Kulmbach Das kleine Ich aus dem Drucker

Von Stefan Linß
18 Zentimeter hoch ist das Selbstbildnis von Johann Schefel. Der Hobby-Radfahrer hat für seinen 3D-Druck in Radlerkluft posiert. Jetzt bietet der Kulmbacher die Mini-Figuren für jedermann an. Foto: Stefan Linß Quelle: Unbekannt

Johann Schefel setzt bei seiner Geschäftsidee auf neueste Technik. Der Kulmbacher fertigt Mini-Ebenbilder seiner Kunden. Die 3D-Figuren sehen realistisch und detailgetreu aus.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kulmbach - Das Selfie wird dreidimensional. Es liegt im Trend, Selbstporträts in allen möglichen und unmöglichen Lebenslagen zu schießen. Aber warum nur fotografieren, wenn sich das eigene Ich auch ganz plastisch abbilden lässt? Ein Kulmbacher setzt diese Idee jetzt um.

Johann Schefel braucht für seine Arbeit nur den Tablet-PC. Er steckt einen mobilen Scanner auf und macht damit ein Rundum-Foto seines Kunden. "Ein Scan dauert höchstens zwei Minuten", sagt der 31-Jährige im Gespräch mit der Frankenpost . Das akkubetriebene Gerät ist mobil einsetzbar. "Deshalb kann ich die Kunden auch zu Hause besuchen", erklärt Schefel.

Zuerst lässt er am Computer das dreidimensionale Bild von dem eingescannten Objekt entstehen. Dabei schießt er mit dem Gerät 36 Fotos pro Sekunde. Es hat ein bisschen gedauert, bis der Kulmbacher sein System zur Marktreife gebracht hat. "Die Idee hatte ich schon vor längerer Zeit", erzählt Schefel. "Es war mühsam, alles aufeinander abzustimmen." Dank der richtigen Hard- und Software läuft der Scan jetzt reibungslos.

Die Daten schickt Schefel an den 3D-Drucker eines Geschäftspartners. "Die Technik ist schon faszinierend", sagt der 31-Jährige. Wie aus dem Nichts formt der Drucker das Abbild des eingescannten Menschen aus Polymer-Gips, in Farbe und mit allen Nuancen.

Die 3D-Selfies gibt es in Größen zwischen zehn und dreißig Zentimetern. Auch kleinste Figürchen, zwischen zwei und acht Zentimetern hoch, lassen sich herstellen. "Sie sind ideal für den Modellbau", sagt Schefel. Wer will, kann auch eine Büste anfertigen lassen.

Im wahren Leben arbeitet Schefel als Fachkraft für Lebensmitteltechnik und hat dabei mit neuartigen Druckverfahren gar nichts zu tun. Die Herstellung der 3D-Figuren betreibt er nebenher. Zuerst war es nur ein Hobby. Seit wenigen Tagen ist seine Internetseite unter der Adresse www.etaja3D.de online. Die ersten Kunden haben schon ihr Mini-Abbild bestellt.

Freunde und Familie hielten die Geschäftsidee zunächst für eine Spinnerei, gibt Schefel zu. Seine ersten Scan-Versuche hat der Kulmbacher an einer Schaufensterpuppe gemacht. "Das richtige Licht zu finden, war dabei das größte Problem", erinnert er sich. Es darf nicht düster sein, aber viel Helligkeit ist auch schlecht. Wenn auf Gesichtspartien ein Schatten fällt, dann kann der 3D-Drucker die feinen Konturen nicht gut herausarbeiten.

Wer Modell steht, sollte möglichst bunte Kleidung tragen, empfiehlt Schefel. Fast jedes Detail von Hemd und Hose sei später an dem Ebenbild aus Gips zu erkennen. "Nur bei Karos und bei Glitzer tut sich der Drucker noch schwer."

Nach der langen Testphase hat Schefel den Scanner zum ersten Mal am lebenden Objekt ausprobiert. Sein Cousin musste als Versuchsperson herhalten. "Es war ein Glücksgefühl, als es endlich geklappt hat", sagt der Kulmbacher. Der Mini-Cousin habe perfekt der Mimik und Gestik des Originals entsprochen. Die beiden waren zum Verwechseln ähnlich - bis auf die Größe, natürlich.

Aber wer ist die Zielgruppe für die Geschäftsidee? Warum sollte sich jemand ein kleines Ebenbild anfertigen lassen? Schefel sieht eine ganze Reihe von Anlässen und Gründen für die 3D-Figuren. Der Abc-Schütze mit Schultüte, der Jubilar im Sportverein in typischer Pose oder das Geburtstagskind.

Perfekt sind die Modelle auch als Hochzeits-Idee. Wäre doch originell, wenn sich Braut und Bräutigam samt Festkleidung im Miniaturformat auf der Spitze der Torte wiederfinden. Zudem bleibt das Abbild im Kleinen eine schöne Erinnerung an den großen Tag.

Rein technisch ließen sich auch Babys und Haustiere als 3D-Figuren abbilden. "Die Frage ist dabei nur, ob sie beim Scan lange genug stillhalten", gibt der Kulmbacher zu bedenken.

Der 31-Jährige will die Technik weiterentwickeln und sein Angebot ausweiten. Dabei wird schnell klar, dass flache Fotos in 2D ziemlich von gestern sind. Statt verstaubter Alben sollen Schefels Kunden künftig ganz individuelle Erinnerungsstücke vorzeigen können.

Die Technik ist schon faszinierend.

Johann Schefel

3D-Drucker

Die Industrie setzt 3D-Drucker in immer größerem Stil ein. Die Geräte fertigen mittlerweile medizinische Implantate, Militär-Drohnen, Geschirr, Brillengestelle und sogar Lebensmittel. Schicht für Schicht baut der Drucker dabei das Objekt auf. Das Material wird durch Härten oder Schmelzen in die gewünschte Form gebracht.

Die Möglichkeiten der 3D-Drucker sind enorm. Auf der weltgrößten Backmesse iba, die am vergangenen Donnerstag in München zu Ende gegangen ist, hat das Unternehmen Print2Taste aus Freising seinen ersten Lebensmitteldrucker vorgestellt, die Frankenpost berichtete. Die Drucker sollen ähnlich wie der Spritzbeutel eines Konditors funktionieren - nur viel feiner, heißt es aus dem Unternehmen.

Gedrucktes Essen soll in Zukunft normal sein. Senioren, die Schwierigkeiten mit dem Kauen und Schlucken haben, könnten dank 3D-Druck ihr püriertes Essen in einer optisch ansprechenden Form serviert und mit Vitaminen angereichert erhalten.

Bilder