Kulmbach Deutschunterricht ist das A und O

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Für Flüchtlingskinder gilt Schulpflicht wie für alle anderen auch. Das Schulamt unternimmt große Anstrengungen, um den nötigen Sprachunterricht für die Kinder zu sichern.

 
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Kulmbach - Um die vor allem durch die Flüchtlingskinder auf aktuell 367 angewachsene Schülerschar mit Migrationshintergrund und erfassbaren Sprachdefiziten sinnvoll unterrichten zu können, braucht der Landkreis Kulmbach dringend mehr Lehrer, sagt Schulamtsleiter Jürgen Vonbrunn. Die 125 Flüchtlingskinder, die derzeit im Landkreis Kulmbach Schulen besuchen, starten praktisch ohne jede deutsche Sprachkenntnis. Schulamt und Schulen unternehmen bereits viele Anstrengungen, um diesen Kindern eine vernünftige Bildungsgrundlage für ihr späteres Leben zu vermitteln. Für den Schulamtsleiter ist aber klar: "Noch mehr Deutschstunden wären besser." Das umzusetzen ist aber nicht so einfach.

Lehrer werden gebraucht an den Grund- und Mittelschulen im Landkreis Kulmbach. "Ich bin in engem Kontakt mit der Regierung", informiert Jürgen Vonbrunn. "Im Moment sind wir auf der Rasierklinge ausgerichtet. Das heißt, es reicht gerade, aber mehr wäre dringend notwendig." Fünf Lehrerinnen sind schwanger und fallen noch in diesem Schuljahr für einige Zeit aus. "Ich brauche dringend Ersatz", kündigt Vonbrunn an. Das Ziel zu erreichen wird aber nicht einfach, denn im Volksschulbereich gibt es im Freistaat so gut wie keine Lehrer mehr, die eine Anstellung suchen. "Da ist jetzt alles geräumt, was Füße zum Laufen hatte." Sogar die Anforderungen an Prüfungsnoten seien deutlich gesenkt worden. Die Einstellungsanforderungen für die Grundschule seien von 1,8 auf 3,2 gesenkt worden. Alle Lehrer seien übernommen worden. "Es ist niemand mehr da, der im Volksschulbereich einschreiten könnte."

Auswege gibt es: Lehrkräfte des Gymnasiums oder der Realschule gibt es, sogar mit allerbesten Abschlüssen, noch auf dem Arbeitsmarkt. Unter ihnen könnte man gute Lehrer finden. Es gebe bereits Überlegungen, solche Lehrer in den Volksschuldienst zu übernehmen und ihnen das nötige Rüstzeug für diese Schulform in einer zweijährigen Zusatzausbildung zu vermitteln.

Es gibt Schwerpunkte, an denen besonders viele Kinder aus Flüchtlingsfamilien zur Schule gehen. Da ist zum einen Neuenmarkt-Wirsberg, natürlich die Stadt Kulmbach und dann ist da auch Mainleus. An allen drei Standorten gibt es durch größere Gemeinschaftsunterkünfte eine höhere Zahl von Kindern. Darauf hat das Schulamt reagiert und vier Stützpunktschulen ausgewählt. Dort wird ganz besonders gefördert. In Neuenmarkt-Wirsberg läuft nach Auskunft des Schulrats sowohl eine Deutsch-Förderklasse als auch eine Förderschiene. In der Förderklasse geht es um integrativen Unterricht mit allen anderen, zu dem aber noch zusätzlich zwölf Stunden Deutsch-Unterricht pro Woche hinzukommen. Förderschiene bedeutet ganz Ähnliches: Auch da werden die Schüler für zwölf Wochenstunden aus dem regulären Unterricht herausgelöst, um ihnen die deutsche Sprache zu vermitteln.

Schon dieser Deutschunterricht ist nicht ganz einfach zu erteilen: "Wir unterrichten so gut es geht mit Lehrern, die eine Ausbildung 'Deutsch als Zweitsprache' haben", erläutert Jürgen Vonbrunn. Die Krux: Davon gibt es im ganzen Landkreis nur drei. Das soll aber nicht so bleiben. Drei weitere Lehrer gehen deshalb jetzt in diese Ausbildung. "Lehrer mit dieser Qualifikation brauchen wir jetzt viele. Früher war das pro Landkreis nur einer. Jetzt zeigt sich auch, dass man dieses Studium etwas mehr hätte unterstützen sollen."

