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Kulmbach Die Gedanken sind in Paris

Ganz im Zeichen der Terroranschläge von Paris stand am gestrigen Sonntag die Gedenkfeier zum Volkstrauertag am Kulmbacher Kriegerdenkmal mit (von links) Oberbürgermeister Henry Schramm und Landrat Klaus Peter Söllner. Foto: Gabriele Fölsche Quelle: Unbekannt

Die Menschen im Kulmbacher Land reagieren bestürzt auf die Terroranschläge. Bei der Gedenkfeier zum Volkstrauertag zeigt sich der Oberbürgermeister tief erschüttert.

 
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Kulmbach - Trauer und Schrecken über die Terroranschläge von Paris waren am Wochenende im Kulmbacher Land allgegenwärtig - auch wenn zumindest rein äußerlich das Leben seinen gewohnten Gang ging. Doch ob in den Familien, am Samstagabend in den Gaststätten oder am Rande von Veranstaltungen: Das Grauen von Paris spiegelte sich in den Gesichtern der Menschen wider und war Gesprächsthema Nummer eins. An den Rathäusern in Stadt und Land hängen die Fahnen mit Trauerflor auf Halbmast. Und beim Sturm der Kulmbacher Narren aufs Rathaus verzichtete man am Samstagmittag auf Musik und Tanz.

Dass am Sonntagmorgen die Gottesdienste ohnehin dem Volkstrauertag gewidmet waren, erscheint wie eine Ironie des Schicksals. Und die Redner bei den Gedenkfeiern warfen diesmal alle vorgefertigten Manuskripte über Bord und richteten den Fokus auf die Opfer der Anschläge und ihre Angehörigen. Bei der Gedenkfeier am Sonntagmittag am Kriegerdenkmal in Kulmbach stellte Oberbürgermeister Henry Schramm klar: "Wir trauern heute auch um die Terroropfer in Paris."

Schramm erinnerte in seiner Ansprache an den Ersten Weltkrieg, in dem 17 Millionen Menschen starben. "Ein noch größeres, mörderisches Leid dann nur 25 Jahre später. Der Zweite Weltkrieg. Er forderte über 55 Millionen Tote und hinterlässt ein Europa in Trümmern, Not und Leid." So sei das 20. Jahrhundert gebrandmarkt als das schrecklichste Kriegsjahrhundert, das die Menschheit je erlebt hat. Schramm fragte: "Warum ist die Welt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht friedlicher geworden? Warum gibt es immer noch Kriege?" Dies seien quälende Fragen, die auch die junge Generation bewegen. "Was sagen wir unseren Kindern, wenn sie fragen, warum Menschen in Kriegen sterben müssen?"

Der Oberbürgermeister fragte sich, was in den Kindern vorgehen muss, wenn sie täglich in den Nachrichten sehen, wie Bomben auf Städte abgeworfen werden, wie verzweifelt Menschen vor den Trümmern ihrer Häuser sitzen, aber auch, wie fanatisierte Kinder und Jugendliche zum Umgang mit Waffen angeleitet werden. Wenn sie sehen, dass Gleichaltrigen eingetrichtert wird, dass nicht das Leben das wertvollste Gut sei, sondern, dass es das Höchste sei, einen Märtyrertod zu sterben. "Was sagen wir unseren Kindern, wenn sie die Nachrichten aus Paris hören - 129 Tote, 332 Verletzte, davon 99 Schwerverletzte? Ein barbarischer Terrorakt und Angriff gegen die Menschlichkeit, ganz in unserer Nähe, wo unschuldige Menschen kaltblütig niedergestreckt und erschossen wurden."

Henry Schramm zeigte sich über das Geschehen erschüttert: "Öffentliche Plätze, Cafes, Restaurants mitten in der Stadt, werden zu Schlachtfeldern - Konzerthallen zu Todesfallen." Er erinnerte daran, dass vor dem Fußballstadion, in dem sich 60 000 Menschen befanden, Attentäter sich selbst in die Luft sprengten, weil sie mit ihren Waffen und Sprenggürteln entdeckt wurden. "Was wäre geschehen, wenn ihnen auch noch der Eintritt geglückt wäre? Der französische Premierminister spricht ganz offen von Krieg. Einer neuen Form von Kriegen." Der Oberbürgermeister sagte: "Sind wir wirklich nicht friedensfähig? Liegt der Krieg unausrottbar in der Natur des Menschen? Hat Kofi Annan Recht, wenn er sagt: Es wird immer Menschen geben, die hassen und töten, selbst wenn alle Ungerechtigkeiten beseitigt sind?"

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben nach Worten Schramms bis heute weltweit über 200 Kriege stattgefunden. "Die meisten Menschenrechtsverletzungen fanden weit entfernt von uns statt. Aber Krieg und Gewalt sind uns in den letzten Jahrzehnten immer näher gerückt. Und das von Terroristen des IS-Staates verübte Massaker in Frankreich zeigt das ganz deutlich." Henry Schramm sagt mit Blick in die arabische Welt, dass dort die Terrormiliz IS ihr grausames Unwesen treibe, das mit den Anschlägen von Paris auch in der westlichen Welt einen weiteren Höhepunkt gefunden habe. Schramm weiter: "Die vergangenen Tage zeigen, wir brauchen eine wehrhafte Demokratie, um Verbrechen fernzuhalten und die Menschen sowie Frieden und Freiheit zu schützen. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute zusammengekommen sind, um uns zu erinnern." red

Sind wir wirklich nicht friedensfähig? Liegt der Krieg unausrottbar in der Natur des Menschen? Hat Kofi Annan Recht, wenn er sagt: Es wird immer Menschen geben, die hassen und töten, selbst wenn alle Ungerechtigkeiten beseitigt sind?

Oberbürgermeister Henry Schramm

Deutliche Worte beim "Böckschießen"

Wie geplant ist am Samstagabend in der Trebgaster Brauerei Haberstumpf das kabarettistische "Böckschießen" über die Bühne gegangen. Ein großes Thema waren die Terroranschläge in der Nacht zuvor in der französischen Hauptstadt zwar nicht, dafür fand Kabarettist Klaus Wührl in seinem Beitrag umso deutlichere Worte. Als er sich mit der Flüchtlingsproblematik befasste, stellte er fest: "Und wenn dann jetzt in Paris ein paar hirnamputierte Arschlöcher, die nichts mit Religion und Menschlichkeit zu tun haben, meinen, sie müssten friedliche Leute umbringen in irgend eines blöden Gottes Namen, dann sind daran nicht die Flüchtlinge schuld, sondern die Angst- und Scharfmacher."

Gedenken bei CSU-Sitzung

Auch eine Sitzung des CSU-Bezirksvorstandes am Samstagvormittag in Thurnau war geprägt vom Schrecken über den Terror. So hatte man die Sitzung mit einer Gedenkminute für diejenigen Menschen eröffnet, die in Paris ihr Leben lassen mussten. CSU-Bezirksvorsitzender Hans-Peter Friedrich sagte anschließend bei einem Pressegespräch: "Man muss wissen, dass es auch ein Angriff gegen unser Land und gegen unsere Kultur ist. Wir sind alle tief betroffen. Was gestern in Paris passiert ist, kann morgen auch in jeder Stadt in Deutschland passieren. Insofern ist die Sache brisant und man muss jetzt auch über die Konsequenzen reden. Das kann politisch nicht ohne Auswirkungen bleiben."

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