Kulmbach Die Zerstörung Kulmbachs als Mahnung

Holger Peilnsteiner
Am Donnerstag wird es keine öffentliche Gedenkveranstaltung zur Zerstörung Kulmbachs im Jahr 1553 geben. Der zeitgenössische colorierte Holzschnitt des Künstlers Hans Glaser aus Nürnberg zeigt die brennende Stadt am 26. November 1553 und die noch unzerstörte Plassenburg über der Stadt mit den schwarzweißen Hohenzollernfahnen. Der originale Holzschnitt wurde als Postkarte vom Verein Freunde der Plassenburg herausgegeben. Fotos: privat/peil Quelle: Unbekannt

Vor 467 Jahren erlitt die Stadt Kulmbach die wohl schwärzeste Stunde ihrer Geschichte. Das Gedenken daran findet heuer nur auf digitale Weise statt.

 
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Kulmbach - Alljährlich gedenkt der Verein Freunde der Plassenburg seit 1928 der Zerstörung Kulmbachs und dem Tod vieler Einwohner und Soldaten während des Zweiten Markgrafenkriegs. Seit 15 Jahren wird das Gedenken wieder öffentlich im Rahmen von abendlichen Stadt- und Museumsführungen, Vorträgen sowie einem gemeinsamen Gedenken und Gebet in der Altstadt mit oft mehr als einhundert Gästen feierlich begangen. In diesem Jahr muss aufgrund der aktuell herrschenden Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie das gemeinsame Gedenken im öffentlichen Raum für kommenden Donnerstag abgesagt werden. Die Freunde der Plassenburg wollen dennoch vom 26. November an auf ihren digitalen Auftritten an das einschneidende und bis heute nachwirkende Ereignis erinnern.

Namensgebend für den Konraditag war die seit dem Mittelalter vorherrschende Sitte, Tage nach Heiligen zu benennen. Der 26. November war dem 975 verstorbenen heiligen Bischof Konrad von Konstanz gewidmet. Grund für den Angriff auf Kulmbach waren die Kriegszüge des Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach, der ab 1552 nacheinander die Bischöfe von Bamberg und Würzburg, die Reichsstadt Nürnberg und weitere Nachbarn militärisch bedroht, von ihnen immense Geldzahlungen erpresst oder sie gar erobert hatte. Auch mit anderen Reichsfürsten sowie dem Böhmischen König lag er im Streit. Der Krieg lief ab Juli 1553 und der Niederlage bei Sievershausen schlecht für den Markgrafen.

Am Konraditag 1553, dem 26. November, war die seit einigen Tagen vor Kulmbach liegende Belagerungsarmee der Verbündeten nach langem Beschuss der Stadtmauern und dem Schlagen einer Bresche zum Angriff übergegangen. Truppen der Reichsstände Bamberg, Nürnberg, Böhmen, Sachsen, Würzburg, Braunschweig-Wolfenbüttel, Mainz, Trier, Worms und Speyer stürmten in die weidwund geschossene Stadt. Deren Bewohner und verteidigende Soldaten flüchteten. Nur Kämpfer wurden in der Plassenburg aufgenommen, die Zivilisten mussten in die Wälder und das "benachbarte Ausland" wie z.B. nach Coburg flüchten.

"Manche glauben, es trifft uns heute eine einzigartige und tief einschneidende Katastrophe, doch schon vor Jahrhunderten mussten die Menschen in Kulmbach, Franken und Deutschland leiden. Krankheiten, Kriege und Naturkatastrophen trafen sie oft weit härter als uns heute", mahnt der Vereinsvorsitzende Peter Weith. Damals im 16. Jahrhundert konnte der einzelne kaum etwas vorbeugend gegen diese Katastrophen tun. Heute sei man da doch einen guten Schritt weiter. Man wolle als Freunde der Plassenburg die derzeit geltenden Abstands- und Hygieneregeln und Vorgaben aus dem aktuellen Lockdown light einhalten und daher keine Versammlung im öffentlichen Raum mit traditionellem abschließenden Glühwein- und Punschtrinken abhalten. Es werde noch genügend Gelegenheiten für Feiern und Gedenkveranstaltungen geben, wenn die derzeitige Pandemiesituation von unserer Gesellschaft gemeistert sei. Mit dem gebührenden Abstand könne sich heute jeder in Büchern sowie den Print- wie Onlinemedien über den schlimmsten Tag der Stadtgeschichte informieren und selbst oder in kleinstem Kreis der Toten gedenken.

Weith fordert die Kulmbacher Bürger auf, sich an das Ereignis zu erinnern und Lehren und vor allem auch Zuversicht daraus zu ziehen: "Von einem Krieg innerhalb Deutschlands, wie er damals herrschte, sind wir weit entfernt, mit unseren Nachbarn in Europa leben wir in Frieden." Dies sei ein großes Geschenk, das im Laufe der Jahrhunderte hart erarbeitet wurde und unbedingt bewahrt werden müsse. "Kriege kennen viele Deutsche nur noch aus den Nachrichten. Die Betroffenen der Kriege, beispielsweise in Syrien, Mali und Afghanistan erleben heute aber genau das, was uns Kulmbachern 1553 widerfuhr", mahnte Weith. Für die Freunde der Plassenburg ist das Gedenken an den Konraditag eine stete Mahnung Frieden zu halten.

In vielen Staaten führe fehlerhafte Politik einzelner, wie die des Markgrafen Albrecht Alcibiades dazu, dass deren Territorien und Bevölkerung Tod, Zerstörung und Instabilität erleiden müssten.

Neid und Intrigen von Politikern oder Militärs wie damals des Meißener Burggrafen Heinrich IV. von Plauen auf Seiten der Gegner, der eine Reihe von Ländereien und Titeln des Markgrafen für sich haben wollte, vertiefen Konflikte. Heinrich IV. hatte nicht viel von seinen Erfolgen, er starb noch während der Belagerung der Plassenburg 1554 in Stadtsteinach. Weder er noch Albrecht Alcibiades oder gar Kaiser Karl V., der seine Gunst wechselnd dem Markgrafen oder dessen Gegnern schenkte, oder Kurfürst Moritz von Sachsen zogen einen Vorteil aus dem Zweiten Markgrafenkrieg. Der Kaiser resignierte 1555 und zog sich in ein Kloster nach Spanien zurück, Moritz starb nach einer Feldschlacht gegen Markgraf Albrecht. Vom Leid und den Beschwernissen der einzelnen Soldaten und Untertanen liest man nur wenig aus zeitgenössischen Quellen.

Die Freunde der Plassenburg sind zuversichtlich, dass die Kulmbacher Verständnis dafür haben, dass in diesem Jahr kein gemeinsames Gedenken vor Ort stattfinden wird. Für das kommende Jahr am Freitag, den 26. November 2021, plant der Verein allerdings eine dann hoffentlich mögliche feierliche Gedenkveranstaltung in der Altstadt mit Geschichte und Geschichten, heißen Getränken, Knabbereien und Backwerk, zu der schon jetzt herzliche Einladung ergeht.

Weitere Informationen gibt es ab Donnerstag unter

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