Mit den Flüchtlingskindern haben die Schulen bislang sehr gute Erfahrungen gemacht, freut sich Jürgen Vonbrunn: "Es hat sich gezeigt, dass die Kinder zum Teil an der falschen Schule sind. Wenn sie richtig Deutsch könnten, wären sie in der Regel an einer Realschule oder einem Gymnasium gelandet." Was den Schulrat ebenfalls sehr zufrieden stimmt: "Diese Kinder und Jugendlichen haben auch klare Vorstellungen von der Zukunft und konkrete Berufswünsche. Die Lehrkräfte bestätigen mir, dass das Potenzial da ist." Die Herausforderungen, die Flüchtlingskinder möglichst gut zu unterrichten, werden in Zukunft nicht kleiner werden, ist sich Jürgen Vonbrunn sicher. Das betrifft nicht nur die steigenden Zahlen. "Über kurz oder lang kann ich mir vorstellen, dass solcher Förderunterricht an allen Schulen gebraucht wird. Dort, wo Wohnraum leer steht, zum Beispiel im Oberland, werden wohl in absehbarer Zeit auch Flüchtlinge einziehen und dann brauchen wir auch da ein Angebot und Hilfe." Vonbrunns Hoffnung ist es nun, dass der Freistaat bald Geld in die Hand nimmt. "Wir müssen die Asylbewerber und Flüchtlinge nicht nur unterbringen, sondern auch die entsprechende Bildung für die Kinder anbieten. Das heißt klar: Ich brauche mehr Lehrer."

Viele Kinder könnten in die Realschule oder das Gymnasium gehen, wenn sie Deutsch könnten.

Schulrat Jürgen Vonbrunn

Deutsch-Förderklassen und Förderschienen

Umfangreiche Anstrengungen unternimmt das Schulamt in Kulmbach, um den Flüchtlingskindern, die hier leben, eine möglichst gute Schulbildung zukommen zu lassen. Viele dieser Kinder sind, wie Schulrat Jürgen Vonbrunn überzeugt ist, für weiterführende Schulen geeignet. Allerdings mangelt es an Sprachkenntnissen. Die deutsche Sprache zu vermitteln ist daher das oberste Ziel, wenn es um Schulfragen für die Kinder der Kriegsflüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan und anderen Ländern geht.

An der Pestalozzischule in Kulmbach ist eine ausgedehnte Förderschiene installiert worden. Mit einer Deutsch-Förderklasse, einer Übergangsklasse und einer Förderschiene ist die Max-Hundt-Schule besonders gut aufgestellt. Das selbe breite Spektrum bietet auch die Grund- und Mittelschule Neuenmarkt-Wirsberg und in Mainleus wird eine Deutsch-Förderklasse und eine Förderschiene angeboten.

Sprachförderung gibt es in Kooperation mit den Kitas auch schon in Vorkursen für Kindergartenkinder.

114 Wochenstunden für Deutsch-Vorkurse

Die Schulen im Landkreis Kulmbach haben sich, so gut es personell geht, gerüstet für den Unterricht für die Flüchtlingskinder. Allein 114 Wochenstunden werden im Landkreis Kulmbach für Deutsch-Vorkurse, Deutsch-Förderunterricht, muttersprachlichen Ergänzungsunterricht, islamischen Religionsunterricht und Sprachförderunterricht zusätzlich zu den lehrplanbezogenen Unterrichten erteilt. "Das ist eine deutliche Ausweitung des bisherigen Angebots", betont Schulamtsleiter Jürgen Vonbrunn.

Die Zeiten, in denen die Kinder von Asylsuchenden nicht der Schulpflicht unterlagen, sind übrigens vorbei. Auch für diese Kinder gilt jetzt die Schulpflicht. Und in den allermeisten Fällen kommen Kinder wie Eltern dieser Pflicht gerne nach. Die Mühe auf beiden Seiten wird belohnt. An der Max-Hundt-Schule sollen bereits im kommenden Jahr die ersten Flüchtlingskinder am Quali teilnehmen und so einen ordentlichen Schulabschluss erwerben können, mit dem ihnen alle Wege zur weiteren Qualifikation offenstehen.

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