen Wetter und einer einzigartigen Pflanzenvielfalt auf der Rodungsinsel der Nordhalbener Hochfläche, die ein typisches Landschaftsbild des Frankenwaldes darstellt. Durch die fränkische Erbteilung sind hier kleine Grundstücke entstanden. Verstärkt durch die ehemalige Grenzlage und einer über 20 Jahre dauernden Schafbeweidung hat sich eine Bärwurzwiesen-Landschaft mit überregionaler Bedeutung entwickelt: Zum Schutz dieses seltenen Lebensraums wurde das BayernNetzNatur-Projekt "Nordhalbener Rodungsinsel" gefördert. Weiterhin erhalten die Bauern für die Landschaftspflege Fördergelder des Landwirtschafts- und Umweltministeriums. Beheimatet sind hier neben geschützten Pflanzen wie Bärwurz und der Perücken-Flockenblume, Borstgras und Blutwurz auch seltene Tierarten. Immer wieder zu hören waren etwa an diesem Mittwoch zwitschernde Feldlerchen, die wie der Baumpieper auch in Wiesen oder in Säumen brüten. Der Warzenbeißer, eine Heuschreckenart, die auf der Roten Liste steht, benötigt ebenfalls diese kurzrasigen Magerwiesen mit höherer Luftfeuchtigkeit. Auch der Lilagoldfalter ist gefährdet. Seine Raupen brauchen Schafgarbe, Hahnenfuß oder Wiesenknöterich als Futterpflanze. Wichtig ist daher - so die Rangerin - neben dem späten Mähen der Wiesen und dem Düngeverzicht, auch der Erhalt von Brachflächen und Wiesenrainen, um vor allem den Tieren ein Rückzugsgebiet zu lassen.

Startpunkt der 4,6 Kilometer langen Wanderung war der Parkplatz am Nordhalbener Naturerlebnisbad. Dort zweigt der Weg nach rechts aufwärts ab. Vor dem Kreisverkehr quert man die Straße und folgt einem Feld- und Wiesenweg bis zum Rüblesgrund. Hier zweigt der Weg an einer Infotafel nach rechts ab und folgt zunächst dem befestigten Weg, bis er an den beiden Liegebänken rechts in den Wald hineinführt. Im Wald biegt man nach etwa 300 Metern rechts ab, bis man über einen Wiesenweg die Staatsstraße erreicht und diese überquert.

Vorbei an Titschendorf führt der Weg nach links zum Waldrand. Hier treffen die Wanderer auf den Dreiwappen-Weg, dem sie circa 500 Meter folgen. Schließlich geht es entlang von Pferdekoppeln zum Ausgangspunkt am Erlebnisbad zurück.

An mehreren Stationen erzählte Anna-Lisa Haber viel Wissenswertes zu den verschiedenen Themengebieten - so zum Lebensraum Wiese, dem Fichtenwald, die terrassenartige Landschaft sowie über die im Jahre 2001 erfolgte Aufnahme des 61 Hektar großen Gebiets "Lerchenhügel und Rüblesgrund" mit seinem Biotyp Borstgrasrasen zum Fauna-Flora-Habitat-Gesamtgebiet "Täler und Rodungsinseln im Frankenwald mit Geroldsgrüner Forst".

Die terrassenartige Landschaft ist ein Ergebnis der ständigen Nutzung der Flur durch die Landwirte. Früher legten die Bauern Wiesen in den feuchten Tälern und an den weiter vom Hof entfernten Hangflächen an. Die arbeitsintensiveren Äcker hingegen wurden in Hofnähe bestellt. Da die Bearbeitungsmaschinen früher empfindlich gegen Bodenunebenheiten waren und an Hanglagen der Boden bei Regen abgeschwemmt wurde, hat man den Hang stufenweise ausgeglichen. So entstanden die Acker-Terrassen.

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