Kulmbach Campus geht ohne Räume an den Start

Hinter den Masken gibt es besorgte Mienen: Die Stadträte von CSU und WGK informieren sich auf der Baustelle im Jugendzentrum über den Stand der Dinge in Sachen Uni. Foto: Melitta Burger

Für den Studienbeginn im November steht noch nicht einmal ein Hörsaal zur Verfügung. Die Uni muss improvisieren und schlägt wegen des schleppenden Baufortschritts Alarm.

 
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Kulmbach - Ernste Gesichter machten Mitglieder der Stadtratsfraktionen der CSU und der WGK, als sie am Mittwochabend zusammen mit Gründungsdekan Professor Stephan Clemens die Räumlichkeiten über dem Busbahnhof in der alten Spinnerei besichtigten. Sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass die Räume, die der Kulmbacher Campus so dringend benötigt, wohl bestenfalls Ende des zweiten Quartals 2021 fertig ausgebaut sein werden. Bis dahin sei Improvisationstalent gefragt, machte Clemens deutlich. Das dürfe aber auch nicht überstrapaziert werden: "Wir dürfen nie an den Punkt kommen, wo wir die Nachteile nicht mehr kompensieren können."

Seminarräume, Hörsäle, eine Bibliothek und eine Mensa sollen in den Räumen der alten Spinnerei über dem Busbahnhof entstehen. Im Einkaufszentrum "Fritz" gegenüber sind Labore geplant. All das ist nur für eine Übergangszeit vorgesehen, bis der Campus steht, der auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs neu gebaut werden soll. Doch Ersteres wird frühestens im kommenden Sommer zur Verfügung stehen. Die Bauarbeiten haben sich erheblich verzögert. Mit dem Bau der Labore wurde noch gar nicht begonnen; der Mietvertrag ist noch nicht unterzeichnet.

Bernd Ohnemüller, Leiter des städtischen Hochbauamts und ein Vertreter des Architekturbüros zeigten den Stadträten, was geplant ist. Sie erklärten aber auch, warum über dem ZOB noch über Monate hinweg kein einziger Raum genutzt werden kann. Handwerker haben Hochkonjunktur, die Betriebe sind ausgebucht. Das mache es insgesamt schon schwer, ein Bauprojekt zügig umzusetzen. Dann sei aber auch noch Corona dazwischengekommen. Subunternehmer aus dem Ausland konnten wegen der Pandemie nicht einreisen. Das habe Verzögerungen verursacht, die sich gleich mehrfach fatal auswirkten. Insgesamt herrschten Personalprobleme in den Betrieben. Handwerker für die Nachfolgegewerke konnten ihre Arbeit nicht planmäßig beginnen und sind jetzt auf anderen Baustellen. Das Fazit: Die Übergangsquartiere für die Uni in Kulmbachs künftigem Kunst- und Kulturzentrum können nicht bezogen werden. "Bis März 2020 lief die Baustelle sehr gut", betonte Bernd Ohnemüller. Dann sei Corona dazwischengekommen. Man habe gedacht, im Sommer wieder in einen normalen Takt zu kommen. "Das ist es aber nicht. Die Termine sind nicht zu halten. Das ist im Moment wirklich schwierig."

Die Aussage des Architekten, man peile für die Fertigstellung nun Ende Juli 2021 an, erschreckte den Gründungsdekan. Der hätte sich, wenn schon nicht jetzt, die Räume wenigstens für April gewünscht, wenn das zweite Semester startet. Bei allem Verständnis für die Verzögerungen auf dem Bau: "Das bringt uns in Schwierigkeiten." Die Uni verhandle gerade mit dem Kulmbacher BRK, um im neuen Rotkreuz-Zentrum einen Raum für Seminare anzumieten. Auch sonst werde alles getan, um Notlösungen zu finden. Das könne aber nicht unbegrenzt so weitergehen.

Im nächsten Herbst soll der erste Bachelor-Studiengang starten. Da werden, wie Clemens betonte, andere Voraussetzungen gebraucht als jetzt für die Masterstudiengänge. Die habe man wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten schon kleiner geplant als zunächst gedacht. Doch eine Lösung müsse her. "Wenn es uns nicht gelingt, Räume zu finden, müssen wir unsere Studierenden informieren." Die Uni gebe ihr Bestes, einen Ausgleich durch gute Lehre und Betreuung zu schaffen. "Wir hoffen, dass das die Mängel der Infrastruktur ausgleicht."

Es sei geplant, bis 2023 1000 Studierende an diesem Campus zu haben. Dafür sei ein geregelter Betrieb nötig. Noch sei er optimistisch, sagte Clemens. Er richtete aber eindringliche Worte an die Stadträte: "Wir müssen überall am Ball bleiben. Wir können uns an keiner Stelle leisten, Zeit zu verlieren." Sollten auch im kommenden Jahr keine ausreichenden Räume zur Verfügung stehen, müsse man an eine Verschiebung denken "Aber das würde der Wahrnehmung des Projekts schaden."

Dritter Bürgermeister Ralf Hartnack bedauerte, dass sich auch die Bauarbeiten an der alten Spinnerei ebenso verzögern, wie das gerade bei vielen anderen Projekten der Fall ist. Beim Campus sei der Freistaat der Bauherr. Deswegen seien nun nochmals die Landtagsabgeordneten angesprochen worden, sich noch mehr einzusetzen. Hartnack räumte ein: "Alle haben gedacht, das würde schneller gehen."

WGK-Stadtrat Alexander Meile fand Zustimmung, als er das Engagement des ehemaligen Oberbürgermeister Henry Schramm für das Campus-Projekt lobte. "Jetzt haben wir niemanden mehr, der das antreibt." Das laufe in München nicht anders als überall: "Da wo der größte Druck herrscht, fassen die Leute zuerst hin." Dieser Druck komme nun nicht mehr aus Kulmbach. Michael Pfitzner (CSU) schloss sich an, schränkte aber ein: Bei Kauf des Grundstücks könne die Stadt nur Antreiber sein. Dennoch gelte es nun, den Druck auf die Entscheider so hoch aufzubauen, damit im nächsten Sommer auch der erste Bachelor-Studiengang planmäßig starten kann.

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